Site-Logo
Site Navigation

Auch weiterhin: Nur für Juden

30. Januar 2007

Das „Existenzrecht“ Israels anerkennen, heißt praktisch, einem paranoidem Staatsrassismus huldigen

Das Problem der palästinensischen Führung bei ihrem Bemühen, Millionen Menschen in den besetzten Gebieten ein wenig Erleichterung von ihrem kollektiven Leiden zu verschaffen, ist Sache einiger weniger Worten. Etwa so, wie wenn ein unartiges Kind nur „Entschuldigung“ zu sagen braucht, um nicht länger Stubenarrest zu haben, muss auch die Hamas-Regierung nur sagen: „Wir erkennen Israel an“, und schon ergießt sich angeblich über die West-Bank und Gaza eine Flut von Hilfe und internationalem Goodwill.

Das, jedenfalls, war die Kernaussage der Rede des israelischen Premierministers Ehud Olmert bei seinem jüngsten Besuch im Negev, als er den Eindruck erweckte, dass die Hand seines Landes über den Wüstensand hinweg zu den Hunger leidenden Massen Gazas ausgestreckt bleibt, ja wenn Hamas nur bereuen würde. „Erkennt uns an, und wir sind bereit, über Frieden zu reden“, sollte damit gesagt sein.

Das palästinensische Volk wurde in der Tat schwer dafür bestraft, Anfang des Jahres seine demokratische Entscheidung getroffen und eine Hamas-Regierung gewählt zu haben, die von Israel und den Westmächten missbilligt wird. Eine Wirtschaftsblockade wurde verhängt, die der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) die Einnahmen vorenthielt, die sie zur Bezahlung von Dienstleistungen und für die Besoldung ihrer zahlreichen Beschäftigten braucht. Steuergelder in Millionenhöhe wurden den Palästinensern von Israel vorenthalten, was zu einer weiteren Verschärfung der humanitären Krise führte. Die von Israel über Gaza verhängte physische Blockade hat die Palästinenser gehindert, ihre Produkte, meist verderbliche landwirtschaftliche Güter zu exportieren und Güter der Grundversorgung wie Nahrungsmittel und Medikamente einzuführen. Israelische Militärschläge haben die lebenswichtige Infrastruktur von Gaza schwer beschädigt, darunter die Strom- und Wasserversorgung, wobei wahllos Zivilpersonen getötet wurden. Und Tausende Familien werden auseinander gerissen, weil Israel seinen Streit mit Hamas zum Vorwand nimmt, die Erteilung von Visa an Palästinensern mit ausländischen Pässen auszusetzen.

Die magischen Worte „Wir erkennen Euch an“ könnten all diese Leiden beenden. Warum sie also nicht aussprechen? Ist Hamas dermaßen von Hass auf Israel als jüdischer Staat erfüllt, dass es eine so einfache Erklärung des guten Willens nicht abgeben kann? Ist die Verstocktheit der Palästinenser nicht Beweis genug, dass sie immer noch die Juden ins Meer treiben wollen?

Leicht vergisst man, dass die Probleme der Palästinenser, obgleich sich die Bedingungen in letzter Zeit dramatisch verschlechtert haben, nicht mit der Wahl von Hamas angefangen haben. Die israelische Besatzung besteht seit vier Jahrzehnten und kein palästinensischer Führer ist je in der Lage gewesen, Israel für die Palästinenser das Versprechen einer realen Staatlichkeit in den besetzten Gebieten zu entlocken: weder die Mukhtar, die weitgehend willfährigen Gemeindevorsteher, die Jahrzehnte lang die einzigen Vertreter waren, denen gestattet wurde, für die Palästinenser zu sprechen, nachdem ihre nationale Führung vertrieben worden war; noch die Palästinensische Autonomiebehörde unter der säkularen Führung von Yasser Arafat, der Mitte der 90er Jahre in die besetzten Gebiete zurückkehrte, nachdem die Palästinensische Befreiungsorganisation PLO Israel anerkannt hatte; noch die Führung unter seinem Nachfolger Mahmoud Abbas, dem „Gemäßigten“, der zunächst zur Beendigung der Intifada aufrief; noch jetzt die Führer der Hamas, obgleich sie wiederholt eine langfristige Waffenruhe (Hudna) als erste vertrauensbildende Maßnahme gefordert haben.

