Israel, USA und EU wollen Ergebnis
vorschreibenDie Kommunalwahlen im Westjordanland und im
Gazastreifen im Dezember 2005 sowie die Reaktion und die Drohungen des Westens
vor und während der Wahlen haben gezeigt, was die Regierungen der EU und der
USA tatsächlich meinen, wenn sie von „Demokratie“ im Nahen Osten sprechen. Der
ehemalige Nato-Generalsekretär und nunmehrige EU-Außenminister Javier Solana
drohte bei einem Besuch der Besatzungsmacht Israel, dass die EU im Fall eines
Wahlsieges von Hamas jegliche Hilfe für die palästinensische Autonomiebehörde
einstellen würde – im Jahr 2005 waren das immerhin 340 Mio. US-Dollar. Damit
folgte er Stimmen des US-amerikanischen Kongresses und der israelischen
Regierung.
In einigen Städten war es aufgrund des Würgegriffs
der israelischen Besatzungsarmee nicht möglich, die Wahlen abzuhalten,
beispielsweise in Tulkarm. In Hebron (al-Khalil) werden die Kommunalwahlen erst
nach den Parlamentswahlen im Januar stattfinden; das wird von manchen
Kommentatoren als Manöver gesehen, mit dem die Fatah verhindern will, dass Hamas
auch in dieser wichtigen Stadt die Wahl gewinnt. Das bedeutet, dass rund 900000
PalästinenserInnen im Westjordanland und Gazastreifen ihre Stimme noch nicht
abgeben konnten. Nach dem vorläufigen Endergebnis hat Hamas in 29 der 42
Gemeinden, in denen bis jetzt gewählt wurde, gewonnen; damit werden 1,1
Millionen PalästinenserInnen in den 1967 besetzten Gebieten unter
Hamas-Lokalregierungen leben, 700000 unter Fatah-Lokalregierungen, 500000 unter
Koalitionregierungen oder parteiunabhängigen Räten. In der zweitgrößten Stadt des Westjordanlands nach Jerusalem, Nablus,
erhielt Hamas 73% der Stimmen, Fatah nur 13% – damit halten Hamas-Abgeordnete
13 der 15 Sitze im Stadtrat; auch in Jenin (8 von 15 Sitzen), al-Birah bei
Ramallah (9 von 15 Sitzen), Kabalan bei Nablus, Sanur und Yamun bei Jenin
errang Hamas Mehrheiten. Ramallah ist die einzige Stadt, in der Fatah die
Mehrheit hält, und auch das nur aufgrund der für Christen reservierten Sitze im
Stadtrat. Nach dem Wahlergebnis erhalten Fatah und die linke PFLP je sechs
Abgeordnete im Stadtrat.
Der politische Führer von Hamas, Khalid Mish’al,
sagte zu den Drohungen der EU: „Das zeigt, wie bei Demokratie und Freiheit mit
zweierlei Maß gemessen wird. [Die EU] sollte das Wahlergebnis akzeptieren und
dem palästinensischen Volk nicht das Recht absprechen, [seine Führung] selbst
zu wählen.“
Dezember 2005
Quellen: BBC,
Guardian, Aljazeera, Haaretz
PFLP stellt neue Bürgermeisterin von
Ramallah –
Christin mit Stimmen der Hamas gewählt
Die neue Bürgermeisterin von Ramallah gehört
der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) an und wurde mit den Stimmen der
sechs gewählten Vertreter der Volksfront sowie der drei gewählten Vertreter der
Hamas ins Amt gewählt. Die Christin gewann so mit neun Stimmen gegen den
Kandidaten der Fatah, auf den sechs Stimmen entfielen.
Nach Betlehem ist es nun Ramallah die zweite Stadt,
in der jene palästinensischen Kräfte, die gegen die zionistische Kolonisation
und gegen die Korruption kämpfen, sich zusammenschließen. Damit strafen sie
Behauptungen Lügen, dass sich in Palästina die laizistischen und religiösen
Kräfte gegenüberstünden.
5. Januar 2006