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Österreich: Irakischer Widerstand durchbricht Isolation

27. März 2006

Antidemokratische Kampagne der pro-amerikanischen Kräfte gegen Jabbar al Kubaysi’s Besuch gescheitert

Die Veranstaltungen mit Abduljabbar al Kubaysi am 24. und 25. März in Wien waren gesteckt voll. Jeweils an die 200 Menschen waren gekommen, um sich über die Situation im Irak und die Perspektiven des Widerstands aus der Sicht eines Akteurs zu informieren.

Al Kubaysi ist einer der Köpfe des Projekts einer politischen Front des irakischen Widerstands, die alle Strömungen und Organisationen, die auf verschiedene Weise gegen die Besatzung ankämpfen, zusammenfassen soll. Von September 2004 bis Dezember 2005 war er politischer Häftling der US-Besatzungsarmee in Irak. Nun befindet er sich auf einer politischen Tour in Europa, die ihn neben Österreich unter anderem nach Spanien, Italien, Portugal und Frankreich brachte.

Der Veranstaltung war eine intensive Einschüchterungs- und Verleumdungskampagne durch die Unterstützer der Besatzung vorausgegangen. So waren bereits angemietete Hörsäle durch die Universitätsdirektion mit dem Hinweis auf „schwere Sicherheitsbedenken“ gekündigt worden. Ebenso zog das Kolpinghaus eine gegebene Zusage zurück. Doch am schlimmsten wurde die Europa-Parlamentarierin Karin Resetarits drangsaliert.

Speerspitze der Bellizisten ist das „Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands“ (DÖW), das das antifaschistische Erbe auf infame Weise für die Rechtfertigung des amerikanischen Krieges und die Diffamierung des Widerstands als terroristisch missbraucht. Die Antiimperialistische Koordination (AIK), auf deren Einladung sich al Kubaysi in Österreich befand, wird vom DÖW als „antisemitisch“ verleumdet. Der Grund ist unser Eintreten für einen gemeinsamen demokratischen Staat in ganz Palästina für Juden und Araber und gegen einen jüdischen Separatstaat, der gar nicht anders kann als die palästinensische Ursprungsbevölkerung zu entrechten und zu unterdrücken. Das halbstaatliche DÖW ist seit 1989/91 zur Lobby Israels verkommen und tritt dabei das Andenken an den vor allen kommunistischen Widerstand in den Dreck. Dieser richtete sich gegen das kapitalistische Weltsystem und trat nicht für dieses ein, dessen Speerspitze heute die USA und ihre Verbündeten sind.

Hassbriefe wurden aber auch von der Israelitischen Kultusgemeinde, der Irakischen Kommunistischen Partei, den Handlangern der Marionetten-Regierung in Bagdad (SCIRI) sowie den diversen antinationalen Schreibtischtätern verschickt.

Doch die Stimme des Widerstands konnte nicht zum Schweigen gebracht werden. Nicht nur, dass noch nie so viele Menschen durch ihre Anwesenheit ihre Solidarität mit dem irakischen Widerstand zum Ausdruck brachten, sondern auch die Teilnahme und Dialogbereitschaft Leo Gabriels vom Sozialforum zeigten, dass der Widerstand als Faktor für eine gerechten Frieden im Irak angesehen wird. Doch auch Resetarits, die ihre Teilnahme aufgrund des großen Drucks letztlich doch zurückzog, distanzierte sich nicht, wie es die Neokolonialisten verlangen.

Inhaltlich betone al Kubaysi, dass entgegen den Medienberichten die konfessionellen Konflikte die Einheit des arabischen Irak noch nicht erschüttert hätten. Diese würden von den Besatzern und ihrer proiranischen Marionettenregierung um al Hakim geschürt. Doch die Tatsache, dass die unter den armen schiitischen Massen dominante Bewegung Muqtada al Sadrs gegen die konfessionalistische Verfassung und für die Einheit mit den Sunniten auch nach dem Anschlag von Samarra mobilisiert, falsifiziere die Behauptung, dass nur die US-Truppenpräsenz den Bürgerkrieg hintanhalten könnte. Die Spaltung liefe nicht zwischen Sunniten und Schiiten, sondern zwischen Besatzungsgegnern und -befürwortern in beiden Konfessionen. Letztlich würde sich Muqtada al Sadr der Widerstandsfront anschließen, doch dazu bedürfe es noch eines guten Stück Arbeit.

Al Kubaysi prognostizierte, dass es den proiranischen schiitischen Kräften gerade aufgrund der schwelenden Feindschaft mit der arabistischen Sadr-Bewegung nicht gelingen würde eine Regierung zu bilden und der kurdische Präsident Talabani letztlich den CIA-Favoriten Iyad Allawi als Premier nominieren werde. Da dieser bei allen Volksgruppen verhasst ist, werde das dem Widerstand nur weiteren Auftrieb geben.

Leo Gabriel rief seinerseits zum Dialog mit dem irakischen Widerstand auf. Doch mahnte er ein, dass allein militärische Mittel nicht ausreichten, um dem imperialen Terrorismus Herr zu werden. Es bedürfe einer Vielfalt von Aktionen auf allen Ebenen und vor allem auch der globalen Antikriegsbewegung, um die USA und ihre Verbündeten zu stoppen. Er verwies auf die Erfolge der Bewegung gegen den Vietnamkrieg gerade in den USA selbst. Was den Irak betrifft, so merkte er kritisch gegenüber al Kubaysi an, dass das von jenem vorgeschlagene und scheinbar vom revolutionären Frankreich inspirierte Verfassungskonzept der gleichen und freien Bürger nicht ausreiche. Nach lateinamerikanischem Vorbild müssten Autonomieräume für religiöse und nationale Minderheiten geschaffen werden.

Seitens der Antiimperialisten wurde nochmals unterstrichen, dass das Ende der Besatzung und ein gerechter Frieden vor allem von der Entwicklung des Widerstands des irakischen Volkes abhänge. Die Antikriegsbewegung dürfe nicht weiter den Fehler machen, sich selbst in den Mittelpunkt zu stellen und ihre „politisch korrekten“ Vorstellungen dem Widerstand aufzuzwingen, sondern müsse diesen unterstützen. Nur die Zusammenfassung der verschiedenen Zentren des Volkswiderstands gegen das Amerikanische Imperium in einer antiimperialistischen Front, so wie sie auch von Hugo Chavez, dem venezolanischen Präsidenten, vorgeschlagen wurde, könne zum Ende des Terrorkrieges und zum Sturz der imperialen Tyrannei führen.

Das Angebot Gabriels zum Dialog wurde gerne angenommen. Seine erste Nagelprobe könnte indes sehr bald kommen, nämlich anlässlich der Mobilisierung gegen den Bush-Besuch am 21. Juni in Wien, wo die um das Sozialforum gruppierten Kräfte dazu aufrufen sind, die Antiimperialisten als Bestandteil der Bewegung zu akzeptieren und von den bisherigen Spaltungs- und Ausschlussversuchen Abstand zu nehmen.

Antiimperialistische Koordination
Wien, 27. März 2006

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