„Kärnten wird einsprachig!1“ – mit dieser und ähnlich provokanten Aussagen versucht Jörg Haider, sich weiterhin politisch über Wasser zu halten. Die Allgemeinheit fragt sich, wie 52 Jahre nach dem Staatsvertrag, dessen Artikel 7 die Rechte der Slowenischen und Kroatischen Minderheit garantieren soll, derartig Diskriminierendes aus dem Munde eines gewählten Politikers noch möglich ist.
Aus den Reihen der großen Parteien ertönt bei jeder sich bietenden Gelegenheit (von denen Haider zahlreiche liefert) ein empörter Aufschrei – vertreten ÖVP und SPÖ doch angeblich die „demokratische Mitte“, wobei sich insbesondere die SPÖ antirassistischer und minderheitenfreundlicher Politik rühmt. Wirft man jedoch einen Blick auf die Vergangenheit, so stellt man fest, dass es über Jahrzehnte hinweg ein rot-schwarzes Machtkartell war, das jede Umsetzung der SlowenInnenrechte in Kärnten verhinderte: Unter anderem bekleideten in der zweiten Republik fünf Sozialdemokraten und ein Christdemokrat das Amt des Landeshauptmannes und setzten sich in dieser Zeit ebenso wie zahlreiche SP-Bürgermeister aktiv gegen Zweisprachigkeit ein. Seit 1951 ist die slowenische Bevölkerung auf 30 % ihres früheren Bestandes geschrumpft.
Auch die aktuellen Vorschläge der Regierungs-SPÖ stellen lediglich faule Kompromisse dar und schmähen jeglichen Staatsvertragsrechts, wollen sie doch mit Hilfe einer „großzügigen Genehmigung“ einer kleinen Anzahl zweisprachiger Ortstafeln die slowenische Minderheit milde stimmen – von ursprünglich rund 800 sollen nun 156 zweisprachige Ortstafeln aufgestellt werden! – gleichzeitig aber der tatsächlichen Umsetzung des Artikels 7 einen Riegel vorschieben.
Jahrzehntelang hat die österreichische Politik die Kärntner SlowenInnen mit mürrisch gewährten und als spendables Entgegenkommen dargestellten, tatsächlich jedoch rein kosmetischen Veränderungen der politischen und sozialen Missstände hingehalten – sichtbare Symbole für die Existenz der traditionell angefeindeten und zur Assimilation gedrängten Minderheit wurden in einem Prozess der Aushöhlung des Rechtsstaates stets verweigert.
Das Maß ist voll.
Wir fordern die sofortige kompromisslose Umsetzung des Artikel 7 und damit die Zweisprachigkeit öffentlicher Aufschriften im gesamten zweisprachigen Gebiet2!
1 http://kaernten.orf.at/stories/133897/
2 Damit ist der Geltungsbereich des von 1945 bis 1958 geltenden Minderheitenschulwesens gemeint:
Ausführliche Analyse hier.
Anhang
Artikel 7 des Österreichischen Staatsvertrages
1. Österreichische Staatsangehörige der slowenischen und kroatischen Minderheiten in Kärnten, Burgenland und Steiermark genießen dieselben Rechte auf Grund gleicher Bedingungen wie alle anderen österreichischen Staatsangehörigen, einschließlich des Rechtes auf ihre eigenen Organisationen, Versammlungen und Presse in ihrer eigenen Sprache.
2. Sie haben Anspruch auf Elementarunterricht in slowenischer oder kroatischer Sprache und auf eine verhältnismäßige Anzahl eigener Mittelschulen; in diesem Zusammenhang werden Schullehrpläne überprüft und eine Abteilung der Schulaufsichtsbehörde wird für slowenische und kroatische Schulen errichtet werden.
3. In den Verwaltungs- und Gerichtsbezirken Kärntens, des Burgenlandes und der Steiermark mit slowenischer, kroatischer oder gemischter Bevölkerung wird die slowenische oder kroatische Sprache zusätzlich zum Deutschen als Amtssprache zugelassen. In solchen Bezirken werden die Bezeichnungen und Aufschriften topographischer Natur in slowenischer oder kroatischer Sprache wie in Deutsch verfasst.
4. Österreichische Staatsangehörige der slowenischen und kroatischen Minderheiten in Kärnten, Burgenland und Steiermark nehmen an den kulturellen, Verwaltungs- und Gerichtseinrichtungen in diesen Gebieten auf Grund gleicher Bedingungen wie andere österreichische Staatsangehörige teil.
5. Die Tätigkeit von Organisationen, die darauf abzielen, der kroatischen oder slowenischen Bevölkerung ihre Eigenschaft und ihre Rechte als Minderheit zu nehmen, ist zu verbieten.