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Gasattacken auf Reisende an den israelischen Grenzen

23. Januar 2005

Der Bericht einer Palästinenserin

Gestern vormittag machten wir uns von Amman in Richtung Ramallah auf. Wir fuhren über den jordanischen Teil der Allenby-Brücke (die Brücke verbindet Ghur (das Jordantal, AuO) mit dem in den besetzten Gebieten liegende Jericho) und kamen auf die israelische Seite. Als wir durch den ersten Kontrollpunkt durch waren – eine elektronische Sperre, wo alle ihre Jacken, Schuhe, Gürtel, den Schmuck und alle metallischen Gegenstände abzulegen hatten – wurden wir mit einer uns neuen Prozedur konfrontiert. Man brachte uns in eine Art Kammer, in der sich nur eine einzige Person aufhalten durfte. Der Raum war etwa 5 Meter lang und 5 Meter breit und voll mit Spiegeln ausgestattet, an der Decke hing eine Kamera, die aufs Gesicht gerichtet war.

Die Kammer muß von jedem einzeln betreten werden, jeder hat sich eine Minute lang darin aufzuhalten. Dabei ertönt aus dem Apparat eine Stimme: „Ready fire gas“ und daraufhin wird man eine Weile lang mit einer Art Gas besprüht, wobei man in den Pausen zwischen den einzelnen Sprühvorgängen ein sonderbares Geräusch hört, das dem ähnelt, das von Panzerketten verursacht wird.

Alle die, die über die Grenze in die besetzten Gebiete wollen, müssen in diese Art Gaskammer hinein.

Ich fühlte mich, als ob ich vergewaltigt worden wäre, als ich aus diesem schrecklichen Ort wieder herauskam. Während dieser einen Minute konnte ich mir ein Bild davon machen, was sich der menschliche Verstand alles ausdenken kann, um Menschen zu erniedrigen.

Und ich frage mich: Mit was für einer Substanz wurden wir besprüht? Als ich den Raum verlassen hatte, machte mir die Soldatin, die draußen auf ich wartete, einen Vermerk in den Paß. Ich weiß nicht, was damit festgehalten werden sollte. Vielleicht, daß ich eine Gefahr für den jüdischen Staat darstelle, obwohl ich als Bewohnerin von Ramallah doch nur die besetzten palästinensischen Gebiete betreten darf. Oder bedeutet das Zeichen, daß ich vergiftet wurde?

Neugierig wie ich bin, ließ ich es nicht bei sich bewenden und fragte die Soldatin: „Womit sprüht ihr uns da ein?“ Die Typin hat mir einfach nicht geantwortet. Als ich weiter vorne meinen Paß bei anderen Soldatinnen abgab, wandte ich mich in englisch an eine von ihnen: „What kind of gas are you using in the machine?“Sie antwortete: „It´s water!“ Dann fragt sie ihre Kollegin und die sagt: „It´s air!“ Ich insistiere: „Es ist weder Wasser noch Luft. Was für ein Gas ist das denn?“ Die Soldatin antwortet mir aufgebracht: „Das weiß ich nicht!“ Ich darauf: „Das ist gegen die Menschenrechte. Ihr müsst mir sagen, was ihr mir auf meinen Körper sprüht!“ Ihre Kollegin antwortet irgendwas auf hebräisch. Ich sage ihr verärgert, daß ich ihre Sprache nicht verstehe. Darauf lacht sie und sagt: „This is a special country, you have to accept the rules:“ (Das ist ein besonderes Land, Sie müssen die Vorschriften hier befolgen).

Ich sage ihr wütend, daß ich mich bei ihren Vorgesetzten erkundigen werde. Sie darauf: „Na alles Gute!“ Und schmeißt mir meinen Paß hin.

Die Menschen um mich herum sind empört. Alle hatten versucht, in Erfahrung zu bringen, was sich im Innern dieses Monstrums befindet und warum wir da hinein müssen. Aber man hat niemandem von uns Auskunft gegeben.

Yara Youssef: Al confine dei soprusi („Am Grenzübergang der Übergriffe“), il manifesto, 28. 12. 2004.
Wörtliche Übersetzung von Aug und Ohr

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