Site-Logo
Site Navigation

Ein antiislamischer Hassprediger

25. Februar 2007


oder
Alles wieder nur ein Mißverständnis?

Ein Gastkommentar von Gerhard Drexler zur Veranstaltung mit Henryk M. Broder in der Städtischen Bücherei Penzing in Wien am 20. Feber 2007. Vorgestellt wurde sein Buch: „Hurra, wir kapitulieren“, über das Leon de Winter am Cover schreibt: „Broder entlarvt die Selbsttäuschungen und Illusionen all derer, die Amerika und Israel kritisieren, statt sie in ihrem Kampf gegen islamischen Faschismus und arabische Tyrannei zu unterstützen“.

Die Antwort auf die Frage der Überschrift bleibt den überwiegend aus dem Kreis der Zionisten stammenden Zuhörerinnen und Zuhörern überlassen und wird, je nach ideologischem Standort, sicher höchst unterschiedlich ausfallen. Jetzt ist also auch der Auftritt Henryk M. Broders in Wien vorüber und man kann ruhigen Gewissens sagen, diese Veranstaltung hätte ohne weiteres auch als eine Veranstaltung der FPÖ über die Bühne gehen und H.C. Straches (1) Sager „Daham statt Islam“ hätte problemlos auch als Motto über dieser Veranstaltung stehen können.

Die 45 minütige Lesung aus seinem Buch hat Broder gleich einmal mit dem Bonmot begonnen: „Gelegentlich passiert es auch, dass ich selbst nicht meiner Meinung bin“ um dann in gewohnter Weise mit der zynischen Feststellung fortzufahren, dass er eigentlich auch Terrorist hätte werden können, wären doch auch bei ihm die typischen Vorraussetzungen für eine Terroristenlaufbahn gegeben gewesen, die da sind: Kind einer dysfunktionalen Familie, Eltern, deren Erwartungen er nicht erfüllen konnte, nicht enden wollende Demütigungen und Erniedrigungen in der Jugend, einsam, frustriert und geladen wie ein Fass Dynamit, eben alles Voraussetzungen für einen idealtypischen Amokläufer, nur fehlte bei ihm der entscheidende Aspekt: Er wollte sich nicht an der Welt rächen! Womit er im Gegenzug genau erklärt hat, warum man (man ist bei ihm natürlich Moslem!) zum Terroristen wird, während ihm, dem großen Philanthropen, Hass schon seit jeher fremd gewesen wäre!

Davon merkt man natürlich im weiteren Verlauf seiner Lesung nichts, ganz im Gegenteil! Von Moslems geht natürlich immer nur Gewalt aus, und die Nichtmoslems sind die ewig Naiven, die das auch noch verstehen wollen statt endlich einmal hart durchzugreifen. Hätte es noch vor Beginn des Irakkrieges geheißen „No blood for oil“ wären die Lehrer heute froh, wenn ihre Schüler mit Migrationshintergrund (ein Wort, über das sich Broder nicht genug mokieren kann) nur Schlagringe und keine Messer verwenden würden, und die Lösung des „Kopftuchproblems“ an den Schulen sei überhaupt falsch, denn selbstverständlich sei das Verbot des Kopftuches an den Schulen richtig, doch deshalb auch gleich alle anderen auffälligen religiösen Symbole wie das christliche Kreuz oder die jüdische Kipa zu verbieten sei absolut falsch, denn das Problem wäre nicht das Tragen religiöser Symbole als solche, sondern einzig und allein das Tragen des Kopftuches; zum Beweis führt er an, dass es auch schon vor dem Kopftuch in den Schulen Kreuz und Kipa gegeben habe ohne dass jemand damit ein Problem gehabt hätte. Die Probleme seien erst mit dem Kopftuch gekommen, und deshalb gehöre ausschließlich das Kopftuch verboten; wer es allerdings ist, der auf einmal ein Problem gerade mit dem Kopftuch hat, erläutert Broder natürlich nicht, ganz im Gegenteil macht er einen durch und durch abscheulichen Vergleich, indem er allen Ernstes meint, man würde, wenn man die Unterwelt entwaffnet, ja auch nicht gleich die Polizei mitentwaffnen nur wegen der Gleichheit! Womit Broder auch gleich seine persönliche Wertung vornimmt: Die Moslems sind die Bösen, also die Unterwelt, und die Christen und Juden sind die Guten, verglichen mit der Polizei, deren Aufgabe es anscheinend ist die Bösen, also die Moslems, zu bekämpfen. Das sind also die Ansichten und Vergleiche eines Menschen, dem Hass fremd ist und der einzig und allein für mehr Toleranz eintritt!

