Erklärung von Initiativ e.V. zum Bush-Besuch in Stralsund
Im März 1999 begann die NATO mit der Bombardierung Jugoslawiens. Im Herbst 2001 wurde Afghanistan von amerikanischen Militärstützpunkten aus angegriffen. Am 20. März 2003 fielen die ersten amerikanischen Bomben auf Bagdad, damit wurde der dritte völkerrechtswidrige Krieg innerhalb weniger Jahre begonnen.
„Im Irak sind ihnen die Handschuhe ausgezogen“
Gemeint sind die US-Besatzungstruppen, welche unter Vorgabe des Demokratieimports 2003 in den Irak einmarschierten. Der „saubere Präzisionskrieg“ zeigt seine hässliche Fratze in der Bombardierung ganzer Dörfer, Schulen und Krankenhäuser.
Freiheit und Menschenrechte auf amerikanische Art bedeutet für die Menschen im Irak: Inhaftierung von Männern, Frauen und Minderjährigen, meist ohne Anklage in überfüllten Gefängnissen, systematische Folter, Erniedrigungen bei Hausdurchsuchungen, völliger Zusammenbruch der zivilen Infrastruktur, Ausbeutung der nationalen Ressourcen.
Die irakischen Städte Haditha und Falluja wurden zum Schauplatz US-amerikanischer Kriegsverbrechen, bei denen Hunderte Zivilisten starben. Diese Kriegsverbrechen werden durch die „internationale Staatengemeinschaft“ ignoriert, wenn nicht passiv unterstützt.
Deutsche Verantwortung
Deutschland als „Friedensmacht“ zu bezeichnen, ist spätestens seit der Aufdeckung von CIA-Folterflügen über deutschem Territorium absurd. Die Gewährung von Überflugrechten und der Schutz in Deutschland gelegener US-Airbases durch Bundeswehreinheiten entlarvt die ehemalige Bundesregierung als nützliche Erfüllungsgehilfin der US-Krieger. Darüber hinaus muss sich der BND dem Vorwurf stellen, militärische Ziele im Irak ausspioniert zu haben.
Offen kriegsfreudig gibt sich die aktuelle rot-schwarze Bundesregierung unter Angela Merkel. Auf der Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik im Februar diesen Jahres wirkte Merkel an den Kriegstrommeln gegen den Iran mit. Zum Verhältnis zwischen den USA und der EU bemerkte sie, dass „das Maß an Übereinstimmung erstaunlich ist“. Noch deutlicher ihre Worte im März 2003, kurz nach dem amerikanischen Angriff auf den Irak: „Man hatte einen Punkt erreicht, an dem Krieg unvermeidbar geworden war. Bei einem Nichthandeln wäre der Schaden noch größer geworden.“
Diese Worte könnten demnächst eine Renaissance erleben.
USA und Israel: Immunität vor internationalen Gesetzen
Der offene Bruch internationalen und Völkerrechts ohne Befürchtung vor Sanktionsmaßnahmen durch die „internationale Staatengemeinschaft“ oder den Weltsicherheitsrat, ist offenbar nur zwei Staaten dieser Welt vergönnt: Israel und Nordamerika.
Die USA besitzen nicht nur das größte Waffenarsenal der Welt, sie sind auch der einzige Staat, der schon zweimal die Atombombe abgeworfen hat. Während sie ungestraft die souveränen Staaten Irak und Afghanistan angreifen und besetzt halten und illegale Inhaftierungslager betreiben, baut Israel eine kilometerlange und meterhohe Mauer quer durch palästinensisches Autonomiegebiet und annektiert damit die lukrativsten Teile der Westbank, missachtet Dutzende UN-Sanktionen, ratifiziert den Atomwaffenspeervertrag nicht und erkennt die Urteile des Internationalen Gerichtshof nicht an.
Gaza: Parallelen zur Aufstandsbekämpfung im Irak
Der Einmarsch israelischer Truppen in den Gazastreifen, die Bombardierung des einzigen Elektrizitätswerks und zahlreicher ziviler Einrichtungen gleichen den Methoden der US-Armee im Irak. Die Medien verharmlosen die Zustände in Gaza, begrüßen das „harte Durchgreifen Israels“ und bezeichnen die illegale Inhaftierung demokratisch gewählter Parlamentarier aus Palästina gönnerhaft als „Akt der Terrorbekämpfung“.
