Bericht von der 4.
Kairo-Konferenz
Bereits zum vierten Mal trafen sich heuer
in Kairo europäische und arabische Organisationen und Aktivisten zu einer
Konferenz gegen Globalisierung, Imperialismus und Zionismus, in Unterstützung
des Widerstands im Irak und in Palästina. Getragen wurde diese Konferenz von
den Moslemischen Brüdern, der Islamischen Arbeitspartei (Amal), der
Karama-Partei (nasseristisch), der linken Tagammu-Partei und den Revolutionären
Sozialisten Ägyptens. Die Hauptkraft aus Europa war die englische SWP
(Socialist Workers Party), daneben nahmen jedoch heuer auch andere
internationale Delegationen an der Konferenz teil, darunter eine große
Abordnung aus Griechenland in Vorbereitung des Europäischen Sozialforums,
Organisationen aus der Türkei, Schottland, Deutschland u.a., sowie das Komitee
Freier Irak Norwegen, das Antiimperialistische Lager und der Arabische
Palästina Club aus Wien, die bereits in den vergangenen Jahren der Konferenz
beigewohnt hatten.
Die Hauptthemen, die diskutiert wurden,
leiteten sich aus der aktuellen politischen Situation nicht nur in Ägypten
sondern weltweit ab. Die Frage des irakischen Widerstands war nach wie vor
zentral. Unwidersprochen blieb auch in der Abschlusserklärung die bedingungslose
Unterstützung des irakischen Widerstands und die Anerkennung desselben als
einzig legitime Vertretung des irakischen Volkes.
Weiters stand natürlich der Wahlsieg der
Hamas in Palästina auf der Tagesordnung. Die Konferenz gratulierte der Hamas zu
ihrem Sieg und begrüßte die Entscheidung des palästinensischen Volkes für den
Widerstand, gegen die Korruption und den Ausverkauf der unveräußerlichen
nationalen Rechte der Palästinenser auf nationale Selbstbestimmung. Bei der
abschließenden Pressekonferenz richtete der Hamas-Vertreter aus dem Libanon
klare Worte an die anderen palästinensischen Fraktionen, sich nicht vor der
Verantwortung zu drücken und sich an der Regierung der Hamas zu beteiligen. Er
bekräftigte, dass die Hamas nicht bereit sei, Israel anzuerkennen, im
Gegenteil, anstatt von der Hamas zu fordern dies zu tun, sei die Forderung an
die arabischen und westlichen Staaten gestellt, eben diese Anerkennung des
Staates Israel wieder zurückzunehmen. Auch stellte er die Forderung nach einer
Neustrukturierung und politische Neuorientierung der PLO, vor allem, dass die
Repräsentanten gewählt und nicht ernannt werden sollten. Was inakzeptabel sei,
sei die Haltung der Fatah, die anstatt den demokratischen Willen des palästinensischen
Volkes zu respektieren sich nun jüngst erlaubt hat, die Hamas von der palästinensischen
Delegation zum Arabischen Gipfel auszuschließen.
Bei den Diskussionen zur Frage der Demokratie
in den arabischen Ländern wurde klar gegen ausländische, insbesondere
US-amerikanische Einmischung Stellung bezogen.
In einer eigenen Erklärung gegen die
Aggression gegen den Iran wurde der 6. Mai 2006 als internationaler Aktionstag
festgelegt. Der 6. Mai wurde gewählt, da an diesem Tag die Auftaktdemonstration
des Europäischen Sozialforums in Athen stattfinden wird.
Weiters findet sich in der allgemeinen
Erklärung die Aufforderung auch in Europa Aktionen in Unterstützung des
Widerstands abzuhalten.
Der Passus, der vom norwegischen Komitee
Freier Irak erfolgreich in die Abschlusserklärung hinein reklamiert worden war,
steht in Konflikt mit der Haltung der SWP in England. Die Mobilisierungen gegen
den Krieg waren immer auf der breiten Grundlage „Stoppt den Krieg“ und „Bringt
unsere Truppen heim“ erfolgt, ohne zum Widerstand Stellung zu beziehen. Dies
geschah stets mit dem Argument der Bewegung zu schaden, würde man der
expliziten Unterstützung des Widerstands Raum geben. Dabei wird die Tatsache
ignoriert, dass in einem Klima der Kriminalisierung nicht nur des Widerstands,
sondern auch der politischen Unterstützer desselben in Europa, die offene Stellungnahme
für eben diesen die einzige mögliche Verteidigung darstellt. Der Versuch mit
dieser Position in der Antikriegsbewegung Hegemonie zu gewinnen oder –
realistischer ausgedrückt – nicht mehr ausgeschlossen zu werden und offen
sprechen zu können, heißt nicht die Bewegung zu spalten, sondern ihr mehr
politische Schärfe und Klarheit zu verleihen.
Die Organisatoren der Konferenz verblieben
damit, sich an der Vorbereitung des Sozialforums in Kairo nächstes Jahr vom
22.-25. März zu beteiligen.
Bei der abschließenden Pressekonferenz kam
es zu einem Schlagabtausch zwischen Podium und einigen mehrheitlich irakischen
Konferenzteilnehmern über die Frage des Iran, und ob dieser in seinem Streben
nach regionalem Einfluss nicht die arabische Souveränität und Identität
bedrohe. Außerdem berichteten die Organisatoren, dass Vertreter aus dem Irak
und Jordanien kein ägyptisches Visum erhalten hatten und ihnen somit die
Teilnahme an der Konferenz verunmöglicht worden war. Auf die Frage, ob es
richtig sei, dass Saddam Husseins Tochter hätte kommen wollen, jedoch nicht
erwünscht gewesen wäre, hieß es, dass die Konferenz sich entschlossen hätte,
sie nicht als Hauptrednerin einzuladen, um Konflikte zu vermeiden, sie aber als
normale Teilnehmerin hätte kommen können.
Den Abschluss der Konferenz bildete eine
Kundgebung auf den Stufen des Gebäudes der Journalistengewerkschaft, in welchem
die Konferenz stattgefunden hatte. Im Gegensatz zu letztem Jahr, als sich die
Teilnehmer einem riesigen Polizeiaufgebot gegenüber sahen, waren heuer keine
Uniformierten zu sehen, wenn auch die Kundgebung von Zivilpolizei aus einiger
Entfernung beobachtet wurde.
Doris Höflmayer
Kairo, 28. März 2006