Abschlusserklärung der internationalen Solidaritätsdelegation nach Palästina
Internationale Solidaritätsdelegation nach Palästina erfolgreich abgeschlossen
Eine internationale Solidaritätsdelegation unter Leitung des Antiimperialistischen Lagers bereiste vom 14. bis 28. August Palästina. Der Hauptzweck dieser Delegation, die unter dem Namen „Risse in der Mauer“ lief, war es dem Kampf des palästinensischen Volkes und der Widerstandsbewegung eine Botschaft der Solidarität zu überbringen und sich so den Terrorismusvorwürfen vehement entgegen zu stellen.
Während der Reise hatte die Delegation die Möglichkeit mit Vertretern beinahe aller Organisationen des palästinensischen Widerstands zu sprechen. Unter diesen waren der Generalsekretär der PFLP, Ahmed Saadat im Gefängnis von Jericho, der Führer des politischen Flügels der Hamas im Westjordanland, Scheikh Hassan Abu Yussuf, und auch der Führer der Al Aqsa Märtyrer Brigaden, Zachariah Zbeidei. Außer ihnen hatten die Teilnehmer der Delegation die Gelegenheit mit politischen Figuren auf sozialer oder Bezirksebene zu sprechen, unter anderem mit dem Vizebürgermeister von Qualquilya – da der neugewählte Bürgermeister als Hamas–Mitglied unter Administrativhaft im Gefängnis sitzt –, mit dem Bürgermeister von Betlehem – der PFLP–nahe ist, und auch mit dem Sekretär der Fatah für das Gebiet Betlehem. Die Reise inkludierte auch Nazareth, das in den 1948 besetzten Gebieten liegt, aber nach wie vor einen hohen Prozentsatz palästinensischer Einwohner hat. Dort hatte die Delegation ein Treffen mit Abnaa al Balad, einer antizionistischen palästinensischen Organisation, die innerhalb des Staates Israel arbeitet, welche die Palästinenser mit israelischer Staatsbürgerschaft und Juden, die für einen gemeinsamenen demokratischen säkularen Staat eintreten, vertritt. In Nazareth hatte die Delegation die Gelegenheit durch den Besuch eines zerstörten arabischen Dorfes einen Eindruck davon zu gewinnen, was die palästinensische Realität innerhalb des Staates Israel heute ist.
Nach der Rundreise arbeiteten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Delegation auf einem Feld nahe Beit Jala, auf dem jüngst Olivenbäume gepflanzt worden waren. Der Bauer, dessen Land auf dem der Siedlung Har Homa gegenüberliegenden Hügel liegt, ist ständig in Gefahr von den israelischen Behörden enteignet zu werden.
Die Reise fand während des Abzuges der israelischen Kräfte und Siedler aus dem Gaza-Streifen statt. Vor diesem Hintergrund war es der Delegation möglich ein aufschlußreiches Bild des derzeitig innerhalb der palästinensischen politischen Landschaft vor sich gehenden Transformationsprozesses zu gewinnen. Indem sie den Gaza-Abzug als ersten Schritt in Richtung eines lebensfähigen palästinensischen Staates bezeichnet, ordnet sich die Fatah-geführte PNA offensichtlich der israelischen und US-amerikanischen Strategien unter und verwandelt sich so immer mehr in ein Marionettenregime. Im Gegensatz dazu haben die palästinensische Linke, vor allem die PFLP, aber auch die islamischen Kräfte keine Illusionen was die Bedeutung des Abzuges aus Gaza betrifft. Während sie diesen als Ergebnis der Stärke der Widerstandsbewegung in Gaza sehen, sind sie sich durchaus bewusst, dass die israelische Besatzung weitergehen wird und dass es keine Anzeichen für einen souveränen palästinensischen Staat oder etwas ähnliches gibt. Obgleich die linken und islamischen Kräfte einen Waffenstillstand im Frühjahr dieses Jahres unter starkem Druck von Ägypten und der Abbas-Regierung unterzeichnet haben, fordern sie noch immer, dass eine echte Lösung dieses Konflikts innerhalb der politischen Rahmenbedingungen der historischen Forderungen der palästinensischen nationalen Befreiungsbewegung stattfinden muss, von denen die wichtigsten das Recht auf Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge, Jerusalem als Hauptstadt und der Abbau aller Siedlungen sind. Tatsächlich wurde keine dieser Forderungen in das Waffenstillstandsabkommen inkludiert, welches, praktisch gesehen, unilateral von den palästinensischen Kräften ohne irgendwelche Gegenleistungen von Seiten Israels unterzeichnet wurde. Während die linken palästinensischen Kräfte diesem Waffenstillstand aufgrund der Erschöpfung der palästinensischen Massen zustimmten, verkaufen PNA und Fatah diesen als Anfang eines Friedensprozesses.
