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Für das vergesellschaftete Eigentum, gegen die Verscherbelung der Bawag

10. April 2006

von Gerhard Drexler

Am 27. März spätabends erschien auf der Homepage der Kommunistischen Initiative Wien (KI) ein Artikel, in dem unter anderem der Verkauf der BAWAG durch den ÖGB gefordert wurde und am 31. März wurde dann noch ein Artikel nachgereicht, in dem diese Forderung bekräftigt und durch das folgende Zitat ergänzt wurde: „Die BAWAG war nie eine Arbeiter-Bank, weil es eine solche unter kapitalistischen Verhältnissen nicht gibt. Die BAWAG ist auch keine soziale oder kommunale oder staatliche Einrichtung, die demokratisch kontrollierbar war oder wäre“ als wenn eine Gewerkschaftsbank per se nicht demokratisch kontrollierbar sein könnte. Die Veröffentlichung meines im untenstehenden Artikel dargelegten Gegenstandpunktes wurde daraufhin mit der Begründung abgelehnt: „Sicher sehen wir uns auch als Diskussionsorgan, aber das kann und soll nicht bedeuten, dass wir für alles offen sind und uns selbst verarschen“ wobei vordergründig auf den – zugegeben – etwas provokanten Titel des Beitrags (über den man hätte reden können) Bezug genommen wurde, man sich aber in Wirklichkeit damit die Auseinandersetzung mit der eigentlichen Problematik erspart hat.

Einmal ganz abgesehen davon, dass ich niemand verarschen wollte und ich nach wie vor der Meinung bin, dass das in dem Artikel gar nicht zum Ausdruck kommt, geht es mir ausschließlich um die Frage des vergesellschafteten Eigentums und darüber hinaus um die Glaubwürdigkeit marxistischer Positionen. Wenn Menschen, die stets gegen die Privatisierung öffentlichen Eigentums einschließlich der sich ehemals mehrheitlich im staatlichen Eigentum befindlichen Großbanken und der im Kommunalbesitz befindlichen Zentralsparkasse der Gemeinde Wien mit dem schließlichen Verkauf an die Bayrische HypoVereinsbank aufgetreten sind, jetzt auf einmal „weg mit dem Krempel“ rufen konterkarieren diese Personen doch nur nachträglich ihre früheren Positionen!

Das hat überhaupt nichts mit der Einschätzung und der Kritik an den derzeitigen Strukturen und der Führung des ÖGB und der BAWAG zu tun, hier teile ich die Einschätzungen der AIK (und auch der KI) vollinhaltlich, doch das rechtfertigt nur die Forderung nach einer Änderung eben dieser Strukturen und nicht auch gleich die Forderung nach dem Verkauf (=Privatisierung) der Bank. Ich kann eben nicht auf der einen Seite ständig gegen die Privatisierungen auftreten und dann sagen, weg mit der Bank, denn mit dieser Bank kann man sich nur schmutzig machen. Wenn ich so agiere werde ich unglaubwürdig! Sicher, bei einer Bank ist das eine wesentlich sensiblere Frage als bei einem staatlichen oder kommunalen Betrieb der Daseinsvorsorge, aber gerade deshalb ist eine konsequente Einstellung notwendig. Eine Bank für die Werktätigen muss nicht, ja darf weder in Öl noch in riskanten Termingeschäften spekulieren oder hochspekulative off-shore Geschäfte tätigen, sie darf keine Abfangjäger vorfinanzieren etc., aber die sich hier stellende Frage lautet doch: muss das eine Bank unbedingt tun, um in der heutigen Zeit existieren zu können? Ich sage nein, sie muss das nicht!

Unser heutiges Leben ist ohne Banken nicht mehr vorstellbar, denn Banken greifen in das Leben jedes Werktätigen ein. Abgesehen von der Notwendigkeit ein Gehalts- bzw. Pensionskonto zu haben ist in Zeiten der zunehmenden Unsicherheit und des Sozialabbaues jeder gezwungen selbst sowohl für Zeiten von Arbeitslosigkeit, Notfällen etc. als auch für die Ausbildung seiner Kinder und für sein eigenes Alter Rücklagen anzulegen, und es kann einem Marxisten deshalb nicht egal sein, wo sein Konto geführt wird, wo er sein Sparbuch eröffnet und was mit seinem Geld gemacht wird.

