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Es ist an der Zeit, mit dieser „K“PÖ zu brechen!

3. Januar 2005

Offener Brief von Otto Bruckner an KommunistInnen in- und außerhalb der KPÖ

Es ist an der Zeit, mit dieser „K“PÖ zu brechen!
Für einen kommunistischen Neubeginn!

Genossinnen und Genossen!

Ich bin im November 1980 der KPÖ beigetreten, gehörte in den Jahren 1985-1991 dem Zentralkomitee und 1991-1993 dem Bundesvorstand der Partei an. 1991-1993 war ich im Rahmen einer kollektiven Parteiführung Bundessprecher der Partei. Es ist kein leichtfertiger Entschluss, eine politische Gemeinschaft zu verlassen, der man fast ein Vierteljahrhundert angehört hat. Dennoch bin ich nach reiflicher Überlegung zum Schluss gekommen, dass ich aus der KPÖ austrete.

Es ist nicht dieser oder jener Fehler, der mich stört, es ist die Entwicklung der Partei als solche, die mir als Kommunisten eine weitere Mitgliedschaft unmöglich macht. Mit dem „Delegiertenparteitag“ genannten Putsch von Linz wurde eine Entwicklung abgeschlossen, vor der ich schon anlässlich meines Rücktritts als Bundessprecher der KPÖ im Jahr 1993 gewarnt habe: Ein Klüngel um Walter Baier hat sich der Partei bemächtigt und führt diese, als wäre die KPÖ Privatbesitz einiger Weniger. Dieser „Parteitag“ hat ein Höchstmaß an Zentralisierung und autoritärem Führungsstil verankert und die innerparteiliche Demokratie völlig demoliert.

Hauptzweck aller Handlungen dieses Klüngels ist der Erhalt der eigenen Macht. Nicht die Stärkung marxistischer Positionen im öffentlichen Diskurs unseres Landes, nicht der Ausbau und die Festigung kämpferischer Positionen in Kommunen, Betrieben, außerparlamentarischen Aktionseinheiten und Bündnissen und in den Gewerkschaften steht im Mittelpunkt, sondern immer neue, mit hysterischem Eifer vertretene „Erneuerungsaufgaben“ und Scheinbündnisse für Wahlen, die unterm Strich stets neue politische und finanzielle Pleiten als Ergebnis haben.
Mit Entsetzen habe ich in den letzten Jahren registriert, wie sich politische Beliebigkeit als das wesentliche Merkmal der KPÖ etabliert hat. In dieser Partei hat sich ein kaltschnäuziges und oberlehrerhaftes Verhältnis zur ArbeiterInnenklasse durchgesetzt, das moralische Imperative über die Klasseninteressen setzt.
„Political correctness“, moralinsaurer „Feminismus“ ohne Klassenbezug, „partizipative“ Demokratie und mit religiösem Eifer vorgetragener „Antistalinismus“, der die Stereotype der antikommunistischen Totalitarismustheoretiker übernimmt sind die Keulen einer zu Clowns des kapitalistischen Systems verkommenen Truppe von halbintellektuellen Apparatschiks, die die Partei tyrannisieren und ruinieren. Diese Nebelwand an „Werten“ wird aufgezogen, um der KP ihre wichtigste Funktion zu nehmen: Die Klassensolidarität und die sozialistische Volksherrschaft zu propagieren.
Es ist heute möglich, in der KPÖ für und gegen den imperialistischen Krieg im Irak zu sein, es ist möglich für und gegen die israelische Okkupation und Repression in Palästina einzutreten, für und gegen die Formierung der Supermacht Europa.

Einzig und allein eines bildet einen Ausschlussgrund aus dem innerparteilichen Verfassungsbogen: Kommunist zu sein. Dutzende kämpferische und marxistisch gebildete GenossInnen werden zur Zeit mit dem Ausschluss bedroht, durch die zentral gesteuerte Neuausgabe der Mitgliedsbücher sollen auf administrativem Weg weitere kritische GenossInnen aus der Partei gedrängt werden.

Es ist im Sinne der Herrschenden, dass sich in Europa – auf dem Hintergrund der Abnützungserscheinungen des politischen Systems und im besonderen der klassischen reformistischem Kräfte – eine neue reformistische Kraft herausbildet. Nicht zufällig geht der Druck zur Formierung der EU-konformen „Europäischen Linkspartei“ von Parteien wie PDS und PRC aus, die in Regierungsverantwortungen eingebunden sind oder sich auf diese Aufgabe vorbereiten. Nicht zufällig warnen die kämpferischen kommunistischen Parteien Europas wie etwa die griechische und die portugiesische KP vor diesem Projekt und lehnen eine Mitarbeit ab.
Die politische Bedeutung der KPÖ in den Klassenkämpfen ist auf ein erschreckendes Niveau gesunken. Im selben Masse, in dem der Bedeutungs- und Einflussverlust in der Innenpolitik voranschreitet, versucht der Baier-Klüngel außenpolitisch an Gewicht zu gewinnen, und tritt als Einpeitscher für Bisky und Bertinotti besonders in unseren Nachbarländern auf.

