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Über die Situation in Talusa und Assira

24. Dezember 2004

von Hanan No-Shi

Die Situation in Taluza hat sich deutlich entspannt in den letzten Tagen, wenn man den jetzigen Zustand einmal mit dem vor einer Woche vergleicht. Da war das Dorf unter Ausgangssperre, keine Schule, kein Essen, keine Ärzte, keine Medizin, ständig Soldaten draussen und in den Häusern. Die Menschen in diesem Dorf sind das wirklich nicht gewohnt. Ich habe noch nirgendwo in Palästina erlebt, dass Armeejeeps durch die Strassen fahren und die Kinder und Jugendlichen des Ortes nur am Strassenrand stehen und gucken. Da werden keine Steine geworfen, da gibt es keinen bewaffneten, organisierten Widerstand. Die Menschen fürchten die Soldaten noch, sind sie nicht gewohnt, haben noch nicht dieses wunderbare Selbstbewusstsein ihnen gegenüber. Eine innere und äussere Idylle, die die Israelis hier zerstört haben, die Kinder alle reichlich traumatisiert, die Frauen mit den Nerven am Ende.

Doch langsam erholt man sich ein wenig, aber die Armee ist noch reichlich präsent. Das Passieren der checkpoints ums Dorf herum ist noch schwierig, manche Soldaten sind einfach widerlich. Und sie sind wirklich überall…Tatsächlich haben wir sie eines sehr frühen Morgens, an dem mal wieder ein israelischer Aktivist – supernett, brilliant hilfreich – eskortiert werden musste, in einem Verschlag abseits des Weges unter den Olivenbäumen hocken sehen. Rein zufällig fiel der Blick auf sie, man erschrickt dann schon ganz schön und denkt über all die interessanten ISM-Soldaten-Besatzungs-Gespräche nach, die man in den letzten Tagen beim Marschieren von Assira nach Taluza so geführt hat…

Die Schule läuft nun seit 5 Tagen, Lehrer und Schüler kommen mehr oder weniger pünktlich durch die checkpoints, Essen wird wie normal geliefert, natürlich auch verzögert, aber immerhin, Kranke können das Dorf verlassen, Ärzte kommen hinein. Hoffentlich verbessert sich die Lage weiter, die Menschen brauchen unbedingt wieder ein wenig inneren Frieden.

Von vorgestern abend bis gestern abend hat es dann Assira erwischt, dieser Ort wunderschön gelegen mit ca. 12.000 Einwohnern: Es fuhr eine Armeeeskorte mit hoher Geschwindigkeit durch den Ort, auf das 2. Fahrzeug flog ein Molotowcocktail, es fing Feuer, das erste, ein kleiner Panzer machte eine Panikvollbremsung, das 2. fuhr voll auf ihn drauf…Die Folge dieses „Unfalls“ waren dann die allerheftigsten Schiesserein seit Monaten, angeblich 3 Verletzte und eine 24-stündige Ausgangssperre.

Durch brilliantes Verhandeln von Simon, welcher sich die Nacht und den Morgen allein in Assira aufgehalten hatte, ich war ja in Nablus, gelang es am frühen Nachmittag gestern Ahmed und mir an den Soldaten vorbei in den Ort zu gelangen. Dort sah es aus wie auf einem Schlachtfeld, Steine, Strassenbarrieren und Geschosse überall. Die nächsten Stunden verteilten wir Brot in den kleinen Läden des Ortes, lieferten Medikamente aus, begleiteten Leute zu Ärzten u. ä. Die Jeeps nahmen uns wahr und kommunizierten brüllend mit uns, liessen uns aber gewähren. Abends gab es dann fieses Tränengas, wir hatten das letzte Brot ausgeliefert und mussten an einer Gruppe Jungs vorbei, als die Soldaten ein wirklich ekelhaftes Zeug in deren und unsere Richtung schossen.

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