Dementsprechend zweifeln wenige Palästinenser daran, dass Israel auch in Zukunft die Besatzung weiter verfestigen wird – ganz so wie in den Jahren von „Oslo“, als sich während des angeblichen Friedensprozesses die Zahl der jüdischen Siedler in den besetzten Gebieten verdoppelte – , selbst wenn die Hamas-Regierung gestürzt wird und eine Regierung der nationalen Einheit, der Technokraten oder auch der Fatah an ihre Stelle tritt.

Für Israel steht bei diesem kleinen Zugeständnis von Hamas weit mehr auf dem Spiel, als die meisten Beobachter abzuschätzen vermögen. Eine Erklärung, die besagt, dass Hamas Israel anerkennt, würde weitaus mehr bewirken als nur die Vorbedingungen Israels für Gespräche zu erfüllen; sie würde bedeuten, dass Hamas in dieselbe Falle läuft, die man seinerzeit Arafat und Fatah gestellt hat. Diese Falle ist dazu eingerichtet, jede friedliche Lösung des Konflikts mit Sicherheit unmöglich zu machen.

Dieser Zweck wird auf zwei Wegen erreicht. Erstens, würde die Anerkennung des „Existenzrechts“ Israels durch Hamas, wie inzwischen zumindest von jenen begriffen wird, die das Geschehen aufmerksam verfolgen, effektiv bedeuten, dass die palästinensische Regierung öffentlich ihr eigenes Ziel aufgibt, für die Schaffung eines lebensfähigen palästinensischen Staates zu kämpfen.

Und zwar deshalb, weil Israel sich weigert, seine eigenen künftigen Grenzen festzulegen, und die Frage offen lässt, worin denn der Umfang seiner staatlichen „Existenz“ besteht, deren Anerkennung es von Hamas verlangt. Wie man weiß, spricht niemand in der israelischen Führung von der Rückkehr zu den Grenzen vor dem Krieg von 1967 oder von irgend etwas, was dem nahe kommt.

Ohne die Rückkehr zu den Grenzen von 1967 (plus einem erheblichen Schuss guten Willens von Seiten Israels bei der Gewährung ungehinderter Verbindungswege zwischen Gaza und der West-Bank) keine Möglichkeit, einen lebensfähigen palästinensischen Staat entstehen zu lassen.

Guter Wille allerdings ist nirgends in Sicht. Jeder führende israelische Politiker hat es abgelehnt, die Palästinenser anzuerkennen, zuerst als Volk und nun als Nation. Und in der für den Westen typischen heuchlerischen Art im Umgang mit den Palästinensern hat niemand je angeregt, dass Israel sich zu einer solchen Anerkennung verpflichtet.

Tatsächlich haben israelische Regierungen mit ihrer Weigerung aufgetrumpft, den Palästinensern dieselbe Anerkennung zu gewähren, die sie von ihnen verlangen. Berühmt ist der Ausspruch von Golda Meir, einer Premierministerin der Arbeitspartei, dass es Palästinenser gar nicht gäbe, worauf sie 1971 hinzufügte, dass Israels „Grenzen dadurch bestimmt werden, wo Juden leben, nicht wo es auf der Landkarte eine Linie gibt.“ Gleichzeitig ordnete sie an, die Grüne Linie, die Grenze Israels bis zum Krieg 1967, aus offiziellen Landkarten zu entfernen.

Diese Hinterlassenschaft machte letzte Woche Schlagzeilen, als Erziehungsministerin Yuli Tamir, eine „Taube“, einen Sturm der Entrüstung auslöste, weil sie eine Direktive erlassen hatte, mit der die Grüne Linie wieder in israelischen Schulbüchern eingeführt werden soll. Es gab vielerorts Proteste von Politikern und Rabbinern gegen ihre „linksextreme Ideologie“, und viele Schulen erklärten, sie würden dem nicht Folge leisten.

Israelischen Lehrern zufolge stehen die Chancen gleich Null, dass in Lehrbüchern die Grüne Linie wieder erscheint – oder die Bezeichnungen „Judea und Samaria“, die biblischen Namen für die West-Bank, sowie Eintragungen arabischer Städte auf Karten von Israel fallen gelassen werden.

