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Bericht von der Anti-NATO Demonstration in München

11. Februar 2006

Am 4.2.2006 demonstrierten in München rund 4.000
Antiimperialisten/Antikriegsgegner gegen die „NATO-KRIEGSKONFERENZ 2006“, welche
an diesem Tag im „Kriegsministerium“ Bayerischer Hof stattfand.
 
Schon von 11 Uhr Vormittag an war das Stadtbild von München von einem
Polizeiaufgebot (4.000) geprägt, welches eine Demonstration im eigentlichen
Sinne unmöglich machte. Um 12.00 Uhr begann dann am Lehnbachplatz die
Auftaktkundgebung. Die dort versammelte Menge war sehr rasch von einem
Polizeikessel umringt. Schon beim Zugang zum Lehnbachplatz mußte man durch eine
Bullenschleuse gehen. Alle zum Platz kommenden Demoteilnehmer wurden einer
eigehenden Personenkontrolle unterzogen. Rucksäcke, Taschen, Plastiktüten mußten
geöffnet werden und wurden einer genauen Durchsuchung unterzogen. Zwar
konzentrierte sich die Durchsuchung primär auf harte Gegenstände (Holzstangen,
Steine und dergl.) aber es wurden auch Lebensmittel wie Äpfel, Bananen, Karotten,
Kartoffel, welche von den Bullen als gefährliche Wurfgeschosse angesehen wurden,
konfisziert. Wer sich weigerte diese abzugeben wurde vorübergehend festgenommen
und zur Demo nicht zugelassen. Einige Demoteilnehmer waren gänzlich kostümiert
(„Pink/Silver“, „Karne-Kravall“ und „Skelett“) diese mußten gemäß dem
Vermummungsverbot eine Personenüberprüfung über sich ergehen
lassen. Demoteilnehmer die Plakate mit dem Konterfei von Condoleezza Rice und
Donald Rumsfeld und den Bezeichnungen „Kriegsverbrecher hinter Gitter“ und
„Rumsfeld Massenmörder“ mit sich führten wurden von den Bullen aus dem Demo-Zug
herausgeholt, das Plakat abgenommen und mit Festnahme vorgegangen. Diese
Vorgangsweise wurde auf Grund einer „Sonderverordnung“ der Polizei
veranlaßt. Diese „Sonderverordnung“ besagte, dass Beleidigungen und Schmähungen
gegenüber staatliche Würdenträger (Polizei und politische Repräsentanten) in
Wort und Bild verboten sind und ein gegenteiliges Verhalten mit Festnahme und
Strafanzeige geahndet wird. So wurden dann im Verlauf der Auftaktkundgebung 20
Personen wegen diesem Verhalten festgenommen und zur Strafanzeige gebracht. Und
dies obwohl dem Veranstalter der Demo „Aktionsbündnis gegen die
NATO-Sicherheitskonferenz“ vom bayerischen Oberlandesgericht bescheidmäßig
mitgeteilt wurde, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie das Recht auf
politische Willenskundgebung gewahrt bleiben muß und die „Sonderverordnung“ der
Polizei rechtsunwirksam ist. Nun der Polzei war das völlig egal, denn sie ging
rigoros gegen die Demoteilnehmer vor.
 
Der Demozug wurde unterwegs des öfteren von der Polizei gestoppt, da einige
Bullen den Lautsprecherwagen stürmten und ihn nach bedenklichen Sachen
durchsuchten sowie die Moderatoren auf dem Lautsprecherwagen auf ihr
„gesetzwidriges“ Verhalten aufmerksam machten. Das heißt sie gaben den
Moderatoren zu verstehen, dass keine beleidigenden Äußerungen mehr gemacht
werden dürfen, sonst wird das Kraftfahrzeug vom Demozug entfernt und die Demo
ist beendet.
 
Im Demozug gingen auch Zivilbullen mit, welche natürlich vermummt waren,
während den anderen Demoteilnehmern ein Vermummungsverbot auferlegt war.Ein
Zivilbulle tat des „guten zuviel“, denn er hatte auf seiner Thermojacke einen
Aufkleber mit der Aufschrift „Rassismus und Repression = Polizei“. Er wurde von
seinen Kollegen aus dem Demozug herausgeholt, der Aufkleber wurde ihm
abgenommen, sein Dienst war sofort beendet und es wurde Strafanzeige gegen ihn
erstattet.
 
