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Die Oligarchen

7. April 2006

Anmerkungen über den ÖGB-Skandal

Die Geschichte ist mittlerweile ziemlich bekannt geworden: Der Österreichische Gewerkschaftsbund hat eine Bank. Die BAWAG. Die zockt mit Hilfe von off-shore Finanzplätzen in der Karibik, bei bestimmten hoch-riskanten Wertpapieren hatte die BAWAG eine führende Position unter den Börsehändlern – nicht in Wien, auch nicht in Frankfurt, sondern in New York. Wie bei hochriskanten Finanzoperationen üblich: manchmal verliert man. Um den Konkurs der Bank zu verhindern, setzt der ÖGB den Streikfond der Gesellschaft als Sicherheit ein – wäre die Rettung nicht gelungen, wäre dieser weg gewesen. Im Übrigen werden die Bilanzen frisiert, um die Sache zu vertuschen, offensichtlich nicht gut genug, sonst wäre man nicht aufgeflogen.

Der neoliberale Kapitalismus macht, so scheint es, auch vor der Gewerkschaft nicht halt. Beeindruckend ist tatsächlich das Ausmaß der Verfilzung der Eliten: Verzetnitsch war ÖGB-Präsident, Nationalratsmandatar, sowie Aufsichtsratsmitglied der BAWAG. Für eine 200 m…² Dachterassenwohnung in der Innenstadt hat er 1200 Euro Miete bezahlt. Zufällig gehört das Objekt der BAWAG.

Was sind die Deklarationen des ÖGB über ein „soziales Europa“ wert? Hier drängt sich der Eindruck auf: nicht der Gewerkschaftsbund hat eine Bank besessen, sondern die BAWAG sich eine Gewerkschaft gehalten, um hin und wieder auszuhelfen, wenn man sich einmal zu heftig verspekuliert. Für die BAWAG gilt, genau wie für das restliche „rote“ Bankenimperium, von der BA-CA zur Wiener Städtischen: Der Unterschied zu den anderen (schwarzen) Banken ist einzig jener, dass SP-Seilschaften und nicht die Kartellbrüder der ÖVP Pfründe und Posten zugeschoben bekommen. Eine „Bank für Arbeitnehmer“ ist die BAWAG mit Sicherheit nicht. Eine „Bank für Arbeitnehmervertreter“ wohl eher, letztlich ist die BAWAG aber, wie alle anderen Banken auch, eine „Bank für Banker“.

Der ÖGB-Skandal macht einmal mehr klar, dass dieses Land von einer wirtschaftlich-politischen Oligarchie kontrolliert wird, die letztlich (auch wenn sie in eine rote und eine schwarze Reichshälfte gespalten ist) gleichlautende Interessen gegenüber dem Rest der Bevölkerung hat. Und nicht ein Iota Unrechtsbewusstsein. Gleich nach Auffliegen des Skandals wollte Bürgermeister Häupl Fritz Verzetnitsch einen Orden verleihen. Für Verdienste um den Finanzplatz Wien, ob der „Rettung“ der BAWAG. Passt ins Bild.

Der Beschluss des ÖGB-Präsidiums zum Verkauf der BAWAG ist sicherlich ein vernünftiger. Aber letztlich kann der Ausweg nicht rein gewerkschaftlich gefunden werden. Eine Reform und Umgestaltung des ÖGB ist nicht ausreichend, abgesehen davon, dass die Gewerkschaftsspitzen sich wohl kaum selbst entmachten werden. Letztlich muss die Antwort aber eine politische sein: Der Herrschaft der Oligarchie – die nicht nur die Gewerkschaft betrifft – muss eine politische Alternative entgegengesetzt werden. Jenseits der Sozialpartnerschaft, jenseits des ewigen Wechsels von Mitte-Links und Mitte-Rechts, jenseits der institutionalisierten Korruption und des Postenschachers.

Antiimperialistische Koordination (AIK)

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