Doch es geht in dieser Tonart munter weiter. Die Unterscheidung zwischen Islam und Islamisten sei in Wirklichkeit nur feinsinnig, und provokant und er stellt die Frage in den Raum, ob es nicht vielmehr die Islamisten seien, die den Koran korrekt auslegen, indem sie ihn wörtlich nehmen? Wer hier differenziert, kapituliert im Grunde auch schon. (Im Buch auf S. 53 heißt es dann deutlicher, der Unterschied zwischen Islam und Islamismus entspreche vermutlich dem zwischen Alkohol und Alkoholismus, also er sei nur eine Frage der Dosierung). Eine Gesellschaft wie die deutsche, die eine Ausstellung über den Islamismus veranstaltet statt „solche Leute“ des Landes zu verweisen hat sich selbst aufgegeben, und zwangsläufig kommt der äußerst geschmacklose Vergleich mit der Appeasementpolitik des Lord Chamberlain gegenüber Hitler. Und einen weiteren Vergleich hat Broder auf Lager, wenn er meint, die Veranstaltung von multikulturellen Straßenfesten sei vergleichbar mit dem Kapitän der sinkenden Titanic, der das Bordorchester aufspielen ließ, um den Passagieren den Untergang so angenehm wie möglich zu machen!
Selbstverständlich muss ein „ordentlicher Rechter“ und strammer Verteidiger des US Imperialismus auch seinen Antikommunismus unter Beweis stellen, und so zieht er nicht nur über zahlreiche anerkannte Dichter der ehem. DDR her, sondern macht sich auch über andere vermeintliche Linke wie beispielsweise Franz Xaver Kroetz lustig, um dann am Ende seines Referates die provokante Frage zu stellen: „Was ist so schlecht an dem (Kapitalistischen) System? Es hat sich als enorm flexibel und lernfähig erwiesen. Statt seine Feinde auszugrenzen hat es sie integriert und korrumpiert. Ein ehemaliger Straßenkämpfer konnte Außenminister werden und nach nur sieben Jahren Amtszeit ein Haus in Berlins bester Gegend beziehen. Ein ehemaliger Terroristenanwalt wurde Innenminister und oberster Hüter der Verfassung, leitende Stasi-Mitarbeiter bekamen die Chance, sich als Hobbyköche und Schriftsteller zu resozialisieren.“
Damit hat er sich endgültig selbst bloßgestellt.

Im Anschluss an den Vortrag bekam der Sprecher der Initiative Muslimischer Österreicher Gelegenheit zu einer Entgegnung, was dieser zu einem kurzen Koreferat nützte, das ihm allerdings gründlich misslang. Statt sich auf Broder selbst zu konzentrieren, ihn sachlich anzugreifen und sowohl die Widersprüche als auch die eigentliche Hassbotschaft im Vorgetragenen offenzulegen und damit Broder bloßzustellen, lief er ihm ins offene Messer und übte sich hektisch und langatmig in „positiver Argumentation“, und war damit Broder hoffnungslos unterlegen. Noch dazu dürfte er schon im Vorfeld des Abends sehr ungeschickt agiert haben, was ihm sowohl die Häme des vorwiegend zionistischen Auditoriums als auch den arroganten Sager des Herrn Broder eintrug: „Wissen Sie, mein Problem sind nicht die Mullahs und die Fundamentalisten, sondern Leute wie Sie!“

