Protestkundgebung: Abu-Ghraib-Folteropfer Haj Ali darf über Demokratieexport nicht berichten
Für das vom Außenamt organisierte Seminar „Der Islam in einer pluralistischen Welt“ scheint an Prominenz mehr aufgeboten worden zu sein, also es der Rolle Österreichs entsprechen würde. Scheinbar hat Washington mitgeholfen, insofern als es Interesse hat, das aus der Kreisky-Ära stammende gute Image Österreichs bei den offiziellen Vertretern der arabischen und islamischen Welt zu nutzen, um eine vermeintlich versöhnliche Geste zu setzen.
Nicht der Islam als solcher sei aggressiv und intolerant, wie es sich der amerikanische Kreuzzug auf die Fahnen geschrieben hat, sondern nur die Extremisten, die zu isolieren seien. Dass es sich beim arabisch-islamischen Widerstand um eine Reaktion auf ganz handfeste Unterdrückung handeln könnte, davon ist weder in den salbungsvollen Reden noch in der Medienberichterstattung die Rede. Besatzung von Palästina und Irak? Nie gehört! Zionistische Siedlungspolitik? Amerikanische Militärpräsenz? Kontrolle über die Ölressourcen? Christlicher Fundamentalismus? Gott bewahre! US-Reich oder gar Imperialismus? Alte Hüte ewiggestriger Marxisten!
So werden sie dann, die Talabanis und Karzais, als die Vertreter des moderaten Islam vorgeführt. Sie dürfen darüber berichten, wie erfolgreich das amerikanische Exportgut „Demokratie“ nicht wäre. Vom Weißen Phosphor auf Falluja oder von den Bomben auf die afghanische Zivilbevölkerung wiederum kein Wort.
Schon gar nicht erwünscht scheint das Zeugnis aus den amerikanischen Volkergefängnissen, das das so schön gemalte Bild vom guten Westen, der den Vernünftigen unter den Bloßfüßigen die Hand reicht, so sie nur wollen, zum Zusammenbruch brächte. Haj Ali, das Folteropfer aus Abu Ghraib mit der Kapuze und den Elektroden an den Armen, dessen Bilder um die Welt gingen, darf nicht nur nicht auf einer solchen Konferenz sprechen, sondern ihm wird sicherheitshalber gleich die Einreise verweigert. Er könnte ja etwas Falsches sagen.
Das Schlimme dabei ist, dass die Form der Unterordnung unter die USA und ihre Interessen wahrscheinlich nicht einmal der Intervention seitens Washingtons bedurfte. Als gut dressierte Hunde wusste sie im Voraus was das Herrl verärgern könnte.
So kann dann das Seminar auch ungestört von Stimmen aus der Realität ablaufen und seinen eigentliche Zweck erfüllen: die durch völkerreichlich verbotene Aggressionskriege eingesetzten Regimes im Irak und Afghanistan zu legitimieren und Europa auf die Seite des väterlichen großen Bruders zurückzuführen. Umso besser, wenn da das „neutrale“ Österreich eine Vorreiterrolle spielt.
Von einer Protestkundgebung ein paar Dutzend Aufrechter am Michaelaplatz unweit des Tagungsortes, lässt sich da niemand beeindrucken. Und selbst wenn es mehr wären, erweist sich Opposition nur dort als berichtenswert, wo sie sich gegen Schurkenstaaten richtet.
Schließung von Guantanamo, Abu Ghraib und aller US-Foltergefängnisse!
Frieden kann nur durch das Ende der Besatzung und durch die Anerkennung des Widerstands als die wahre Vertretung des Volkes herbeigeführt werden!
Nein zur Unterordnung unter das amerikanische Reich, für die Neutralität Österreichs!
Antiimperialistische Koordination
Wien, 15. November 2005