Mit Gespür für den Schaden, den der Streit dem internationalen Image Israels zufügen könnte, und in dem Bewusstsein, dass Frau Tamirs Verordnung wahrscheinlich niemals umgesetzt wird, stimmte Premierminister Olmert der Änderung zu. „Es gibt nichts daran auszusetzen, die Grüne Linie zu markieren,“ sagte er und mit einer Aussage, die seine Zustimmung inhaltlich völlig aushöhlte, ergänzte er: „Aber es gibt eine Verpflichtung zu betonen, dass die Position der Regierung und der öffentliche Konsens die Rückkehr zu den Grenzlinien von 1967 ausschließen.“

Das zweite Element, das diese Falle ausmacht, wird weitaus weniger verstanden. Es erklärt die seltsame Formulierung der Worte, die Israel bei seiner Forderung an Hamas verwendet. Israel verlangt nicht einfach „Israel anzuerkennen“ sondern „Israels Existenzrecht anzuerkennen“. Der Unterschied ist nicht einfach eine Sache der Semantik.

Das Konzept eines Staates, der irgendwelche Rechte hat, ist nicht nur eigenartig, sondern völkerrechtsfremd. Menschen haben Rechte, nicht Staaten. Und das ist genau der Punkt: Wenn Israel verlangt, dass sein „Existenzrecht“ anerkannt wird, heißt dies im Klartext, dass bei der Forderung nach Anerkennung Israels nicht von einem normalen Nationalstaat die Rede ist, sondern von dem Staat eines bestimmten Volkes, dem Staat der Juden.

Mit der Forderung nach Anerkennung seines Existenzrechts erreicht Israel von den Palästinensern die Anerkennung des quasi in Stein gemeißelten Charakters Israels als ausschließlich jüdischer Staat, der die Privilegien der Juden allen anderen ethnischen, religiösen und nationalen Gruppen innerhalb desselben Staatsgebietes überordnet. Die Frage, welche Konsequenzen ein solcher Staat nach sich zieht, wird sowohl von Israel wie auch im Westen einfach übergangen.

Für die meisten Beobachter bedeutet dies einfach, dass Israel die Rückkehr der Millionen von palästinensischen Flüchtlingen ablehnen muss, die in der ganzen Region in Flüchtlingslagern schmachten, deren frühere Behausungen in Israel inzwischen zu Gunsten von Juden enteignet wurden. Würde ihnen erlaubt zurückzukehren, würde Israels jüdische Mehrheit über Nacht dahinschwinden und es könnte nicht länger behaupten, ein jüdischer Staat zu sein, es sei
denn in dem Sinne, wie das Südafrika der Apartheid behauptete, eine weißer Staat zu sein.

Diese Schlussfolgerung wird offenbar von Romano Prodi, dem italienischen Premierminister, akzeptiert, nachdem die telegene Außenministerin Israels, Tzipi Livni, eine Werbetour durch westeuropäische Hauptstädte absolvierte. Laut Jerusalem Post soll Prodi unter vier Augen erklären, dass Israel von den Palästinensern Garantien erhalten sollte, dass sein jüdischer Charakter niemals in Frage stellt werden wird.

Vertreter Israels bejubeln, was sie für ein erstes Einbrechen der europäischen Unterstützung des internationalen Rechts und der Rechte der palästinensischen Flüchtlinge halten. „Es ist wichtig, jeden in dieser Sache auf dieselbe Haltung festzulegen,“ erklärte ein Vertreter Israels gegenüber der Jerusalem Post.

Aber in Wahrheit greifen die Konsequenzen einer Anerkennung Israels als eines jüdischen Staates durch die palästinensische Führung viel tiefer als die Frage der Zukunft der palästinensischen Flüchtlinge. In meinem Buch „Blut und Religion“ erläutere ich die grausamen Folgen sowohl für die Palästinenser in den besetzten Gebieten wie für die etwa eine Million Palästinenser, die in Israel als israelische Staatsbürger angeblich mit denselben Rechten wie jüdische Staatsbürger leben.

Mein Argument ist, dass dieses Bedürfnis, den jüdischen Charakter Israels um jeden Preis aufrecht zu erhalten, der eigentliche Grund für den Konflikt Israels mit den Palästinensern ist. Keinerlei Lösung ist erreichbar, so lange Israel auf der gegenüber anderen Gruppen privilegierenden Staatsbürgerschaft für Juden besteht, sowie darauf, die territorialen und geographischen Realitäten der Region so zu verzerren, dass die Zahlen weiterhin zu Gunsten der Juden ins Gewicht fallen.