Die Befreiung des gefangengenommenen israelischen Soldaten wird als oberste Priorität der „Operation Sommerregen“ genannt. Doch geht es nicht darum, einen einzelnen Menschen mit Bomben und Dutzenden vorrückenden Panzern zu befreien.
Ziel ist, die palästinensische Regierung in die Knie zu zwingen und sich den von Israel diktierten Bedingungen zu beugen. Denn bezeichnenderweise erfolgte der israelische Angriff nur wenige Stunden, nachdem sich die palästinensischen Organisationen Hamas und Fatah auf eine De-Facto-Anerkennung Israels und die Zwei-Staaten-Lösung geeinigt hatten. Israel aber ist an einer Entspannung der Lage im Nahen Osten nicht interessiert und wird hierbei von den USA protegiert.
Dies ist nicht das erste Mal, dass das israelische Militär kurz nach ersten Anzeichen für eine mögliche Lösung des Konflikts „Gründe“ für militärische Angriffe findet. Ein einseitiger palästinensischer Waffenstillstand musste im Juni aufgekündigt werden, nachdem bei israelischen Angriffen zahlreiche palästinensische Zivilisten getötet wurden. Unter anderem beschossen israelische Kriegsschiffe einen Strand in Gaza und töteten dabei Menschen, die eine Hochzeit feierten.
Menschen erster und zweiter Klasse
Indes überschlagen sich die Medien darin, das Foto des gefangenen israelischen Soldaten zu zeigen und schildern eindrücklich die Sorge der israelischen Familie um ihren Sohn. Kein Wort jedoch darüber, was die palästinensischen Eltern der 313 Minderjährigen durchmachen müssen, die zumeist ohne Gerichtsurteil auf unbekannte Dauer in Israelischer Haft sitzen.
Die Widerstandskämpfer, welche den israelischen Soldaten gefangen halten und als Kriegsgefangenen behandeln, fordern die Freilassung der Frauen und Minderjährigen aus den israelischen Gefängnissen. Zurzeit befinden sich ca. 9.400 Palästinenser in israelischer Gefangenschaft. Darunter sind 126 Frauen und rund 300 Jugendliche. Die jüngsten sind zwölf Jahre alt, sitzen in sogenannter Administrativhaft, ohne Anklage, ohne konkrete Beschuldigung, auf unbestimmte Zeit.
Das Vorgehen Israels kann nicht separat von den amerikanischen Kriegen betrachtet werden. Die USA benötigen Tel Aviv als zuverlässigen Bündnispartner in der arabischen Region. Umgekehrt unterstützt Israel nicht nur die Besetzung des Iraks, sondern auch die amerikanischen Aggressionen gegen den Libanon, Syrien und den Iran. Wesentliche Teile der israelischen Machteliten setzen auf Eskalation und Chaos in der Region, um sich die Legitimation zu verschaffen, die militärische Karte voll auszuspielen und vollendete Tatsachen zu schaffen. Dies kann jedoch erst geschehen, wenn die USA es wollen.
Mission incomplete
Dass die USA sich nicht davor scheuen werden, in „göttlicher Mission“ auch einen vierten illegalen Angriffskrieg anzuführen, sobald sie dazu in der Lage sind, machen die Worte ihres Präsidenten unzweifelhaft deutlich:
„Unser Krieg gegen den Terror beginnt mit Al-Quaida aber er endet nicht dort. Er wird nicht enden, bis jede terroristische Gruppe von globaler Reichweite gefunden, gestoppt und geschlagen ist.“ (…)
„Die Amerikaner sollten nicht einen Kampf erwarten, sondern eine langwierige Kampagne, anders als alle, die wir je gesehen haben. Diese könnte dramatische Angriffe einschließen, die im Fernsehen übertragen werden, und versteckte Operationen, die auch bei Erfolg geheim bleiben. Wir werden den Terroristen ihre Geldmittel abschneiden, sie gegeneinander aufbringen, sie von Ort zu Ort treiben, bis es für sie keine Zuflucht oder Ruhe mehr gibt. Und wir werden die Staaten verfolgen, die dem Terrorismus Hilfe zur Verfügung stellen oder ihm einen sicheren Hafen bieten. Jedes Land in jeder Region muss sich jetzt entscheiden – entweder es steht an unserer Seite oder an der Seite der Terroristen.“
(Ansprache des US-Präsidenten am 20. September 2001 vor dem Kongress.)
