Mit
dem kapitalistischen Menschen den Kapitalismus überwinden?
Seit Ende der 80er
Jahre spricht man von der Krise der politischen Parteien. Damit im Zusammenhang
steht die Idee, das gesellschaftliche System sei nicht mehr von einander
gegensätzlichen sozialen Klassen mit ihren jeweiligen politischen Vertretungen
geprägt, sondern löse sich in einer Zivilgesellschaft auf, die in wechselnden
Bündnissen über „Pressure Groups“ ihre Interessen dem Staat gegenüber
artikuliert. In der Linken ist bereits nach dem Ende der 68er Revolten und ihren
marxistischen Ausläufern in den 70er Jahren mit dem Aufkommen der Frauen- und
Ökologiebewegung die Debatte über die Aktualität oder das Ende einer
„leninistischen Avantgardepartei“ entstanden. Der Neoliberalismus bereitet zwar
immer deutlicher eine neuerliche soziale Spaltung der Gesellschaft vor, jedoch
ist in den neuen Akteuren die alte, organisierte Arbeiterklasse kaum mehr zu
erkennen. Ist damit die leninistische Parteiform tatsächlich ein Auslaufmodell?
Die Antiglobalisierungsbewegung scheint dies vordergründig zu bestätigen. Ihre
Strukturen und Aktionsformen haben kaum Berührungspunkte mit den linken
Organisationen früherer Etappen des politischen und sozialen Kampfes.
Gleichzeitig drängt sich die Frage auf, ob nicht die Schwierigkeiten dieser
Bewegung, nachhaltig die gesellschaftliche Entwicklung zu beeinflussen, gerade
in ihrem „Kult der Bewegung und Horizontalität“ einen ihrer Gründe hat. Nicht
zuletzt streben heute selbst wichtige Teile der Bewegung die Gründung einer
„neuen Linkspartei“ an.
Ziel dieses
Themenblockes ist es, anhand von Texten, die die historische Debatte um die
Rolle der parteimäßigen Organisation für einen revolutionären Umbruch
beleuchteten, eine Diskussionsgrundlage für die Auseinandersetzung mit den
neuen Konzepten der „sozialen Bewegung“ zu erarbeiten. Einige Ausgangspunkte unserer
Diskussion sind:
W.I. Lenin: Was tun? –
Wie entsteht politisches Bewusstsein über die Notwendigkeit einer
revolutionären Veränderung? Ist es ein spontaner Prozess aus der sozialen
Bewegung oder ein Element, das, wie Lenin meint, von einer Elite von
„Berufsrevolutionären von außen“ in die sozialen Subjekte der Umwälzung
getragen wird?
Texte:
Lukac: Lenin – Studie über den Zusammenhang
seiner Gedanken
Trotzki: Die Lehren des Oktobers
Rosa Luxemburg: Partei,
Massenstreik und Umsturz – Eine Kontroverse mit Lenin: Lag in Lenins „Partei
des Umsturzes“ und ihrer zentralistischen Struktur bereits die Grundlage der
späteren Bürokratisierung oder war sie die Voraussetzung der siegreichen
Revolution? Ist die Partei oder die soziale Massenbewegung der Motor der
Revolution?
Texte:
Luxemburg: Organisationsfragen der russischen
Sozialdemokratie
Luxemburg: Massenstreik, Partei und
Gewerkschaften
Von der Zivilgesellschaft zur soziale Bewegung
zur… ? Eine aktuelle Auseinadersetzung mit der „Bewegung der Bewegungen“: Gibt
es eine Bewegung ohne Führung? Wie weit geht die Macht einer
zivilgesellschaftlichen Bewegung gegen einen immer „unzivilisierteren“ Staat?
Nehmen die neuen linken Führer (z.B. Hugo Chávez) den „sozialen Bewegungen“
ihren Protagonismus?
Texte:
Hardt/Negri: Empire – Die neue Weltordnung
(Teil IV)
Für ein anderes Europa – Linksparteien im
Aufbruch
Eine Andere Welt – Das Weltsozialforum