Wenn, wie von Helmuth Fellner behauptet wird, die BAWAG tatsächlich nie eine Arbeiterbank gewesen ist wurde sie doch als eine solche gegründet; der ursprüngliche Gedanke war ein gemeinwirtschaftlicher ebenso wie Jahrzehnte vorher bei den Raiffeisenkassen, und gerade diese hatten von ihrem Konzept her nicht nur ein gemeingesellschaftliches, sondern ein geradezu soziales Anliegen ähnlich demjenigen, mit dem die damalige Arbeiterbank gegründet wurde. Das hat auch lange Zeit halbwegs funktioniert ebenso wie die zahlreichen Sparkassen diverser Kleinstädte durchaus auch positive Aufgaben wahrgenommen und Gemeinschaftsprojekte, Infrastruktur etc. vorfinanziert haben.

Wenn jemand behauptet das war einmal, doch auf gemeinwirtschaftlichen Prinzipien kann man heute keine Bank mehr führen und deshalb muss die BAWAG schleunigst privatisiert werden hat er nicht nur resigniert, sondern er macht es sich einfach zu leicht! Er sollte sich nämlich spätestens an dieser Stelle die Frage stellen was in diesem Fall die Konsequenz wäre?

Ein ähnliches Schicksal wie das der Zentralsparkasse der Gemeinde Wien – BA – BACA – Verscherbelung an die HypoVereinsbank und die derzeitige (vorläufige?) Landung bei der italienischen UniCredit wäre vorprogrammiert.

Und was, wenn die BAWAG nach der Privatisierung und einer entsprechenden Odyssee am „freien“ Markt schließlich bei der Chase Manhattan Bank oder einer anderen amerikanischen Großbank landet und mit den Ersparnissen der österreichischen Werktätigen der Irakkrieg (oder ein anderer künftiger Krieg) mitfinanziert wird? Höre ich da vielleicht: „Na, man kann ja auch die Bank wechseln!“ Moment Mal, angeblich sind ja alle Banken so, denn anders können sie gar nicht geführt werden … oder stimmt das doch nicht?

Da sind auf einmal viele Fragen offen! Ich jedenfalls bin für eine weiterhin im Besitz des ÖGB verbleibende BAWAG.

Der ÖGB muss sich grundsätzlich ändern, und mit ihm muss sich die BAWAG grundsätzlich ändern. Wird allerdings die BAWAG verscherbelt so kann sie sich nicht ändern!

GUSI’S VOICE?

Eine Entgegnung zur Presseaussendung der KI vom 27. März 2006

Am 27. März 2006 erschien auf der Homepage der Kommunistischen Initiative eine von Helmuth Fellner verfasste Presseaussendung der KI zum Rücktritt von Fritz Verzetnitsch als Folge des BAWAG Debakels, in der es unter anderem heißt:

„Gewerkschaften brauchen weder Banken zu besitzen, noch an ihnen beteiligt zu sein, sie brauchen auch keine Fachhochschulen zu betreiben, sie haben auch nicht die Interessen des Staates, einer Regierung – oder meinetwegen von deren Opposition -, einer Partei, der Wirtschaft, aller Menschen oder sonst jemandes zu vertreten, sondern die Interessen ihrer Mitglieder, der Lohnabhängigen, der Werktätigen – wie auch immer.“

Also, zuerst einmal, Gewerkschaften vertreten auf Grund ihrer Kollektivvertragsfähigkeit immer die Interessen aller Werktätigen und nicht nur die ihrer Mitglieder, denn die ausgehandelten Kollektivverträge gelten für alle, egal ob sie ÖGB Mitglieder sind oder nicht; deshalb gibt es kein “ … wie auch immer“ (Auf die Feinheiten des tatsächlichen Abschlusses durch AK oder ÖGB will ich nicht näher eingehen, denn de facto verhandelt immer die Gewerkschaft).