Beeindruckend wirkte die Demo vor allem durch die an der Spitze gehende
„Performance“ gegen Folter. Gekleidet wie die Gefangenen in Guantanamo liefen
ein Dutzend Aktivisten vor zwei Soldaten her, die ein Transparent trugen auf dem
unter dem Zitat „Freiheit und Democracy“ aus Berthold Brechts
„Anarchronistischen Zug“ die Logos von „Sicherheitskonferenz“, NATO, EU,
Bundeswehr und CIA prangten. Darüber die eindeutige Aussage „Krieg heißt
Folter“. Begleitet wurde die Aktion von einem Redebeitrag, der die drastischen
Auswirkungen von Folter deutlich machte und entscheiden das Folterverbot
einforderte.
 
Neben mehreren kleineren Übergriffen der Polizei und anschließenden
Rangeleien, kam es am „Sendlinger Tor“ zu einer heftigen Auseinandersetzung, als
Zivilbullen einen Demonstranten festnehmen wollten und dabei in Bedrängnis
gerieten. Selbst weiter herbeigeeilte Bullen gelang es trotz Schlagstock und
Pfefferspray nicht, die Situation unter Kontrolle zu bekommen, da sich ihnen zu
viele Leute geschlossen entgegenstellten.
 
Dies drehten sie aber dann am Marienplatz, wo die Abschlußkundgebung
stattfand, um und griffen zu Dutzenden den Demozug an. Es kam zu brutalen
Einsätzen mittels Schlagstock und Pfefferspray. Von der Demoleitung wurde vom
Bühnenwagen aus mehrmals per Mikro die Polizei lautstark aufgefordert den
Kundgebungsplatz sofort zu verlassen und ihr repressives Verhalten einzustellen.
Auch der Polizeipräsident wurde mehrmals per Mikro von einem Sprecher der
Demo-Leitung aufgefordert sofort zu erscheinen und das skandalöse Verhalten
seiner Leute zu beenden. Der Sprecher brachte dann auch seinen persönlichen
Protest zum Ausdruck: „Wir haben uns hier versammelt um in friedlicher Art
und Weise unser Missfallen gegenüber den NATO-Kriegsstrategen auszudrücken.
Wir lassen uns es nicht gefallen als Terroristen bezeichnet zu werden. Die
Terroristen, die sie als Polizeiorgane dingfest zu machen haben, befinden sich
im Bayerischen Hof und planen dort neue Terrorkriege. Dort können sie sich
nützlich machen. Aber uns lassen sie endlich zufrieden und verschwinden
endgültig vom Kundgebungsplatz“. Danach wurde angekündigt am nächsten Tag eine
Protestaktion gegen das repressive Verhalten der Polizei durchzuführen. Diese
fand dann unter Beteiligung von 50 Personen wieder am Marienplatz statt. Danach
gab es eine Demonstration zum Innenministerium. Ob es dabei zu polizeilichen
Übergriffen oder sogar Festnahmen kam ist nicht bekannt.
 
Die nunmehr von der Polizei angewendete Praxis bei jeder Versammlung mit
Schlagstock und Pfefferspray gegen die Demoteilnehmer vorzugehen, und viele
unter fadenscheinigsten Begründungen festzunehmen, dient ausschließlich der
Aufrechterhaltung eines von der Polizei selbst geschaffenen Gefahrenbildes. Klar
ist daher, die Gewalt geht immer zuerst von der Polizei aus.
 
Bei der abschließenden polizeilichen Pressekonferenz teilte der
Einsatzleiter mit, dass es im Zuge der Demo zu 95 Festnahmen kam. Es gab auch
Verletzte auf beiden Seiten. Ein Demoteilnehmer wurde von einem
Gefangenentransporter niedergestoßen und erheblich verletzt. Auf polizeilicher
Seite waren die Verletzungen sicher nicht so erheblich, zumal Beamte bei solchen
Anlässen wie Footballspieler gekleidet und nur im geringen Ausmaß einer
schwereren Verletzung ausgesetzt sind. So tragen sie Vollvisierhelm,
Bleiwesten, Schlagstock, Pistole, Handschellen und Pfefferspray bei sich.
 
Zusammenfassend ist zu sagen, dass es trotz der polizeilichen
Repressionsmaßnahmen ( bisweilen sehr provokatives Verhalten gegenüber den
Demoteilnehmern) eine sehr gute Demo war und die Stimmung der Demoteilnehmer
wesentlich dazu beitrug, dass es zu keiner Zeit zu Spaltungen kam.
 
Zu hoffen bleibt nur, dass uns anlässlich des Bush-Besuches im Juni in Wien
ein deratiges Vorgehen unserer Polente erspart bleibt. Nachahmungstäter gehören
nämlich auf die Müllhalde der Geschichte !!!

Kurt Kann

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