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Das Scheitern vom Oslo- „Frieden“

20. August 2006

Mit dem Beginn der neuen Intifada in Palästina Ende September 2000 nimmt der Konflikt zwischen den Palästinensern und den Zionisten eine neue Qualität an. Die konventionellen – wenn auch brutalen – Methoden Israels zur Niederschlagung des palästinensischen Aufstandes sind heuer zu einem offenen Krieg mit Panzern und Hubschraubern geworden, wo a la America die „strategischen Ziele“ wie Strom- und Wasserversorgung zerstört werden. Während in den bürgerlichen Medien der Konflikt auf einen „Gewaltausbruch“ zwischen Juden und Muslime reduziert wird, der unbedingt durch Friedensverhandlungen zu unterbinden ist, bleiben die Ursachen und der historische Hintergrund unerwähnt, denn diese stellen nur eine Hürde für jeden Versuch, der Region den amerikanischen Friedensplan aufzuzwingen, dar.

Das Oslo-Abkommen, von den USA als einziger Weltmacht diktiert, enthielt den Verzicht der PLO – die nach dem zweiten Golfkrieg und dem Zerfall der Sowjetunion geschwächt und isoliert war – auf den 1948 besetzten Teil Palästinas (75% des Landes), auf dem der Staat Israel gegründet wurde. Die PLO wurde im Gegenzug als „Vertreter der Palästinenser in den im Jahr 1967 besetzten Gebieten“ anerkannt, ebenso die Autonomie der Palästinenser in den großen Städten während der Übergangsperiode. Arafat unterzeichnete und er und sein Team mussten Bedingungen akzeptieren, die im Wortschatz der palästinensischen Bewegung nie zuvor vorgekommen waren. Der Vertrag war ein Produkt von Geheimverhandlungen und wurde dem Zentralkomitee und dem Nationalkongress nach der Unterzeichnung in Washington als Fait Accomplis vorgelegt, was den Rücktritt der Hälfte des Zentralkomitees der PLO – teilweise Gründer der Fatah – erklärt.

Neben der Ungerechtigkeit und der Illegitimität eines solchen Abkommens, das drei Viertel der Palästinenser (die 1948 Vertriebenen) ausschließt, liefert das Abkommen selbst für die Palästinenser im Westjordanland und Gaza keine Garantien. Die Hauptfragen – der eigene Staat, Jerusalem, die Siedlungen, das Wasser und die Grenzen – wurden aufgeschoben. Diese Fragen, die schon damals nicht gelöst werden konnten, stehen heute noch auf der Verhandlungsagenda, wo sie aufgrund des unbalancierten Machtverhältnisses nur zu ungunsten der Palästinenser gelöst werden können. Wir werden im folgenden diese Kernfragen genauer untersuchen, denn in diesen Fragen steckt der Grund der jetzigen und jeder weiteren Eskalation in Palästina und in der arabischen Welt.

Jerusalem

Beim Krieg von 1948 besetzten die Zionisten drei Viertel der Stadt Jerusalem. Es blieb den Arabern der östliche Teil, der einen Teil der Altstadt inkludiert und unter jordanische Kontrolle gestellt wurde. Eine Woche nach der Besatzung des Ostteils 1967 annektierte Israel diesen und erklärte Jerusalem zur „vereinigten Hauptstadt Israels“. Als erstes wurde das Magharbeh-Viertel, das gleich an der Westmauer der Aqsa- Moschee lag, gesprengt und die Bewohner aus Jerusalem vertrieben. Dann setzte Israel eine Reihe von Maßnahmen, um die arabische Identität der Stadt auszulöschen. Tausende arabische Familien wurden aus der Stadt vertrieben und durch jüdische ersetzt. Den übrigen Arabern wurden die Baugenehmigungen verweigert und der Nachwuchs musste in die Umgebung ziehen, wo man nach 6 Monaten den Status eines Bürgers von Jerusalem verliert und wo die Militärgesetze des besetzten Westjordanlandes gelten. Alte arabische Häuser wurden wegen „fehlender Baugenehmigung“ abgerissen und durch Wohnhäuser für jüdische Familien ersetzt. Das Projekt „Großjerusalem“ dehnte die Fläche der Stadt auf ein Drittel des Westjordanlands aus. Das arabische Viertel wurde so durch einen Gürtel jüdischer Siedlungen umzingelt und vom restlichen Westjordanland isoliert.

Beim Oslo-Abkommen wurde jede Diskussion über Jerusalem verschoben und Israel setzte seine Politik der „Judaisierung“ der Stadt fort. Bei den letzten Verhandlungen wurde den Palästinensern nur ein Teil der umliegenden Dörfer angeboten, wo sie ihre Haupstadt errichten sollten und Alquds nennen könnten (arab. für Jerusalem)!

