Rede zur Verhaftung von Sandra Bakutz
Im Folgenden veröffentlichen wir den Redebeitrag von Martin Weinberger auf der Kundgebung zur Freilassung von Sandra Bakutz am 17. Februar 2005.
Wir sind heute hier, um unsere Stimme für Sandra zu erheben und laut und vernehmlich zu fordern: „Freiheit für Sandra Bakutz! Freiheit für alle politischen Gefangenen!
Bei jedem freiheitlich gesinnten Menschen ruft die Nachricht von Sandras Verhaftung zwei Reaktionen hervor: Entsetzen und Empörung!
Entsetzen über die Arroganz und die Rücksichtslosigkeit der Repression,
Empörung über die systematische Willkür, mit der sich der türkische Staat über jedwedes demokratische Recht hinwegsetzt!
Als Sandra verhaftet wurde von den Organen des türkischen Staates, trat dieser Staat ihre Persönlichkeitsrechte in den Schmutz. Er trat aber nicht nur Sandras persönliche Rechte in den Schmutz, er legte auch den demokratischen Grundrechten Fesseln an. Er verhöhnte das Recht auf freie Meiungsäußerung und das Recht der Bewegungsfreiheit, er verurteilte Sandra vorab und ließ ihr keine Möglichkeit, sich zu äußern. Schonungslos zeigte sich die Fratze der politischen Justiz in der Türkei. Und ganz auf dieselbe Weise haben sie die Menschenrechte mit Füßen getreten, jene Menschenrechte, für die Sandra Bakutz so unermüdlich im Einsatz war, für die sie ihre Stimme auch gegen die Repression zu Gehör zu brachte. Deshalb sind wir heute hier: Um jene demokratischen Rechte zu verteidigen, die durch Sandras Verhaftung verhöhnt wurden! Denn Sandras Rechte sind unsere Recht und unsere Rechte sind die Rechte aller Menschen!!!!
Als die türkischen Staatssicherheitsorgane Sandra Bakutz verhafteten, wurde aber auch etwas sichtbar, etwas, das über die Person von Sandra Bakutz hinausweist zu den Anliegen aller Menschen. Sichtbar wurde das System, das Systematische hinter der Verhaftung. Es ist dasselbe System, mit dem immer noch Tausende politische Gefangene in der Türkei gefoltert und in Isolationshaft gehalten werden, dasselbe System wie es Guantanamo symbolisiert! Das unbarmherzige System der Inquisition, das System der Schwarzen Listen! Gegen das System gibt es keinen Einspruch, wird uns gesagt. Aber es gibt Widerstand!
Die Schwarzen Listen sind die Entrechtung im globalen Maßstab, die unter dem Vorwand des „Krieges gegen den Terror“ jedes demokratische Prinzip aushebelt und durch das Recht der Macht ersetzt. Die Schwarzen Listen sind ein Knebel, der jedem Menschen und jeder Bewegung, jedem Andersdenkenden den Mund verstopfen soll, der es wagt, von Freiheit zu sprechen, der es wagt, seine demokratischen Rechte zu fordern. Der legitime Ruf nach Freiheit und freier Meinungsäußerung, ja die bloße abweichende Meinung selbst ist Grund genug, kritische Stimmen als „terroristisch“ zu denunzieren und mit dem Eisenhammer des der Repression mundtot zu machen. Nationales Recht, demokratisches Recht und sogar Völkerrecht, jede Form des Rechtsschutzes – sie alle gelten nicht mehr, obwohl jedes noch so schmutzige Regime sich aussuchen kann, welche Opposition es sich vom Hals schaffen will, so lange es damit den US-Interessen nicht zuwiderläuft. Jedes Mittel ist erlaubt, nichts ist zu fadenscheinig, um ausnahmslos jede demokratische Regung zu ersticken und in der Grabesstille von Guantanamo zu versenken!
Was tut Österreich, hält sich Österreich abseits der Entwicklung? Nein Österreich trägt die antiterroristische Hexenjagd auf seinen Schultern mit, Österreich hat die Schwarze Liste der EU mitgetragen und Österreich arbeitet an der Aushöhlung der demokratischen Rechte. Darin liegt die Verantwortung Österreichs für die Verhaftung Sandra Bakutz; in einem von Österreich mitgeschaffenen Klima, wo der türkische Staat denkt, er kann seine Kritiker vernichten mithilfe der Schwarzen Listen, sich gleichzeitig reinwaschen vor der EU, indem er ihre Dekrete für sich anwendet.
Wessen wurde Sandra angeklagt? „Der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ und aufgrund wecher Indizien? Der angeblichen Beteiligung an einer legalen Demonstration gegen eben die Schwarzen Listen!!
Auf welcher Grundlage wurde Sandra verhaftet, mit welcher Begründung? Auf Grundlage der Schwarzen Listen!
Bei welcher Gelegenheit wurde Sandra verhaftet? Als sie den Mut aufbrachte, ihrem Engagement zu folgen und jenen Prozess zu beobachten der gegen die Verhafteten der Offensive vom 1. April stattfinden sollte. Weswegen wurden jene verhaftet? Eben auch auf Grundlage der Konstruktion der Schwarzen Listen!
Deutlicher könnte die Intention der Schwarzen Listen nicht zu Tage treten: Jene zum Schweigen zu bringen, zu kriminalisieren, wegzusperren, die für die grundlegenden Rechte der Menschen eintreten, und wiederum jene, die nun ihrerseits gegen die Schwarzen Listen auftreten. Wahrlich ein praktisches Werkzeug! Die Schwarzen Listen sind ein Knüppel und ein Schwert gegen die Freiheit und wehe jenen, die sie einen Knüppel oder ein Schwert nennen! Sagen wir rundheraus, was die Schwarzen Listen sind: Sie sind ein Werkzeug des Terrors!
An uns ist es nun, aufzustehen und für die Freilassung Sandra Bakutz…‘ einzutreten, die eines der Opfer jener undemokratischen Schwarzen Listen ist wie so viele, an uns ist es, diesen Raubbau an den elementarsten Rechten sichtbar zu machen, anzuklagen, zu verhindern! Denn Sandras Rechte sind unsere Rechte und unsere Rechte sind die Rechte aller Menschen! Um nichts weniger geht es hier!
Freiheit für Sandra Bakutz und alle politischen Gefangenen! Nieder mit den Schwarzen Listen, nieder mit dem globalen Guantanamo!