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Aufruf zur Prozessbeobachtung

10. März 2005

von der Internationalen Plattform gegen Isolation

Brüssel, 08. März 05

Lassen wir Sandra Bakutz nicht alleine!
Lasst uns Sandra unterstützen!

Sandra Bakutz flog am 10. Februar 2005 in die Türkei um einen Prozess zu beobachten. Es handelte sich nicht um einen gewöhnlichen Prozess. Sondern um den Prozess, der bekannt ist als „der Prozess vom 1. April“ Auf Wunsch des engen Freundes vom türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan, dem italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi, wurden in
Deutschland, Belgien und Holland demokratische Einrichtungen und die Wohnung von progressiven Menschen gestürmt.

Aber die eigentliche Operation fand in der Türkei und Italien statt. Bei der Operation vom 1. April 2004 wurden in der Türkei über 100 Personen festgenommen. Nach der Razzia hat die Polizei behauptet, sie hätte Disketten beschlagnahmt, welche sie in Wahrheit selber angefertigt hat. Der Staat der Türkei hat also alle Personen, die sie von der Bildfläche entfernen wollte, die für Rechte und Freiheiten kämpften, festgenommen. Mit Hilfe von Berlusconi hatte sie somit auch gleichzeitig Razzien in Europa durchführen lassen und somit ihrem „Komplott“ Legitimität verschafft.

Sandra Bakutz flog am 11. Februar 2005 in die Türkei, um den Prozess vom 11. Februar zu beobachten. Sie war eine Person, die sich gegen die Menschenrechtsverletzungen und Ungerechtigkeit auflehnte. Dabei wurde sie selber Opfer von Ungerechtigkeit. Sie wurde aufgrund des Haftbefehles vom 2. DGM in Ankara aus dem Jahre 2001 mit dem Vorwurf der „Mitgliedschaft einer terroristischen Vereinigung“ verhaftet.

Tagelang wurde nicht veröffentlicht, aufgrund welcher Belege und Beweise diese Behauptung aufgestellt wurde. Erst nach dem wiederholten, hartnäckigen Nachfragen des Österreichischen Konsulates, gab die Türkei eine Erklärung ab. Die Staatsanwaltschaft hat die Anklageschrift am 25. Februar dem Gericht übergeben.

Der Bundesstaatsanwalt schrieb in seiner Anklageschrift, dass Sandra Bakutz am 28. November 2000 im Europäischen Parlament, gegen den damaligen Aussenminister Ismail Cem protestiert und Ilhan Yelkuvan, der sich in einen deutschen Gefängnis in einer Protestaktion befand und gegen seine Totalisolation einen Hungerstreik durchführte, unterstützt hat.

Als Beleg existiert die auflagenstärkste türkische Tageszeitung Hürriyet vom 29. November 2000. Dabei taucht in diesem Artikel weder der Name von Sandra auf, noch ist sie auf dem Bild zu sehen.

Das steht in der Anklageschrift, welches von dem Bundesstaatsanwalt aus Ankara Mustafa Kelkit erstellt wurde: „Der Untersuchungsakt wurde geprüft. Wie bekannt, ist die Organisation DHKP/C, welche beabsichtigt die grundgesetzliche (geschützte) Ordnung mit Waffengewalt umzustürzen und, anstatt dessen einen Staat zu gründen, der auf marxistischen Prinzipien aufbaut, eine Terrorgruppe, die Aktionen mit Waffengewalt anwendet.

Das im Untersuchungsakt befindliche Foto des Vorfalles in der Zeitung Hürriyet, die Informationen von Interpol Belgien und der Inhalt des Aktes belegen, dass

-am 28.11.2000 zwei Mitglieder der Terrorgruppe DHKP/C bis zu dem damaligen Außenminister vordrangen-welcher eine Rede vor der Kommission für ausw. Ang. Des Europaparlamentes hielt – und gegen den Minister gerichtet Drohungen wie „Mörder Cem! Wir werden deine Rechnung begleichen!“ ausriefen.

