Bericht vom Protest gegen die Angelobung der österreichischen Bundesregierung, 11. Januar 2006
Ein doppelter Sicherheitszaun aus Tretgittern und dazwischen 2 Reihen Polizisten, die zu den kritischen Zeitpunkten durch wartende Einheiten noch zu einer dreifachen Kette verstärkt wurden hielten die Demonstranten fast hundert Meter vom Ort des Geschehens, dem Wiener Ballhausplatz, Sitz der Präsidentschaftskanzlei und des Bundeskanzleramtes, entfernt. Allen wurde deutlich, dieser Bundeskanzler hatte Angst, sehr große Angst sogar, denn die Sicherheitsvorkehrungen waren noch viel rigoroser als diejenigen bei der Angelobung der schwarz-blauen Bundesregierung im Jahre 2000! Kein Wunder, hatten doch schon in den vergangenen Tagen zahlreiche Demonstranten Alfred Gusenbauer und der ganzen SPÖ Führung klar gemacht, was von ihnen zu halten ist, und schon am frühen Morgen hatten sich an die 100 Demonstranten vor dem Wohnhaus von Alfred Gusenbauer versammelt, um ihm einen „Guten Morgen Gruß“ zu bringen, und der war laut und unüberhörbar.
Es waren unerwartet viele Demonstranten gekommen und so war die Stimmung sehr kämpferisch. Sprechchöre wie „Wer hat uns verraten, Sozialdemokraten, und wer ist mit dabei, die Volkspartei!“ wechselten mit Pfeifkonzerten ab, und als dann Alfred Gusenbauer mit Anhang nicht über die ohnehin abgesperrte Löwelstraße, sondern durch den eigens für ihn abgesperrten, menschenleeren und durch Polizei gesicherten Volksgarten zum Ballhausplatz kam erhielt die Situation regelrecht kafkaeske Züge!
Das hat sich noch niemand vor ihm geleistet und jeder spürte, die haben diesmal wirklich Angst vor uns!
Das darauf einsetzende Pfeifkonzert war sicher einige hundert Meter weit zu hören und führte Gusenbauer einmal mehr vor Augen, wie man über ihn denkt!
Die Journalistin Annelise Rohrer formulierte in einer Diskussionsrunde in der ZIB3 am 10. Jänner treffend das neue Element, das Alfred Gusenbauer in die heimische Innenpolitik eingebracht hat, indem sie feststellte, dass es an und für sich nichts Neues ist, dass Politiker während ihrer Regierungszeit Wahlversprechen entweder nicht oder nur teilweise einhalten, dass aber ein designierter Bundeskanzler, noch bevor er überhaupt angelobt ist, alle seine wichtigen Wahlversprechen bereits gebrochen hat, das ist das Neue an der österreichischen Innenpolitik! Wir wissen nicht genau ob überhaupt und, wenn ja, einen wie großen Anteil Bundespräsident Fischer an dieser Situation hat, indem er Druck auf Gusenbauer ausgeübt hat, doch auch Heinz Fischer zählt durch seine einseitigen Stellungnahmen zu den großen Enttäuschungen in der österreichischen Innenpolitik, oder hat vielleicht jemand von ihm, der sich sonst immer wieder als „Gutmensch“ zu Wort meldet, irgendein Wort gegen die brutalen Bombardierungen der libanesischen Zivilbevölkerung durch die Israelische Armee vernommen? Da lässt er sich schon lieber die politische Lage von Ariel Muzikant erklären, der Sozialdemokrat Heinz Fischer.
Politisch denkenden Menschen ist es schon seit jeher klar, dass die Sozialdemokratie zu den tragenden Stützen des kapitalistischen Systems gehört. Waren es doch sozialdemokratische Bundeskanzler wie Franz Vranitzky und Viktor Klima, unter denen die endgültige neoliberale Wende auch in Österreich vollzogen wurde.
Sicher, die abgetretene Regierung war eine Regierung des Sozialabbaues und der Pensionskürzungen, doch damit hat man rechnen müssen, denn der neoliberale Hintergrund der bisherigen Koalitionspartner war allen bekannt; sie hatten nie ein Hehl aus ihrem ideologischen Standort gemacht. Doch bei Alfred Gusenbauer war das anders, denn es gab viele Menschen, die dem Versprechen von Alfred Gusenbauer, die soziale Kälte, die in Österreich Einzug gehalten hat, zu beenden, geglaubt haben. Sie alle hat er belogen! Ein Alfred Gusenbauer ist schon gescheitert, bevor seine Regierungstätigkeit überhaupt begonnen hat, denn er hat jegliche Glaubwürdigkeit noch vor seiner Angelobung verloren und damit jegliches Vertrauen auch in den Reihen seiner eigenen Parteibasis; dieser Mann hatte sein Ablaufdatum bereits in der Tasche als er heute angelobt wurde!
Das alles wurde heute bei der Angelobung der neuen Bundesregierung sichtbar, doch das, was es heute als Protest gegeben hat darf erst der Anfang gewesen sein. Jetzt gilt es einen starken und vor allem anhaltenden Druck gegen diese Regierung aufzubauen. Deshalb gibt es auch einen Vorschlag für eine bundesweite Demonstration am 27. Januar. Nähere Informationen dazu folgen.