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Zum Rücktritt von Fritz Verzetnitsch

10. April 2006

von Helmuth Fellner

Der Schritt, den Verzetnitsch bis zuletzt noch kategorisch ausschloss, war mehr als überfällig. Sein designierter Interims-Nachfolger Hundstorfer lässt noch Schlimmeres befürchten: Noch mehr „Sozialpartnerschaft“, noch mehr Anpassung, noch mehr Machtspiele (siehe Gemeinde), noch weniger Kampf um die Interessen der arbeitenden Menschen.

Diskussionen um die Rolle und Qualität des obersten Gewerkschaftsbosses waren bisher im ÖGB hauptsächlich von Macht- und Ränkespielen, welche Einzelgewerkschaft wie „stark“ sei, welcher Gewerkschafter welche Rolle in der SPÖ, in diversen politischen Gremien, in Regierungen etc. spiele oder spielen solle, geprägt. Nun trat jene Facette der ÖGB-Politik deutlich zutage, gegen die ausschließlich kommunistische und linke GewerkschafterInnen immer zu Felde gezogen sind: ein Filz aus Geld, Macht und „Sozialpartnerschaft“.

Verzetnitsch war Betreiber und Gefangener dieses Systems. Er war nie ein kämpferischer Gewerkschafter, die geölte Achse mit der Wirtschaftskammer war ihm immer wichtiger als die Straße, als Streik, Widerstand und kämpferische Interessensvertretung. Daher hält sich der Schmerz für engagierte und kämpferische Gewerkschafter wegen seines Rücktrittes auch in sehr überschaubaren Grenzen. Aber Verzetnitsch ist ein Auswuchs eines Systems, das auch ohne ihn weiterleben wird. Gewerkschaftliche Positionen sind immer noch Sprungbrett in Gemeinderäte, in Landtage, ins Parlament, in Regierungen (vor allem, aber nicht nur in der SPÖ). Der ÖGB war nie unabhängig, höchstens von seinen Mitgliedern, die monatlich Millionenbeträge für einen aufgeblähten, aber im Interesse der Arbeiter und Angestellten kaum effizienten Apparat, für obskure (von Lateinisch obscurus = dunkel) Geschäfte, für Privilegien der Gewerkschaftsspitzen usw. berappen müssen.

Es gehört mit eisernem Besen ausgefegt, im ÖGB. Das ist einfacher, als immer getan wird. Gewerkschaften brauchen weder Banken zu besitzen, noch an ihnen beteiligt zu sein, sie brauchen auch keine Fachhochschulen zu betreiben, sie haben auch nicht die Interessen des Staates, einer Regierung – oder meinetwegen von deren Opposition -, einer Partei, der Wirtschaft, aller Menschen oder sonst jemandes zu vertreten, sondern die Interessen ihrer Mitglieder, der Lohnabhängigen, der Werktätigen – wie auch immer. Und da wären vorrangig auch keine höheren politischen und gesellschaftlichen, sondern zunächst einmal die unmittelbaren ökonomischen und sozialpolitischen Interessen zu berücksichtigen und zu vertreten.

Es muss einer Gewerkschaft um höhere Löhne, um besseres Sozial- und Arbeitsrecht, um Kollektivverträge, die diesen Namen auch wert sind, um Mindestlöhne, um anständige (statt ständig reduzierter „sterbehilfe“-ähnliche) Pensionen gehen. Dafür muss sie eintreten, dafür sollte sie kämpfen. Dazu bedarf es aber einer sehr weitgehenden Demokratisierung des ÖGB und seiner Teilgewerkschaften, einer klaren Orientierung an den Interessen der Mitglieder wie auch der sonstigen Lohnabhängigen. In allen wichtigen Fragen wären also Urabstimmungen durchzuführen, die Organe und Leitungen für einfache Betriebsräte und Mitglieder weit zu öffnen. Unabhängig von ihrer Fraktionszugehörigkeit oder sonstigen politischen Haltungen sollten zu wählende und gewählte Funktionsträger danach beurteilt werden, ob sie die Interessen der Arbeiter und Angestellten vertreten.

Dies war mit dem sozialpartnerkonsenssüchtigen Verzetnitsch kaum zu machen, dies wird mit dem eher als Dienstgeber in der Gemeinde Wien agierenden Hundstorfer erst recht nicht zu machen sein, sondern wohl nur mit gehörig mehr Druck von unten. Dafür müssen wir alle, die seit Jahren mit dem Ducken, Mauscheln und Nachgeben in den Gewerkschaften unzufrieden sind, gemeinsam sorgen, quasi als demokratisierende Erstmaßnahme auch über Fraktionsgrenzen hinweg !

Presseaussendung der Kommunistischen Initiative [KI]
Übernommen von www.kommunisten.at

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