Aber die israelische Besatzung geht dessen ungeachtet weiter, Siedlungen werden ausgebaut, namentlich im Westjordanland, das israelische Projekt eines „Großjerusalem“, womit Ostjerusalem vom Westjordanland abgeschnitten werden soll, wird fortgeführt, ebenso wie der Bau der Mauer und die Enteignung palästinensischen Landes. Ein echter palästinensischer souveräner Staat scheint weiter entfernt denn je. Vor diesem Hintergrund stellt das Gerede der Fatah über einen beginnenden Friedensprozess nichts weiter dar, als eine komplette Kapitulation unter israelische und US-amerikanische geostrategische Pläne für den Nahen Osten.
Dennoch scheint es als sei die zweite Intifada dabei zu Ende zu gehen, was in sich die Gefahr eines Normalisierungsprozesses birgt, wodurch die Realität der militärischen Besatzung negiert werden und Widerstand als illegitimer Terror verunglimpft werden soll. Da jedoch die Besatzung weitergeht und sich die Lebensbedingungen der palästinensischen Massen nicht bessern werden, gibt es keine Grundlage für eine wirkliche Lösung des Konflikts. Im Gegenteil, da die Ursache für den palästinensischen Widerstandskampf – die illegale Besatzung und Unterdrückung durch die israelischen Kräfte- weiter bestehen bleibt, ist der Ausbruch einer dritten Intifada innerhalb einiger Jahre mehr als wahrscheinlich. Diese neue Intifada wird aber notwendigerweise auch Elemente des Klassenkampfes in sich tragen, die sowohl gegen den Besatzer als auch gegen das palästinensische Marionettenregime gerichtet sein werden.
Der Ausbruch und die Entwicklung einer neuen Intifada wird von unterschiedlichen Faktoren abhängen. Vor allem davon, bis zu welchem Grad Fatah dem Druck von Israel und den USA nachgeben wird, ihre Wurzeln in den palästinensischen Massen zu kappen und sich mehr und mehr in einen Agenten des Imperialismus zu verwandeln bereit ist. Weiters wird die zukünftige Entwicklung der islamischen Kräfte eine entscheidende Rolle spielen, nämlich ob sie weiterhin die Speerspitze des Volkswiderstands sein werden oder ob sie bereit sind Teil der institutionellen Macht innerhalb der Rahmenbedingung des derzeitigen Normalisierungsprozesses zu werden. Ebenso wichtig wird es sein, ob die palästinensische Linke sich als fähig erweisen wird, eine passende Strategie zu entwickeln um gegen den Normalisierungsprozess zu wirken und eine gemeinsame Widerstandsfront aufzubauen. Es ist schlußendlich offensichtlich, dass eine neue Intifada die palästinensische Frage wieder als regionale Vision einer Befreiungsbewegung innerhalb der arabischen Ländern stellen muss. Daher wird der Entwicklung des irakischen Widerstandskampfes aber auch der Oppositionsbewegung in Ägypten entscheidende Bedeutung zu kommen.
Vor diesem Hintergrund müssen die Ziele der internationalen Solidaritätsbewegung vor allem sein, den derzeitigen Normalisierungsprozess zu denunzieren und sich diesem entgegenzustellen, indem den oppositionellen Kräften des Widerstands innerhalb der palästinensischen nationalen Befreiungsbewegung Unterstützung gegeben wird. Das schließt ein, diese Kräfte, und den Widerstandskampf im allgemeinen, gegen die Anklage terroristisch zu sein, zu verteidigen. Die internationale Solidaritätsbewegung muss mit allen Mitteln die Legitimität des palästinensischen Befreiungskampfes gegen die Besatzung verteidigen, und somit die Möglichkeiten für die Entwicklung einer neuen Intifada im Rahmen einer allgemeinen Befreiungsbewegung in der arabischen Region unterstützen.
Antiimperialistisches Lager
31. August 2005