Als Hugo Chavez in seiner Rede am
Weltsozialforum in Caracas zum Aufbau einer antiimperialistischen Front
aufrief, hatte er damit jene entscheidende Aufgabe benannt, die vor uns liegt.
Der Aufbau einer antiimperialistischen Linken ist jene Herausforderung, der wir
uns in der aktuellen Situation stellen müssen. In diesem Aufruf an das WSF
kritisierte Chavez klar die Form der Politik in den Sozialforen. Das vierte
Europäische Sozialforum in Athen stellte uns neuerlich vor die Frage, wie wir
uns diesem Ereignis gegenüber verhalten sollten. Wie schon in Thessaloniki und
in Mumbai hat sich das Antiimperialistische Lager, dessen österreichischer Teil
die AIK ist auch diesmal dafür entschieden, sich an einem eigenständigen
Projekt außerhalb des ESF zu organisieren. Das Internationale
Antiimperialistische-Antikapitalistische Treffen war der Versuch, die radikale
Linke und die antiimperialistischen Kräfte zu formieren.
Das Internationale
Antiimperialistische-Antikapitalistische Treffen fand vom 4. bis 7. Mai an der Panteion Universität in Athen statt. Das Treffen wurde
von einem Bündnis aus der Kommunistischen Partei Griechenlands –
Marxistisch-Leninistisch (KKE-ML), aus der Neuen Linken Strömung (NAR), der
Revolutionären Arbeiterpartei (EEK) und der Revolutionären Kommunistischen
Bewegung (EKKE) organisiert. Diese Organisationen bildeten den Kern jener
Kräfte, die eine Beteiligung am ESF ablehnten. Das Internationale Treffen bewies die Anziehungskraft eines solchen Projektes. Es zeigte
deutlich, dass es ein Bedürfnis nach einer Politik außerhalb des ESF gibt.
Inhaltlich wurden dabei die entscheidenden
Themen des antiimperialistischen Widerstandes diskutiert. Die Eckpunkte eines
neuen, antiimperialistischen Projektes kristallisierten sich in den
Diskussionen deutlich heraus. Die unbedingte Solidarität mit dem irakischen
Widerstand, die Palästina-Frage und der bolivarianische Prozess in Venezuela
wurden in den Veranstaltungen breit debattiert. Diese Themen wurden nicht
zufällig gewählt, sondern sie stellen Trennlinien zwischen der radikalen Linken
und dem ESF dar. Denn gerade die Haltung zum bewaffneten Widerstand im Irak
oder die Frage der Anerkennung der neuen palästinensischen Regierung zeigen
klar den tiefen Graben zwischen uns und den Positionen des ESF.
Das ESF selbst wurde auch diesmal von der
Europäischen Linkspartei (EL) dominiert. Gerade diese Dominanz der EL zeigt
eindeutig, wie notwendig und wichtig unser Schritt, uns außerhalb des ESF zu
organisieren, war. Zwar gab es innerhalb des ESF den Versuch eine
antiimperialistische Plattform zu bilden, doch war die Schwierigkeit groß, sich
in der Unüberschaubarkeit Gehör zu verschaffen. Die Hegemonie der EL im ESF war
auch in Griechenland, in einem Land mit einer langen und starken Tradition der
radikalen Linken, ungebrochen. Das Europäische Sozialforum ist somit zu einem
wichtigen Hebel ihrer Politik geworden. Die proeuropäische Position der EL und
ihr praktisches Lavieren in der Irak-Frage verunmöglichen die Formierung eines
antiimperialistischen Projektes innerhalb des ESF.
Das Antiimperialistische Lager ist in das Internationale Antiimperialistische-Antikapitalistische
Treffen mit drei Vorschlägen hineingegangen. Diese Vorschläge sollten dazu
dienen, die antiimperialistischen Kräfte der radikalen Linken in einem
kontinuierlichen Projekt zusammen zu fassen. Sie umfassen
inhaltlich die wesentlichen Eckpfeiler antiimperialistischer Politik. Unser
erster Vorschlag ist die neuerliche Organisierung einer Konferenz zur
Unterstützung des irakischen Widerstandes. Der zweite Vorschlag ist eine
Kampagne für die Anerkennung der neuen, palästinensischen Regierung. Und
drittens möchten wir eine Kampagne zur Unterstützung des bolivarianischen
Prozesses initiieren. Diese Vorschläge sind vom Treffen mit Interesse zur
Kenntnis genommen worden. Doch es erfordert sicherlich noch weitere
Anstrengungen, diese Kampagnen gemeinsam umzusetzen.
Das vierte Europäische Sozialforum zeigte
die ungebrochene Dominanz der Kräfte der EL innerhalb der Sozialforen. Das
Internationale Antiimperialistische-Antikapitalistische Treffen war ein starker
und wirkungsvoller Gegenpol. Doch es kann nur ein Schritt sein hin zu einem
neuen Projekt der radikalen Linken. Ein Schritt zu jener antiimperialistischen
Front, wie sie Chavez dem Sozialforum entgegen hielt. Der Schritt aus dem ESF
war ein notwendiger und richtiger. Nun müssen wir uns den neuen Aufgaben im
Aufbau einer antiimperialistischen Front außerhalb des ESF stellen.
Sebastian Baryli