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Pressefreiheit ja, aber nur für die Hetze gegen den Islam

14. Februar 2006

Oder: mit zweierlei
Maß

Schon lange hat
Europa sich nicht als so sehr um die Meinungsfreiheit bemüht gegeben. Doch
diese Freiheit reduziert sich darauf, den Kulturkrieg gegen die
islamisch-arabische Welt ungehindert führen zu können.

Szenenwechsel:
Als am 4. Februar in München mehrere tausend Demonstranten gegen die
Nato-Tagung marschieren, untersagte die Polizei ein Plakat, das US-Präsident
Bush als Kriegsverbrecher bezeichnete. Mehrere dutzend Menschen, die sich das
Recht auf Meinungsäußerung nicht nehmen lassen wollten, wurden verhaftet. In
den Regimemedien suchte man vergeblich nach den Verteidigern der
Meinungsfreiheit. Die Willfährigkeit erweist sich als so groß, dass sich nicht
einmal für Berichterstattung Platz findet.

Das mag als
Einzelfall abgetan werden. Tatsache ist jedoch, dass im Zuge des Terrorkrieges
systematisch demokratische Rechte abgebaut werden. Kritik am Kriegsregime wird
in die Nähe von Terror gerückt, politische Unterstützung für den Widerstand der
arabisch-islamischen Völker gegen Krieg und Besatzung wird gar kriminalisiert.

Die EU-Liste
„Terroristischer Organisationen“ stempelt beispielsweise alle bewaffneten
Palästinenserfraktionen als Terroristen ab und negiert damit die UN-Charta, die
bewaffneten Widerstand gegen fremde Besatzung ausdrücklich rechtfertigt.

Insbesondere sind
aber Moslems betroffen, die unter Generalverdacht stehen. Guantanamo und andere
US-Folterlager, wo Moslems ohne Recht auf einen Prozess wie Tiere gehalten
werden, sind nur die Spitze des Eisbergs. Nicht nur, dass Europa mit den USA
bei der Schaffung dieser Kategorie von „Untermenschen“ kooperiert. In den
Institutionen, im Medienapparat, in der Zivilgesellschaft breitet sich eine
Islamophobie aus. Auch Europa beteiligt sich am Kulturkampf gegen den Islam.
Hier vermeint man die Aufklärung zu verteidigen. Wie total der Konsens ist,
zeigt der Slogan, den die FPÖ vor kurzem im Wiener Wahlkampf affichieren lies:
„Freie Frauen statt Kopftuch“. Von der KPÖ bis zu den Altrechten am Rande der
FPÖ können sich alle damit identifizieren.

Aber auch der
Ausschluss der französischen Unterschichtenmädchen, die das Kopftuch tragen,
aus den öffentlichen Schulen, fand von ganz links bis ganz rechts Zustimmung –
während die Eliten ihre Sprösslinge in vom ach so laizistischen Staat
mitfinanzierte katholische und jüdische Privatschulen schicken.

Die den
islamischen Religionsstifter verhöhnenden Karikaturen sind keineswegs ein
einzelner Fehlgriff eines rechtsrechten Blattes. Dieses wurde von der dänischen
Regierung, die fest auf der Seite des US-Kriegszuges steht und auch Soldaten im
Irak hat, gegen Proteste in der typischen Arroganz des Westens langte Zeit gedeckt.
Die Karikaturen bringen in einem gewissen Sinn die kulturkriegerische Position
des Kopenhagener Regimes zum Ausdruck. Und es ist kein Zufall, dass eine ganze
Reihe von großen europäischen Zeitungen liberaler oder konservativer
Provenienz, die Karikaturen aus „Solidarität“ nachdruckten und nun heuchlerisch
von der Pressefreiheit schwadronieren.

Die islamische
Welt hat allen Grund und alles Recht gegen die Schändung ihrer Religion zu
protestieren – und wir sprechen den Volksmassen in den Straßen unsere
Solidarität aus.

Doch um diese
Solidarität und Unterstützung verständlich zu machen, muss der Kontext
aufgezeigt werden, und zwar nicht nur der europäische, sondern der globale. Die
Verhöhnung des Propheten steht stellvertretend für die Unterdrückung der nach
vielen hunderten Millionen zählenden islamischen Massen durch den westlichen
Imperialismus und insbesondere durch die USA und Israel.

Der Westen
spricht von der Verteidigung seiner Werte einschließlich der Meinungsfreiheit,
aber diese werden weder den Palästinensern noch den Irakern zugestanden. Wer dennoch
für seine elementare Menschenrechte eintritt, nämlich das auf nationale
Selbstbestimmung, ist Terrorist und damit „enemy combatant“, also Untermensch,
dem keine Rechte zukommen. Damit der unentrinnbare Zirkel perfekt.

Der Westen
gefällt sich als tolerant. Doch diese Toleranz habe Grenzen, heißt es
allenthalben, Grenzen, die durch die „demokratischen Spielregeln“ festgelegt
würden. Wer diese nicht akzeptiere, müsse mit eiserner Faust bekämpft werden. Doch
diese Spielregeln schließen die Hinnahme der globalen Ungleichheit, der
politisch-militärischen Herrschaft des Westens, seines Kulturimperialismus mit
ein. So wird dann auch die Besatzung des Iraks zum Export der Demokratie. Ganz
nach antik-griechischem Vorbild reduziert sich die Demokratie auf eine Elite,
nämlich die kapitalistische Oligarchie und die an sie gebundenen westlichen
Mittelschichten. Die Verdammten dieser Erde bleiben vor verschlossenen Türen hinter
denen das Gelage stattfindet. Es handelt sich um die Demokratie der
Sklavenhalter, in der sich diese selbst dafür beweihräuchern, dass sie ihre
Sklaven gut behandeln – solange sie sich eben an die „demokratischen
Spielregeln“ halten, nämlich den Mund zu halten und sich widerstandslos
ausbeuten zu lassen.

Nicht nur der
Zorn der Muslime ist legitim, sondern auch ihr Widerstand. Er klopft nicht nur
von außen an die Festung Europa, sondern – wie man kürzlich an den französischen
Vorstadtrevolten eindrücklich sehen konnte – es hebt die Sklavenrevolte auch in
ihrem Inneren an.

Dass der Aufstand
der Verdammten dieser Erde eine religiös-kulturelle Form annimmt, macht ihn
seinen potentiellen Verbündeten im Westen, nämlich den Verlierern des
entfesselten Kapitalismus, schwer verständlich. Gewisse Elemente in den
prowestlichen Eliten der islamischen Länder versuchen sogar gezielt vom
politischen Aspekt der Proteste abzulenken, vom Imperialismus wegzulenken und zum
Dampfablassen zu missbrauchen.

Wir betrachten es
daher als unsere Aufgabe die religiös verschlüsselte Botschaft für europäische
Ohren zu übersetzen.

Es geht keineswegs
um die Forderung nach Zensur und Einschränkung der Pressefreiheit, sondern um
die Wiederherstellung der umfassend geschändeten Menschenwürde der Muslime,
letztlich um die Gewährung der selben Freiheiten an die islamische Welt. Frieden
ist nur auf der Basis von Gerechtigkeit möglich. Daher fordern wir im Sinne der
Bewegung:

Schluss mit dem
Kreuzzug gegen den Islam!
Selbstbestimmung
für die islamisch-arabische Welt!
Schluss mit der
Besatzung im Irak und Palästina!
Keine
Unterordnung Europas unter den US-Terrorkrieg!
Nieder mit dem
Amerikanischen Reich!


Antiimperialistische
Koordination

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