Die letzten beiden Jahre waren geprägt von einem Ringen um die künftige Orientierung der KPÖ. Dass Walter Baier und sein Klüngel auf einem Mitgliederparteitag keine Mehrheit mehr bekommen hätten, kann als gesichert angenommen werden. Es war auch die Angst vor einem breiten demokratischen Entscheid über die Zukunft der Partei, die den Klüngel dazu getrieben hat, einen zusammenmanipulierten „Delegiertenparteitag“ abzuhalten.
Dennoch: Die Würfel sind gefallen. Es ist nicht gelungen, den Willen der Mehrheit der Mitglieder durchzusetzen. Der Klüngel hat sich die absolute Verfügungsgewalt über die Partei – nicht zuletzt durch die völlig unkontrollierbare Finanzgebarung – gesichert. Der heutige Bundesvorstand besteht nur mehr aus einer Ansammlung willfähriger Baier-Leute, ergänzt durch ein paar „kritische“ Köpfe, die antikommunistische Positionen vertreten und Baier noch rechts überholen.

Eine der besonderen Tragödien dieser Partei ist es, dass die erfolgreichste Landesgruppe, die KPÖ-Steiermark, in ihren Beschlüssen zwar klar Stellung gegen Baier und seine Politik bezogen hat, praktisch aber ein Verhalten an den Tag legte, als handle es sich beim innerparteilichen Richtungskampf um einen Vorgang in einer fernen Bruderpartei. Wie sich nun die steirischen GenossInnen, in deren Wirkungsbereich der Name KPÖ ja eine ganz andere Verankerung und Bedeutung hat, als etwa in Wien, weiter verhalten werden, ist nicht absehbar.

Was aber deutlich erkennbar ist, ist die totale Verluderung der Bundespartei. Allein die Tatsache, dass bei über 70 Anwesenden in Linz – Ebelsberg nur eine Gegenstimme gegen Grabers zusammengelogenen Finanzbericht zu zählen war, ist an sich schon ein Austrittsgrund. Die unhinterfragte Hinnahme haarsträubender Zahlenmystik, die kritiklose Zustimmung zum Verkauf des EKH an einen Mann aus dem rechten Umfeld, die Absegnung des Verkaufs des traditionsreichen Globus-Gebäudekomplexes und das Schweigen zu den vielen Ungereimtheiten zeigt, dass in diesem Kreis von „Delegierten“ jede Fähigkeit zur kritischen Reflexion fehlt. Rund um den Baier-Klüngel versammeln sich die Gebrochenen und Willfährigen, die zu jeder Wendung und jeder „Neuerung“ bereit sind.

Es ist an der Zeit, mit dieser „K“PÖ zu brechen. Die aufrechten und ehrlichen KommunistInnen in dieser Partei werden diesen Schritt verstehen. Zu manchen von ihnen besteht der einzige Meinungsunterschied darin, ob man in der Partei bleiben und weiterkämpfen, oder außerhalb der Partei etwas neues aufbauen soll. Ich habe mich für den zweiten Weg entschieden. Mit etlichen anderen GenossInnen werde ich in der nächsten Zeit am Neuaufbau einer kommunistischem Organisation in Österreich arbeiten. Alle KommunistInnen in- und außerhalb der „K“PÖ sind zur Mitarbeit eingeladen. Aus meiner Sicht wäre jeder weitere Tag in der „K“PÖ vergeudete Zeit.

Ich gehe mit Verachtung für jene, welche die „K“PÖ bewusst zerstören und ihr das letzte Kommunistische austreiben. Überall, wo ich kann, werde ich mich für die Isolation dieser skrupel- und prinzipienlosen Bande einsetzen. Der Baier-Klüngel gehört in der marxistischen Linken unter politische Quarantäne gestellt, die politische Bedeutungslosigkeit ist ihm so und so sicher.

Ich gehe aber auch in tiefer Verbundenheit zu den vielen aufrichtigen, ehrlichen, interessanten und klugen Persönlichkeiten, die ich in dieser Partei kennen und schätzen gelernt habe. Mit ihnen hoffe ich, noch viele gemeinsame Stunden in Aktionen, Diskussionen und in geselliger Runde zu verbringen. Der von uns angestrebte kommunistische Neubeginn ist als eine Sammlung der marxistisch-leninistischen Kräfte gedacht, um wieder politik- und aktionsfähig zu werden, und sich nicht in end- und letztlich sinnlosen Konflikten mit dem revisionistischen Führungsklüngel der KPÖ aufzureiben. Wir wollen uns nicht anmaßen, damit schon die neue Partei schaffen zu können. Das erfordert langwierige und zähe Arbeit, aber dafür wollen wir unseren Beitrag leisten. Ich versuche, all jene GenossInnen zu verstehen, die unser Vorhaben eines kommunistischen Neubeginns teilen, aber bis auf weiteres in der KPÖ bleiben wollen. Auch sie sind herzlich eingeladen, am kommunistischen Neubeginn mitzuarbeiten, ebenso wie jene KommunistInnen, welche die KPÖ schon vor längerer Zeit verlassen haben, oder ihr nie angehörten.

Wien, am 01. Jänner 2005

Otto Bruckner

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