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Kein Platz für´s Völkerrecht in der Stadt der Menschenrechte?

10. März 2005

8. März 2005, Solidarität International, Nürnberg

Nachbarschaftshaus Gostenhof in Nürnberg kündigt Solidarität International die Räume für die Veranstaltung am 10.03. mit dem Sprecher der Irakischen Patriotischen Allianz, Awni al-Kalemji.

Gestern wurde die Nürnberger Ortsgruppe von Solidarität International von Frau Langmar, einer Mitarbeiterin des Nachbarschaftshauses Gostenhof, informiert, dass alle Flugblätter und Plakate zu unserer Veranstaltung mit dem Vertreter der Irakischen Patriotischen Allianz, Awni al-Kalemji , aus dem Hause entfernt wurden und uns der Saal nicht mehr für die Veranstaltung zur Verfügung steht.

Begründung: „Mit Entsetzen habe ich heute morgen Ihr Flugblatt für die Veranstaltung am Donnerstag bei uns im Haus gesehen. Dort steht: „Wir unterstützen alle Arten des Widerstandes, einschließlich des bewaffneten Kampfes“ Sie wissen, dass im Nachbarschaftshaus keinerlei Aufruf zur Gewalt geduldet wird.“
(aus der e-mail die uns zuging)

In unserem Einladungsflugblatt zitieren wir Awni al-Kalemji:

„Die Irakische Patriotische Allianz wurde 1992 gegründet. Unsere Rolle ist der friedliche Kampf gegen die Besatzung. Wir unterstützen alle Arten des Widerstandes einschließlich des bewaffneten Kampfs. Wir verstehen den friedlichen Widerstand nicht als Händeschütteln mit den Besatzern und gemeinsame Sache mit ihm. Wir organisieren Demonstrationen, schreiben Losungen auf die Wände usw.
Dieser Widerstand ist ein Widerstand des ganzen irakischen Volkes. Das Hauptziel ist die Befreiung unseres Landes. Das zweite Ziel ist die Bildung einer neuen Regierung. Alle Menschen, die gegen die Besatzung kämpfen, werden zu den Wahlen kommen. Und wer den Irak befreit, wird auch eine neue Regierung im Irak bilden können. Für die Befreiung des Irak ist eine breite Front nötig: Muslime, Christen, Schiiten, Sunniten, Kommunisten, Demokraten, usw.“ (Aus einem Interview mit Awni Al Kalemji, rote fahne news November 2004)

Unter dem Begriff Völkerrecht werden verschiedene zwischenstaatliche Vereinbarungen verstanden, allem voran die Charta der UN, sowie Resolutionen der Vereinten Nationen.

Der Artikel 51 der UN-Charta sieht vor, dass „im Falle eines bewaffneten Angriffs gegen ein Mitglied der Vereinten Nationen keineswegs das naturgegebene Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung eingeschränkt wird, bis der Sicherheitsrat die zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen getroffen hat“.

Noch deutlicher wird die UN-Resolution 3103 vom 12 Dezember 1973:

„Völker, die kämpfen, um sich von fremder Unterdrückung und Ausbeutung zu befreien, ha…­…­ben das Recht, alle Mittel zu benutzen, die ihnen zur Verfügung stehen – einge…­schlos…­sen Ge…­walt. Akte von Bürgern, die für ihre nationale Befreiung kämpfen, können nicht als Akte des internationalen Terrorismus betrachtet werden. Demgegenüber sind solche Akte, die von einem einzelnen Staat gegen ein Volk mit dem Ziel durchgeführt werden, seine na…­tio…­…­nale Befreiungsbewegung auszulöschen und den Widerstand gegen die Besatzer zu zer…­brechen, echte Manifestationen des internationalen Terrorismus in seinem weitesten Sinn“.

Solidarität International ist kein Verein der zur Gewalt aufruft. Solidarität International steht für Völkerfreundschaft und internationale Solidarität. Als internationale Solidaritäts- und Hilfsorganisation unterstützen wir weltweit die gerechte Kämpfe der Menschen und schreiben ihnen nicht vor, welche Formen des Widerstandes sie wählen. Widerstand gegen Besatzung ist nicht nur moralisch gerechtfertigt, sondern auch durch das Völkerrecht legitimiert. Auch der bewaffnete Widerstand.

Seit Jahren wird die üble Methode angewandt, solchen Widerstand als „Terrorismus“ zu diffamieren. Dabei wird individueller oder reaktionärer Terror mit dem berechtigten friedlichen und auch militärisch organisierten Widerstand in einen Topf geworfen.

Wer dieser Logik folgt, diffamiert auch die Partisanenbewegung in Italien oder die französische Resistance gegen die faschistische deutsche Besatzung und natürlich auch den Aufstand im Warschauer Ghetto, nachträglich als Terrorismus!

Während sich der eine die Freiheit herausnehmen darf, im Namen von Demokratie und Freiheit, einen Mordanschlag auf eine kritische Journalistin zu verüben, jahrelang die Zivilbevölkerung im Irak zu tyrannisieren, um sie schließlich mit einem Krieg zu überfallen und um ganze Städte und Dörfer auszulöschen, soll der völlig berechtigte Widerstand als Tat von religiös und politisch verwirrten Schwachsinnigen dargestellt werden.

Die Veranstaltung im Nachbarschaftshaus zu verbieten ist nicht die alleinige Verantwortung der Mitarbeiter des Hauses. Offensichtlich ist der Rechtsreferent der Stadt Nürnberg, Herr Frommer, schon im Vorfeld einbezogen worden. Doch selbst hier scheint nicht der eigentlich Verantwortliche zu sitzen. Ebenfalls am 07. März wurde der Esslinger Gruppe von Solidarität International der Raum für die geplante Veranstaltung mit Awni al-Kalemji am 11.03. gekündigt. Bis ins Schwäbische reichen die Befugnisse des Herrn Frommer sicher nicht.

Am 25. September 2005 soll in Nürnberg der internationale Menschenrechtspreis verliehen werden. Ein wichtiges Datum für die „Stadt der Menschenrechte“. Die Verantwortlichen könnten Charakter beweisen und einen Kontrapunkt zur alltäglichen Kriegspropaganda und araberfeindlichen Hetze setzen.

Unsere Veranstaltung mit Awni al-Kalemji wird jedenfalls in Nürnberg stattfinden. Wir erwarten die Besucher um 19.30 vor dem Nachbarschaftshaus Gostenhof, Adam-Klein-Str. 6. Von dort werden wir dann zum neuen Veranstaltungsort gehen. Die Veranstaltung wird dann um ca. 20 Uhr beginnen.

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