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Die EU, die FPÖ und ihr Volksbegehren, die Linke

27. Januar 2006

Ankündigung eines Desasters

Die FPÖ veranstaltet ein Volksbegehren. Es
heißt „Österreich bleibt frei“ und umfasst 3 Hauptforderungen: „Türkei nicht in
die EU“, „Neutralität bewahren“ und „EU-Beitrag sofort senken“. Dazu lächelt HC
Strache gewohnt vertrottelt und es scheint als habe der Bildbearbeiter seine
Augen noch ein wenig aufgehellt. Jetzt noch blauer, Marke Terence Hill.

Trotz des Wahlerfolges in Wien und trotz
besserer Umfragewerte auf Bundesebene scheint die FPÖ ihre Krise nicht
vollständig überwunden zu haben. Inhaltlich und personell ist das „3. Lager“ in
den letzten Jahren noch einmal gewaltig ausgedünnt. Der neben Mölzer einzige
Parteiintellektuelle, Historiker Lothar Höbelt, hat sich unlängst über eine
„Pol Pot-Stimmung“ beschwert, wo jeder ein potentieller Abweichler ist, der
„Lesen und Schreiben“ könne. Das Volksbegehren macht aber deutlich, dass man
politikfähig geblieben ist. Nach der Abspaltung des BZÖ standen die Chancen ja
nicht schlecht, dass sich die FPÖ in einen deutschnationalen Museumsverein
verwandelt. Geführt von Burschenschaftern in Kasperle-Kostümen, bemüht eine
widerliche Identität zu bewahren, aber nicht in der Lage in aktuelle Probleme
einzugreifen.

Es ist nicht gesagt, dass das Volksbegehren
ein durchschlagender Erfolg wird, zu offensichtlich ist die parteipolitisch
Instrumentalisierung, zu diskreditiert ist die FPÖ nach den vergangenen
Turbulenzen. Aber Strache kann die FPÖ wieder in das politische Spiel
zurückbringen und grundsätzlich erfolgversprechend aufstellen. Der
antiislamische Rassismus, in den die Ablehnung des Türkei-Beitritts verpackt
wird, die Verringerung der Beiträge nach Brüssel und die Verteidigung der
Neutralität: all das ist ausgesprochen populär, jenseits der Eliten und ihrem
Anhang in den linksliberalen Mittelschichten entspricht das der
Mehrheitsmeinung der Österreicher. Vom alten Deutschnationalismus ist im Text
des FP-Begehrens nichts zu bemerken. Auch die alte Forderung nach NATO-Beitritt
hat man offensichtlich gestrichen. (Der europäische Rechtsextremismus hat eine
lange Tradition als treuester Freund der USA.) Strache präsentiert sich damit
als einzige Alternative zu den Eliten – tatsächlich eine Scheinalternative, wie
man an Jörg Haider gesehen hat, der seine populistische Mischung aus sozialem
Protest und Rassismus letztendlich wieder in den Schoß der Macht zurückgeführt
hat. Einer wirklich radikalen Opposition erwächst in Strache ein gefährlicher
Konkurrent. Gefährlich, weil tatsächlich weit näher an der Massenstimmung als
echte Gegner des Kapitalismus.

Gefährlich auch, weil er gerade dabei ist
einen „Antifa-Reflex“ auszulösen. Ein Desaster kündigt sich an: Strache ist
gegen die EU (zumindest scheinbar, tatsächlich hat er keine Austrittslosung
aufgestellt). Die Linke, die bezahlten Anti-Rassismus-Zivilgesellschafter,
Andrà© Heller, die SPÖ, die Regierung und die Bank Austria sind gegen Strache.
Der FPÖ wird dabei das Feld der Opposition überlassen – weil jeder, der sonst
gegen die EU wäre, Abgrenzungsrituale durchführen muss, oder lieber gleich gar
nichts sagt. Aus Angst als Nazi punziert zu werden. Srache bekommt die Rolle
des Streiters gegen das Establishment, die Linke befindet sich im praktischen
Block mit diesem.

Gegen das FP-Volksbegehren gibt es nur ein
Mittel: Radikale Opposition gegen die EU. Wer Strache angreifen will, muss
seine Widersprüche aufgreifen: Die fehlende Austrittslosung, oder die Tatsache,
dass praktisch der gesamte FPÖ Parlamentsklub (nicht nur die „Orangen“) der
EU-Verfassung zugestimmt hat. Wer glaubt gemeinsam mit der SPÖ den „Faschismus“
verhindern zu müssen, tut sein bestes zur Rehabilitation der Blauen.

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