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Ausnahmezustand, viel Bewegung aber wenig Inhalt!

7. Juni 2007

Anti-G8-Proteste in Rostock verbleiben auf dem Niveau einer allgemeinen Unmutsäußerung

Zweifellos ist die Teilnahme 80.000 Demonstrierender am 2. Juni in Rostock zu begrüßen. Massendemonstrationen mit breiter internationaler Beteiligung sind in Deutschland längst kein Kulturgut. Dass die Demonstration in einer menschenleeren Stadt fernab vom Ort des Gipfels stattfand, kann den Veranstaltern natürlich nicht vorgeworfen werden, sondern ist einzig und allein auf die massiven Restriktionen zurückzuführen, für die ein reaktionärer Bundesinnenminister und eine nicht minder reaktionäre Regional-SPD verantwortlich zeichnen.

Allerdings muss die Frage nach den (fehlenden) Inhalten der Demonstration gestellt werden. Dass man gegen G8 ist, ist angekommen. Aber wofür ist man? Die allgemein-unverbindliche Floskel einer „besseren“ oder „anderen Welt“ ist schnell aufgestellt. Doch was sind die konkreten Forderungen hin zu einem alternativen Weltsystem? Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass eine Demonstration kein Seminar ersetzen kann, muss die Frage gestellt werden, warum bei einem Demozug mit 80.000 Menschen weder der Kampf im Nahen Osten, noch in Lateinamerika, und hier insbesondere Venezuelas eine verschwindende
Rolle gespielt haben!? Dass die arabischen Bevölkerungen – nicht weniger als das globale Hauptangriffsziel Euroamerikas – ein Recht auf Widerstand haben? Fehlanzeige in Rostock! Mag es vereinzelt antagonistische Forderungen oder Redebeiträge gegeben haben, der Grundtenor der Demonstration verblieb in einem Unkonkreten.

Es geht hier nicht darum, etwa ökonomische oder antirassistische Forderungen klein zu reden. Aber wie lässt sich das Grundübel dieser Epoche, die imperiale Weltkriegsordnung, bekämpfen, ohne die realen
Gegenkräfte dieser Ordnung zumindest zu benennen? Die unausgesprochene, aber alles überschattende äquidistante Haltung „Nein zu US-Kriegen und Nein zu militärischem Widerstand“ hilft den links- wie rechtsliberalen Menschenrechtsbombern und führt geradewegs in den politischen Untergang
der Linken.

Was bleibt? Eine bis ins Mark systembejahende Attac distanziert sich aufs Entschiedenste von Militanz und redet so den Schäubles und Caffiers das Wort, die bereits laut über den Einsatz von Gummigeschossen
und paramilitärischen Einheiten nachdenken dürfen. Man mag über die politische Sinnhaftigkeit von Straßenmilitanz je nach Fall unterschiedlicher Ansicht sein. Wir maßen uns jedenfalls nicht an, moralisch zu verurteilen, dass es gelegentlich auch in der Ersten Welt etwas rappelt.

Im Falle Rostocks sagen wir, dass organisierte Militanz kombiniert mit deutlich mehr inhaltlicher Schärfe der bessere, wenn nicht der beste Weg gewesen wäre.

Initiativ e.V., Juni 2007

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