Imperialistische Hegemonialpolitik und der Widerstand dagegen
Die Streitkräfte der USA sind die mächtigste, modernste und teuerste Armee der Welt. In über 130 Ländern werden mehr als 700 Stützpunkte unterhalten, die Dunkelziffer ist wahrscheinlich weit höher.
Zur Zeit sind jedoch starke Kräfte im Irak gebunden. Das Rekrutierungsalter der amerikanischen Soldaten wurde schon zweimal herabgesetzt, da sich die Suche nach neuen Rekruten äußerst schwierig gestaltet. Immer mehr beflaggte Leichensärge und Soldaten mit schweren Kriegsverletzungen kommen aus Irak und Afghanistan zurück ins Land der „unbegrenzten Möglichkeiten“. Der amerikanische Traum ist ausgeträumt.
Immer mehr Länder ziehen ihre Truppen aus dem Irak ab, die Kriegsstimmung der Bevölkerung in den kollaborierenden Nationen sinkt mit jedem Angriff auf ihre Soldaten. Die Kriegslüge, Hussein besäße Massenvernichtungswaffen, oder wollte sie herstellen, ist lange entlarvt.
Seit die US-Truppen in den Irak einmarschierten, stellt sich ihnen ein heftiger Widerstand entgegen, welcher unter der jahrelangen Besatzung noch stärker wurde. Täglich verüben die Widerstandsgruppen nach US-Armee Angaben bis zu 60 Aktionen auf die Besatzungsmächte. Ihre Forderungen sind der sofortige und bedingungslose Abzug aller Truppen und Reparationszahlungen für das irakische Volk.
Weltweit solidarisieren sich die unterdrückten Völker mit diesem Widerstand, der die mächtigste und aggressivste Streitmacht der Welt seit drei Jahren in Atem hält und so zur internationalen Friedenssicherung seinen entscheidenden Beitrag leistet.
Iran als nächstes auf Abschussliste der „zivilisierten Welt“
Die Falken in Washington befinden sich in einer Defensive, was nicht heißt, dass es keine neuen Kriegspläne gibt. Aktuell wird der iranische Präsident zum neuen Hitler stilisiert. Teheran wird bedroht und aufgefordert, auf alle mit der Urananreicherung verbundenen Tätigkeiten zu verzichten, obwohl es im Rahmen des Atomwaffensperrvertrags dazu berechtigt ist.
Die Antikriegsbewegung verhält sich ambivalent oder gar nicht: Die Tatsache, dass gerade eine weitere Massentötung in aller Öffentlichkeit vorbereitet wird, führt nicht zu einer Mobilisierung wie etwa 2003 zum drohenden amerikanischen Krieg gegen den Irak. Weite Teil der Bewegung fallen auf die Dämonisierung des Iran herein und schlucken die Lüge, es werde kein Krieg, sondern eine friedenserhaltende Operation in Form von „chirurgischen Luftangriffen“ auf iranische Nukleareinrichtungen vorbereitet. Solche „chirurgischen Schläge“ kennen wir schon aus Jugoslawien und Afghanistan, als mehrere Tausend Zivilisten starben. Auch das Massaker im irakischen Falluja wurde als „chirurgische Operation“ deklariert.
Ami go home! Der amerikanische Krieg ist ein Verbrechen!
Mit dem amerikanischen Präsidenten kommt der führende politische Verantwortliche für die völkerrechtswidrigen Angriffskriege gegen Irak und Afghanistan nach Deutschland. Während die Bundesregierung irakischen Ölgewerkschaftern und Oppositionellen Visa für die Einreise verweigert, wird der Kriegspräsident mit offenen Armen empfangen.
In Wien stellten sich dem ungebetenen Besuch Bushs 20.000 Menschen entgegen. Auch in Stralsund werden Demonstrationen und Protestkundgebungen stattfinden.
Wir rufen dazu auf, sich an diesen Aktionen zu beteiligen!
Wir fordern:
Anerkennung und Unterstützung des irakischen Widerstands!
Bedingungsloser und sofortiger Abzug der amerikanischen und Kollaborationstruppen!
Reparationszahlungen an das irakische Volk!
Anerkennung der demokratischen Entscheidungen des palästinensischen Volkes!
Bedingungsloser und sofortiger Abzug der israelischen Truppen aus Gaza!
Internationaler Widerstand gegen das Vorgehen der israelischen Armee!
Anerkennung der palästinensischen Regierung!
Kein Krieg gegen den Iran!
Kriegsverbrecher ächten!
Initiativ e.V., im Juli 2006