Aber darum geht es hier ja gar nicht, es geht um die gerade in dieser Situation (!) gemachte Feststellung, dass Gewerkschaften keine Banken zu besitzen brauchen. Ist euch von der KI-Wien eigentlich klar, dass ihr euch hier in den Chor derer einreiht, die vom ÖGB den Verkauf der BAWAG verlangen, oder ist das womöglich gar eure Absicht?

Wir Marxisten jedenfalls haben uns immer gegen die Privatisierung von für die Volkswirtschaft wichtigen Unternehmen ausgesprochen, und dazu gehört zweifelsohne eine österreichische Großbank wie die BAWAG, wobei wir immer generell für die Vergesellschaftung und nicht bloß für die Verstaatlichung im engeren Sinn eingetreten sind, also auch Kommunalbesitz, Genossenschaftsbesitz etc. ist ebenso wie der Besitz durch den Österreichischen Gewerkschaftsbund ein vergesellschafteter Besitz im Gegensatz zum Privatbesitz, egal ob dahinter ein internationaler Großkonzern oder ein einheimischer Großkapitalist vom Schlage eines Josef Taus, Hannes Androsch oder wer auch immer stehen. Die Verscherbelung der Österreichischen Bierindustrie durch einige österreichische Bierbrauerfamilien an einen holländischen Großkonzern ist dafür genauso ein Musterbeispiel wie das wechselhafte Schicksal der ehemaligen im Gemeindebesitz stehenden Zentralsparkasse der Gemeinde Wien. Soll der BAWAG ein ähnliches Schicksal bevorstehen?

Wenn es nach der Sozialdemokratie geht dann ja, denn der Horizont eines Alfred Gusenbauer reicht nur bis zur kommenden Wahl und seinen Chancen dabei Bundeskanzler zu werden, gesamtösterreichisches Verantwortungsbewusstsein ist dabei nicht auszumachen. Und wenn die verbürgerlichten Grünen ebenso wie die Regierungsparteien ÖVP und BZÖ, die Industriellenvereinigung und die Bundeswirtschaftskammer die Privatisierung der BAWAG verlangen, wundert es auch nicht! Doch die KI? Das verwundert doch einigermaßen!

Gerade in Zeiten wie diesen, in denen sämtlichen – ich betone sämtlichen – politischen Parteien das Schicksal der werktätigen Bevölkerung in unserem Land völlig egal ist und alle nur ihre Gruppeninteressen im Sinn haben ist es ungemein wichtig, dass die BAWAG nach wie vor zu 100% im Besitz des ÖGB bleibt!! Rein wirtschaftlich wäre das ja durchaus möglich, der Verkaufsdruck entspringt ausschließlich politischen Vorgaben. Nur müsste die zukünftige BAWAG nach anderen Kriterien geführt werden, als Bank ausschließlich für die werktätige Bevölkerung unseres Landes, als die sie schließlich auch in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen gegründet wurde.

Zurück zum eingangs angeführten Zitat. Ja, ich bin der Meinung, dass es für die werktätige Bevölkerung besser wäre, der ÖGB würde sich nicht von der BAWAG trennen statt diese zu verscherbeln; und wenn der neu ernannte Generaldirektor der BAWAG das anders sieht, dann soll er sofort wieder den Hut nehmen! Ich bin auch dafür, dass der ÖGB seinen eigenen Verlag betreibt und ich bedaure den Niedergang von Verlagen wie Jugend und Volk und der Gewerkschaftsdruckerei Elbemühl! Ich bin auch für gewerkschaftseigene Bildungseinrichtungen einschließlich einer von der Gewerkschaft unterstützten Fachhochschule. Starke Gewerkschaften müssen von rein kapitalistischen Einrichtungen unabhängig sein, wichtig dabei ist allerdings wie und zu wessen ausschließlichen Nutzen diese Unternehmen im Gewerkschaftsbesitz geführt werden und welche Inhalte in Verlagen des Gewerkschaftsbundes verlegt und welche Inhalte auf gewerkschaftsnahen Bildungseinrichtungen gelehrt werden!

In diesem Sinn weiterhin für wirtschaftliches Eigentum im Besitz des ÖGB!

Gerhard Drexler
Wien, am 2. April 2006

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