In der Diskussion zeigte Broder dann sein wirkliches, höchst überhebliches Wesen und gebärdete sich Andersdenkenden gegenüber in ausschließlich arroganter Weise. Auf die Feststellung, auch die katholische Kirche hätte eine Reihe von Verbrechen begangen und man verurteile dennoch nicht gleich die ganze Kirche sagte Broder nur, der Anfrager solle besser sein Verhältnis zur katholischen Kirche klären statt sich hier zu Wort zu melden, und auf die Feststellung eines jungen Teilnehmers, Broder habe in seinem ganzen Referat überhaupt keine Lösung angeboten und die anschließende Frage, was eigentlich seiner Meinung nach mit den hier lebenden Muslimen, vor allem dann, wenn sie bereits die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen, geschehen solle, entgegnete er nur hochnäsig, auf solche flegelhaften Fragen antworte er nicht, das hätte er nicht notwendig, denn es gibt Fragen, auf die man nicht antworten muss.
Richtig wütend wurde Broder dann, als ein Zuhörer bemerkte, dass das eigentliche Problem in der heutigen Zeit die USA seien. Das wäre Blödsinn, heischte er den Zuhörer an, und so etwas dürften Leute, die 1945 von der US Armee befreit wurden auch heute nicht sagen! Hier steht Broder also eindeutig auf der antideutschen (antinationalen) Position, die ausschließlich dazu dient Kritik am heutigen US Imperialismus schon im Keim zu ersticken. Dass diese antinationale Position mit der Verabsolutierung des politischen Zustandes während und unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg natürlich auch jegliche Kritik an den heutigen Verbrechen Israels am palästinensischen Volk als von Haus aus unmoralisch zu unterbinden versucht ist dabei mitenthalten, auch wenn der Name Israel während des ganzen Abends kein einziges Mal erwähnt wurde. Mit diesem von Broder verwendeten Argument entlarvt er sich aber auch als unobjektiven Polemiker. Bekanntlich sind sowohl Berlin als auch Wien nicht von den US Truppen, sondern unter großen Opfern von der Roten Armee befreit worden, und der damalige Oberbefehlshaber der Roten Armee hieß Josef Stalin! Die Broder’sche Logik in objektiver Weise anwendend dürfte man also deshalb auch heute weder die Rote Armee noch Josef Stalin, die ehem. Sowjetunion und auch nicht den Kommunismus kritisieren; genau das macht aber der notorische Antikommunist und rechte „Denker“ Henryk. M. Broder!

Die wirkliche Chuzpe behielt sich Broder allerdings für den Schluss der Diskussion vor, als er sagte, er wäre eigentlich gegen ein rein weißes arisches Europa, ihm wären mehr Moslems in Europa lieber, denn eigentlich hat er ja nichts gegen Moslems und tritt nur für mehr Toleranz ein! Mehr Toleranz? Wie war denn das vorhin mit dem Vergleich zwischen einem multikulturellen Straßenfest mit der auf der untergehenden Titanic spielenden Bordkapelle? Wenn es um mehr Toleranz geht, sollte Herr Broder erst einmal die eigenen Hausaufgaben machen.

Abschließend noch einige Worte zum Ort der Veranstaltung, der Städtischen Bücherei Penzing. Derer Leiterin betonte gleich am Beginn der Veranstaltung unter Verweis auf die Nähe des 48er Platzes, der seinen Namen in Andenken an die Revolution von 1848 erhielt, dass es ihr um die Pressefreiheit gehe und sie und ihr Team bei der Auswahl der vorzustellenden Bücher stolz darauf seien immer alle Meinungen zu präsentieren. Im Hinblick auf eine Demarche seitens der Initiative Muslimischer Österreicher bei der MA 13, der sie sich tapfer entgegengestellt und deshalb auch keinen Koreferenten am Podium zugelassen habe, erläuterte sie, dass immer ein Buch im Mittelpunkt stehe, aus dem die Autorin/der Autor vortrage und deshalb auch nur für sie/ihn Platz am Podium bestünde.

Im zweiten Fall ist sie völlig im Recht, denn eine Buchvorstellung ist der Verfasserin/dem Verfasser vorbehalten und kritische Stimmen sollten sich aus dem Publikum äußern. Was allerdings ihre angeblich ausgewogene Präsentation aller Meinungen anlangt, bietet sich dem aufmerksamen Betrachter ein ganz anders Bild. Der Schwerpunkt im politischen Bereich liegt bei besagter Bücherei ganz eindeutig im prozionistischen und antinationalen Bereich, wie auch dieser Abend wieder bewies. Aber vielleicht ändert sich das in Zukunft und es wird auch einmal Helga Baumgarten eingeladen ihr Buch über die HAMAS vorzustellen, oder wie wäre es mit dem Buch von Wolfgang Freisleben: Das Tor zur Hölle, oder am Ende gar Norman G. Finkelstein mit seinem Buch: Antisemitismus als politische Waffe? So könnte man Ausgewogenheit nicht bloß behaupten, sondern auch tatsächlich unter Beweis stellen!

Drexler Gerhard
Wien, am 24. Feber 2007

Thema
Archiv