Die Siedlungen

Die Lösung des Siedlungsproblems wurde ebenfalls auf die Endstatusverhandlungen verschoben. Israel versprach dabei, den weiteren Bau einzustellen. Später behauptete die israelische Regierung, dies gelte nicht für Jerusalem und das Jordantal und der Siedlungsgürtel um die Stadt wurde verdichtet. Die Regierung Netanjahus setzte den Bau allgemein fort und die Flächen der Siedlungen wurden fast verdoppelt.

Die beim Abkommen vereinbarten „sicheren Strassen“ zu den Kolonien (Siedlungen) führten zu weiteren Landkonfiszierungen, um Autobahnverbindungen zwischen den Siedlungen und Israel zu errichten. Hunderte Hektar arabischer Ackerländer sind auf diese Weise verloren gegangen – diesmal mit der Zustimmung der PLO. Dieses Straßennetz zerstückelt das arabische Westjordanland in isolierte Ghettos und stärkte die radikalen Siedler. Noch schlimmer war es im Gaza-Streifen, wo 4.000 Siedler ein Drittel des Gebiets besitzen und über die meisten Wasserquellen verfügen, während sich 1,5 Millionen Araber auf dem weniger fruchtbaren Rest drängen. Die Siedlung Nezzarim spaltet den schmalen Streifen in zwei Teile. Die Siedlungen beherbergen die radikalsten Elemente der zionistischen Gesellschaft, die sowieso das Oslo-Abkommen ablehnen und eine eigene Miliz gegründet haben. Geschützt durch die reguläre Armee stellen sie eine akute Bedrohung für die ganze Bevölkerung in den Gebieten dar.

Die Flüchtlinge

Der Krieg von 1948 und die Massaker, die die zionistischen Banden an der arabischen Bevölkerung verübt haben, lösten eine Flüchtlingswelle in die Nachbarländer aus. Eine Million Palästinenser verloren dabei Hab und Gut und mussten in Flüchtlingslagern leben. Heute leben ca. 4 Millionen Palästinenser im Exil – meist noch immer in den Lagern. Die UNO-Resolution 194 fordert das Rückkehrrecht für die Palästinenser. Israel lehnt dieses jedoch ab, erklärt sich für das Problem nicht zuständig und sieht seine Lösung in einem internationalen Entschädigungsfonds. Die Mehrheit der Flüchtlinge beharrt auf dem Rückkehrrecht und ist bereit, den Kampf wiederaufzunehmen.

Die wirtschaftliche Lage

Um dieses Abkommen den Palästinensern (die sich vom Kampf mehr erwartet hatten) schmackhaft zu machen, wurden viele politische Versprechen gemacht, die vom Vertrag eigentlich nie garantiert waren und sich in weiterer Folge als Lügen herausstellten. Dies gilt auch für das Versprechen vom wirtschaftlichen Wohlstand, denn die Korruption der neuen Behörde wurde neben dem Alltag unter der Besatzung, an dem sich nichts geändert hatte, zu einer zusätzlichen Belastung für die Palästinenser. Die israelische Kontrolle über die Grenzen macht die Gebiete von der israelischen Wirtschaft abhängig. Der Import und Export von Waren und Geld muss über israelische Kanäle laufen, was zusätzlich zur Bürokratie der Autonomiebehörde jede Investition in den Gebieten unrentabel macht. Auf der anderen Seite zogen die sieben lokalen Banken der Bevölkerung das Geld aus den Taschen und investierten es im Ausland und weigern sich als Unternehmer, Kredite für Projekte in den Gebieten zu gewähren. Der palästinensische Markt ist völlig auf die israelischen Produkte angewiesen, nachdem der Großteil der lokalen Industrie seit dem Oslo-Abkommen in Konkurs gegangen ist. Die Haupteinkommensquelle neben den EU-Geldern ist die Arbeit in den israelischen Betrieben, die unter ausbeuterischen Bedingungen abläuft. Bei den Abriegelungen der Gebiete steigt die Arbeitslosigkeit auf 30% im Westjordanland und 70% in Gaza.

Das war eine kurze Zusammenfassung der Situation nach dem Oslo-Abkommen und der derzeit brennenden Fragen. Der Besuch Sharons war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Der Alltag der Palästinenser, der aus einer Reihe von Demütigungen, Ungerechtigkeiten und Repressionsmaßnahmen besteht, macht das Gebiet zu einem Pulverfass, das zu noch größeren Explosionen als der jetzigen fähig ist.

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