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Gaza: Wählerwille durchgesetzt

15. Juni 2007

Machtübernahme der Hamas ein Fortschritt für den Widerstand
Die Machtübernahme der Hamas im Gazastreifen ist im Grunde nichts anderes als die Durchsetzung der Wahlergebnisse von vergangenem Jahr. Mit allen möglichen Mitteln versuchte der Westen, Israel und die Fatah das demokratische Wahlergebnis zu missachten. International wurde ein Hungerembargo verhängt, die gewählte Regierung nicht anerkannt und die unterlegene Fatah samt ihrer Milizen, Geheimdienste etc. aufgerüstet.

Seitens der Hamas wurde jeder Kompromiss versucht, einschließlich der Bildung einer Einheitsregierung mit der Fatah. Doch sowohl der Westen als auch die Fatah setzten ihre Obstruktionspolitik fort. Sie wollten die Macht einfach nicht abgeben und auch der Westen wollte seine willfährigen Handlanger trotz offensichtlicher Korruption, Misswirtschaft und Bereicherung nicht durch die Vertreter des Volkswiderstands ersetzt sehen.

Besonders schlimm stellte sich die Situation in Gaza dar, wo die Milizen von Mohamed Dahlan gegen das Volk und insbesondere den Widerstand marodierten. Sie spielten die Rolle der israelischen Kollaborateure, die den Widerstand von innen spalten und bekämpfen sollten.

Wir begrüßen die Machtübernahme der Hamas, weil sie endlich den Willen des Volkes durchsetzt, den dieses in den Wahlen überdeutlich zum Ausdruck gebracht hat der aber von der Welt systematisch missachtet wurde und wird. Die Geschwindigkeit mit der die Kräfte der Hamas die verbliebenen Positionen der Fatah einnahmen, zeigt wie sehr letztere jegliche Unterstützung in der Bevölkerung verloren hat und wie tief die Moral ihrer Truppen bereits gesunken ist.

Bürgerkrieg?

Oft ist vom Bruder- oder Bürgerkrieg die Rede, dass sich die Palästinenser selbst zerfleischen würden anstatt sich gemeinsam gegen die Besatzung zu erheben.

Gudrun Harrer trägt dieses Stereotyp in unendlich selbstgefälliger Manier der sich zivilisiert und sogar aufgeklärt-fortschrittlich Wähnenden im Standard vom 12.6.07 vor: „Der Vormarsch eines extremistischen Islam, mit dem die ’normale‘ Bevölkerung terrorisiert wird; der Rückfall in prämoderne Muster von Stämmen und Clans; die Militarisierung und Milizionisierung; und letztlich die religiöse Maskierung politischer und wirtschaftlicher Kriminalität. Jede primitive Straßengang trägt den Islam im Namen, sowohl im Irak als auch im Gazastreifen.“ Die Primitiven schlachten sich also selbst ab und schuld daran ist das Feindbild Nummer eins, der Islam.

Tatsächlich stehen die Verhältnisse ziemlich genau umgekehrt. Die Räuberbanden bilden diejenigen, die mit Israel kooperieren, die sich bereichern und die Bevölkerung, die Widerstand leistet, terrorisieren. Sie führen eben gerade nicht den Islam im Mund, sondern schimpfen sich säkular, ein Zauberwort mit Hilfe dessen der Westen antidemokratische und kriminelle Machenschaften ihrer Handlanger deckt. Harrer und Co versuchen zu verschleiern, dass der Widerstand nicht nur in Palästina, sondern in der gesamten arabisch-islamischen Welt ein präzises politisches Ziel hat: das Ende der Besatzung und westlichen Fremdherrschaft und die Selbstbestimmung, einschließlich der kulturellen.

Die übergroße Mehrheit des palästinensischen Volkes will für seine Selbstbestimmung kämpfen, die Besatzung abschütteln und den zionistischen Kolonialismus beenden. Diejenigen, die noch an einen Kompromiss mit Israel glauben, werden immer weniger angesichts des Betrugs von Oslo und der andauernden Aggression. Statt Land gegen Frieden wurde den Palästinensern von Israel nur noch mehr geraubt und die Existenz gänzlich verunmöglicht, bis hin im größten Gefängnisgetto der Welt eingepfercht zu werden, nämlich in Gaza.

Indes wollten die Kollaborateure von Fatah-Führung den Volkswillen nicht akzeptieren. Sie tragen die alleinige Schuld für den bewaffneten Konflikt. Natürlich wäre es besser gewesen, wenn sie die Ergebnisse des Votums freiwillig akzeptiert und sich von ihren Posten und Futtertrögen zurückgezogen hätten. Stattdessen haben sie den Bürgerkrieg inszeniert. Kein Kompromiss, kein Zugeständnis der Hamas hat ausgereicht, um sie zu besänftigen – dank der festen Unterstützung aus dem Westen, allen voran der EU. Die militärische Aktion der Hamas erwies sich letztlich als einzige Möglichkeit dem Bürgerkrieg ein Ende zu setzen. Der verhasste Statthalter Dahlan ist endlich geflohen und das ist gut so.

Als letzte Rettung schwebt Abbas die Entsendung einer internationalen Truppe vor, die verräterischer Weise auch von Israel akzeptiert wird, das ansonsten eine solche immer ablehnt. Der Widerstand muss in der Ablehnung dieser Truppe unterstützt werden.

Unterdessen versucht die Fatah im Westjordanland, wo sie noch mehr Positionen hält, in einer Art präventiven Putsch die Hamas anzugreifen und auch dort den Bürgerkrieg anzuzetteln. Sie löste die Regierung auf und verhängte den Ausnahmezustand.

Die Auflösung der Regierung, die keine ist, ist ein richtiger Schritt, wenn auch von den falschen Leuten. Dem müsste jedoch die Auflösung der ganzen Palästinensischen Behörde (PA) folgen, die nichts als eine Bantustan-Verwaltung von Gnaden der USA und Israels sowie den Mitteln der EU ist. Der PA ist nichts anderes als eine Verschleierung der Besatzung, jedoch ist bei einer offenen Besatzung der Feind wenigsten offen sichtbar und der Spielraum für Kollaboration kleiner.

Israelischer Einmarsch?

Angesichts des Sieges des Widerstands in Gaza erwägt man in Israel den neuerlichen Einmarsch in Gaza. Auch in dieser Hinsicht ist die Machtübernahme der Hamas günstig, denn sie und ihre Kämpfer sind als einzige fähig, der Besatzungsarmee den ihr gebührenden Empfang zu bereiten. Die Möglichkeiten des Widerstands im Gaza-Streifen der federführend von der Hamas getragen wird haben sich bereits in dem Abzug der israelischen Siedler im Sommer 2005 widergespiegelt. Und auch wenn Gaza nicht der Libanon ist – dass Israel besiegt werden kann, hat man im vergangenen Sommer gesehen.

Antiimperialistische Koordination
Wien 15. Juni 2007

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