Wenngleich letztlich die Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge die größte Bedrohung für Israels „Existenz“ darstellt, hat Israel eine weit dringlichere demographische Sorge: die Weigerung der Palästinenser in der West-Bank, Teile dieses Gebiets zu räumen, die von Israel begehrt werden (und die es unter den biblischen Bezeichnungen Judea und Samaria ausweist).

Innerhalb eines Jahrzehnts werden die Palästinenser der besetzten Gebieten zusammen mit der einen Million Palästinenser in Israel die Juden in Israel wie in den jüdischen Siedlungen in der West-Bank zahlenmäßig übertreffen.

Dies war einer der Hauptgründe für die „Loslösung“ von Gaza: Israel konnte behaupten, dass es bei gleichwohl fortgesetzter militärischer Besetzung des kleinen Landstreifens dennoch nicht länger für die dortige Bevölkerung verantwortlich ist. Durch den Rückzug von ein paar Tausend Siedlern aus dem Gazastreifen wurden 1,4 Millionen Gaza-Bewohner auf einen Schlag vom demographischen Rechenbrett gestrichen.

Aber obgleich der Verlust von Gaza die Gefahr einer palästinensischen Mehrheit in dem erweiterten Staat, den Israel anstrebt, um ein paar Jahre hinausgeschoben hat, besteht dadurch dennoch keine magische Garantie für die weitere Existenz Israels als jüdischer Staat. Daher können Israels palästinensische Staatsbürger, obgleich eine Minderheit von nicht mehr als einem Fünftel der Bevölkerung Israels, potentiell das ganze Kartenhaus zum Einsturz bringen.

Während der letzten zehn Jahre haben sie immer wieder gefordert, dass Israel aus einem jüdischen Staat, der sie systematisch diskriminiert und ihnen ihre palästinensische Identität verweigert, in einen „Staat aller seiner Bürger“ reformiert wird, in eine liberale Demokratie, die allen Bürgern, Juden und Palästinensern gleiche Rechte gewährt.

Israel erklärt die Forderung nach einem Staat aller seiner Bürger für Subversion und Hochverrat und dies in der klaren Erkenntnis, dass wenn aus Israel eine liberale Demokratie würde, die Palästinenser rechtmäßig folgendes fordern könnten: das Recht, Palästinenser aus den besetzten Gebieten und aus der Diaspora zu heiraten und ihnen damit die israelische Staatsbürgerschaft zu verschaffen – „ein Rückkehrrecht durch die Hintertür“, wie es bei offiziellen Vertretern heißt; ferner das Recht, aufgrund eines Rückkehrprogramms, das nur der schwache Schatten des existierenden Rückkehrgesetzes wäre, das jedem Juden irgendwo in der Welt das automatische Recht auf israelische Staatsbürgerschaft garantiert, im Exil lebende palästinensische Verwandte in ihre früheren Heimatorte in Israel zurückzuholen.

Um die erstgenannte Bedrohung abzuwehren, hat Israel 2003 ein offen rassistisches Gesetz erlassen, das es Palästinensern nahezu unmöglich macht, ihre palästinensischen Ehepartner nach Israel zu holen. Bis auf Weiteres haben solche Paare kaum eine andere Chance, als im Ausland Asyl zu suchen, wenn andere Länder ihnen Zuflucht gewähren.

Aber so wie die Loslösung aus Gaza ist dieses Stück Gesetzgebung eher eine Verzögerungstaktik als eine Lösung des Problems der „Existenz“ Israels. So hat Israel insgeheim Ideen entwickelt, die zusammen genommen darauf hinauslaufen, ein größeres Segment der palästinensischen Bevölkerung Israels aus seinem Staatsgebiet zu verlagern und allen verbleibenden „Staatsbürgern“ die politischen Rechte zu entziehen, sofern sie nicht einem „jüdischen und demokratischen Staat“ Treue schwören und damit auf ihre Forderung verzichten, dass sich Israel zu einer liberalen Demokratie reformiert.

Für einen jüdischen Staat ist ebenso wie für das Südafrika der Apartheid die Geschäftsgrundlage: Wenn wir überleben sollen, müssen wir in der Lage sein, alles Notwendige tun, um uns an der Macht zu halten, selbst wenn dies bedeutet, systematisch die Menschenrechte all jener, über die wir herrschen, zu verletzen, die eben nicht zu unserer Gruppe gehören.