-die Angeklagte Sandra BAKUTZ außerdem an der Pressesitzung im Brüsseler Internationalen Pressezentrum als „Vorsitzende des Unterstützungskommittees für Ilhan YELKUVAN“ (Mitglied Terrorgruppe DHKP/C) teilnahm, um ihn in seinem Hungerstreik in der Strafanstalt in Deutschland zu unterstützen: Damit steht fest, dass die Angeklagte mit diesen Aktionen aufzeigt, Mitglied der illegalen bewaffneten Terrorgruppe DHKP/C zu sein; die Angeklagte im 11. Strafgericht für schwere Straftaten vor Gericht zu stellen.“

Nach dieser Anklageschrift wird Sandra in der Türkei für Aktionen geahndet, die sich angeblich im Ausland begangen haben soll. Hierbei muss die Türkei zunächst einmal erklären, womit sie sich das Recht nimmt, jemanden für etwas anzuklagen, dass sich in Brüssel abspielte. Welches Gesetz gibt die Berechtigung dazu? Abgesehen davon war es nicht Sandra Bakutz, die im Europäischen Parlament protestiert hat. Ausserdem stellt eine Protestaktion auch keine Straftat dar, sondern ist ein demokratisches Recht.

Ihr wird auch der Prozess gemacht, weil sie Ilhan Yelkuvan unterstütze, der sich gegen die unmenschlichen Bediungungen in Deutschland gewehrt hat.

Nach welcher türkischen Gesetzgebung stellt es ein Verbrechen dar, einen Gefangenen in einem deutschen Gefängnis zu unterstützen? Sandra Bakutz ist heute am Weltfrauentag für etwas, was die Justiz der Türkei nicht das geringste angeht, seit 27 Tagen ihrer Freiheit beraubt. Seien es die Polizisten, die auf den Strassen Frauen, welche anlässlich des Frauentages demonstrierten zusammenschlagen, sei es der Staatsanwalt, der ohne Belege und Beweise Sandra festnehmen ließ oder die Polizei, die dem Prozess vom 1. April gefälschte Beweismittel vorlag- sie dienen alle demselben Staat.

Die Verhaftung von Sandra, ist wie der brutale Einsatz türkischer Sicherheitskräfte gegen Teilnehmer einer Demonstration zum Internationalen Frauentag am vergangenen Sonntag oder Verhaftung von 100 Personen aufgrund gefälschter Dokumente, ein Skandal und Verspottung der Demokratie. Mit ihrer Verhaftung wurde Sandra daran behindert, den Prozess zu beobachten. Aber das war nicht der einzige Grund für ihre ungerechte Verhaftung. Sandra kämpfte unermüdlich für die Menschenrecht in der Türkei und auf der ganzen Welt. Sie prangerte Menschenrechtsverletzungen an. Sandra Bakutz unterstütze politische Gefangene, die aufgrund ihrer Überzeugungen und ihren Kampf für Rechte und Freiheiten, festgenommen wurden. Sie unterstütze diese nicht nur, sondern machte ihre Situation in der europäischen Öffentlichkeit bekannt. Denn Sandra ist auch gleichzeitig eine Journalistin. Sie arbeitete für die Berliner Tageszeitung „Junge Welt“ und den Wiener Radiosender „Radio Orange“.

Heute am 8. März, dem Weltfrauentag, ist Sandra Bakutz seit 27 Tagen ihrer Freiheit beraubt. Am 30. März 2005 findet der Prozess von Sandra statt. Wir rufen alle Organisationen, Institutionen, Einzelpersonen und MenschenrechtsverteidigerInnen auf, am 30. März in Ankara als ProzessbeobachterInnen teilzunehmen.

Lassen wir Sandra Bakutz nicht alleine!
Lasst uns Sandra Bakutz unterstützen!

Zeigen wir dem Staat der Türkei, dass wir hinter Sandra stehen. Damit der Staat sieht, dass sie die Menschen nicht “ willkürlich ihrer Freiheit berauben “ und sie nach Belieben zu “ TerroristInnen “ erklären kann.

Lasst uns am 30. März in Ankara sein!

Internationale Plattform gegen die Isolation

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