Wo immer wir anderen leben, werden wir alle die Folgen davon zu spüren bekommen, dass Israel die Möglichkeit gegeben wird, weiterhin ein jüdischer Staat zu sein, und zwar nicht nur wegen der anhaltenden Wut in der Welt der Araber und Muslime, weil der Westen im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern mit zweierlei Maß misst. Infolge der israelischen Einstellung, dass nicht Frieden oder ein regionaler Ausgleich mit seinen Gegnern vordringlichstes Interesse ist, sondern das Bedürfnis, um jeden Preis eine jüdische Mehrheit aufrechtzuerhalten, um seine „Existenz“ zu schützen, besteht die Wahrscheinlichkeit, dass Israel in dieser oder jener Weise agiert, welche die regionale und globale Stabilität gefährdet.

Das zeigte sich schon als kleiner Vorgeschmack während des militärischen Aufmarsches gegen den Irak an der Begeisterung Israels für die bevorstehende Invasion und bei seinem Anschlag auf den Libanon im letzten Sommer. Aber am meisten wird dies deutlich, wo es darum geht, zum Krieg gegen den Iran zu trommeln.

Israel war Vorreiter bei den Versuchen, das iranische Regime als zutiefst anti-semitisch zu charakterisieren, und seine angeblichen atomaren Ambition als allein auf das Wunschziel ausgerichtet darzustellen, „Israel von der Landkarte auszulöschen“ – eine bösartige kalkulierte Falschübersetzung der Rede des iranischen Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad.

Die meisten Beobachter haben angenommen, dass Israel ernstlich um Sicherheit vor einem Atomangriff besorgt ist, wie unwahrscheinlich auch immer die Idee ist, dass ein muslimisches Regime, und sei es das fanatischste, unprovoziert Atomraketen gegen ein kleines Landstück abfeuern wird, das in Jerusalem einige der heiligsten Stätten des Islam in sich birgt.

In Wahrheit aber gibt es einen anderen Grund, weshalb Israel wegen eines atomar bewaffneten Iran besorgt ist, und das hat mit hergebrachten Vorstellungen von Sicherheit nichts zu tun.

Letzten Monat enthüllte Ephraim Sneh, einer der hervorragendsten Generäle Israels, ein ranghohes Mitglied der Arbeitspartei und nun Olmerts stellvertretender Verteidigungsminister, dass die vorrangige Sorge der Regierung nicht die Bedrohung durch einen atomaren Angriff Ahmadinejads auf Israel ist, sondern vielmehr die Wirkung, die der iranische Besitz solcher Waffen auf Juden ausübt, die davon ausgehen, dass Israel ein Monopol auf atomare Drohung besitzt.

Falls Iran solche Waffen erhielte, „würden die meisten Israelis vorziehen, hier nicht zu leben; die meisten Juden würden vorziehen, nicht mit ihren Familien hierher zu kommen, und Israelis, die im Ausland leben könnten, würden das tun..Ich fürchte, dass Ahmadinejad in der Lage sein wird, den zionistischen Traum zu töten, ohne auf den Knopf zu drücken. Deshalb müssen wir dieses Regime um jeden Preis am Erwerb einer atomaren Fähigkeit hindern.

Mit anderen Worten, die israelische Regierung zieht entweder einen eigenen Präventivschlag gegen den Iran oder die Motivierung der USA zu einem solchen Angriff – ungeachtet der schrecklichen Folgen für die globale Sicherheit – einfach deshalb in Erwägung, weil ein atomar gerüsteter Iran Israel zu einem weniger attraktiven Ort für Juden machen, zu verstärkter Emigration führen und das demographische Verhältnis zugunsten der Palästinenser verschieben würde.

Es könnte ein regionaler oder möglicherweise globaler Krieg entfesselt werden, damit Israels „Existenz“ weiterhin in Gestalt eines Staates gewährleistet ist, der Juden exklusive Privilegien bietet.

Um unserer aller Wohl willen müssen wir hoffen, dass die Palästinenser und ihre Hamas-Regierung weiterhin ablehnen, das „Existenzrecht Israels anzuerkennen.“

Jonathan Cook

Übersetzung aus dem Englischen: Klaus von Raussendorff

Quelle: Al Ahram No. 824 v. 14. – 20. Dez. 06


Der Autor ist Journalist mit Standquartier in Nazareth. Sein Buch „Blood and Religion: The Demasking of the Jewish and Democratic State“ („Blut und Religion: Die Demaskierung des jüdischen und demokratischen Staates“) ist bei Pluto Press erschienen.

Thema
Archiv