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Kein türkischer Einmarsch in den Nordirak!

8. November 2007

Demonstration: 10.11.2007, 13 Uhr Oper/Karlsplatz, Wien

Demonstration
Samstag, 10. November 2007
13 Uhr Oper/Karlsplatz
Wien

Lynchmorde an kurdischen Politikern, ausgebrannte Geschäfte, Überfälle auf kurdische Aktivisten durch “graue Wölfe” sogar in Österreich: In den letzten Wochen hat sich ein beispielloser chauvinistischer Taumel türkischer Nationalisten gegen die kurdische Minderheit abgespielt. Der Chauvinismus durchdringt die gesamte Gesellschaft – die Regierung, die Medien, die seit Wochen “antiterroristisches” Sonderprogramm ausstrahlen, das Militär, als Hort des autoritären Kemalismus, aber auch große Teile der türkischen Bevölkerung.
Die Regierung der konservativen AKP, die dem entsetzlichen Kemalismus (eine Form der prowestlichen Modernisierungsdiktatur bei Nichtbeachtung aller Minderheitenrechte) in den letzten Jahren und Monaten einige Scharten geschlagen hatte, und daher auch unter der kurdischen Bevölkerung Unterstützung genossen hatte, wird von dieser Welle vollständig mitgerissen. Gewinner dieser Entwicklung ist der autoritärste Flügel des kemalistischen Militärapparates, der durch den erneuten Wahlsieg der AKP gehörig unter Druck geraten war. Auf dem Spiel stand letztlich, und die eingeleitete Entwicklung fortschreibend, der Verlust der entscheidenden politischen Rolle der Armeeführung. Das ist natürlich keine antiimperialistische Revolution, nicht einmal das Ende der prowestlichen Orientierung der Türkei, aber immerhin ein Aufbrechen der kemalistischen Diktatur. Mit der militaristischen Wende hat die Armeeführung den Kommandostab wieder an sich gerissen und treibt die Regierung vor sich her. Alle linkskemalistischen Halluzinationen, dass sich der offiziöse türkische Nationalismus gegen den Westen und die USA richten könnte, müssen an dieser Kräftekonstellation zerbrechen. Solange sich das Verlangen nach nationaler Souveränität nicht von der kemalistischen Militärführung und dem großtürkischen Chauvinismus absetzt, bleibt die nationalistische Mobilisierung Spielball der Oligarchie.

Die PKK scheint sich auf der anderen Seite auf ein recht gewagtes Spiel eingelassen zu haben. Ihre ernstgemeinten Bemühungen für einen Waffenstillstand und eine politische Lösung (unter Verzicht auf viele der zentralen Forderungen) wurden von der türkischen Oligarchie zurückgewiesen. Zum militärischen Druck gesellte sich auch zunehmende politische Isolation. Die jüngsten militärischen Angriffe der PKK scheinen der Versuch alles auf eine – die amerikanische – Karte zu setzen. Die Idee ist eine Internationalisierung des Kurdenkonflikts, der Versuch die kurdische Autonomieregierung im Nordirak (und damit ihre amerikanischen Schutzherren) zur Streitpartei zu machen und sich gleichzeitig der USA für die Destabilisierung des Iran anzudienen. Wir halten das für einen folgenschweren Irrtum: Die türkische Generalität lässt sich nicht durch einen geopolitischen Trick von ihren amerikanischen Mentoren trennen. So wenig, wie sich bei der Flucht Abdullah Öcalans nach Italien und seiner späteren Verhaftung, die europäische Bourgeoisie durch den Appell an die Demokratie von ihren Geschäften in der Türkei trennen ließ. Die reine Geopolitik mag einen Konflikt erkennen, wenn die USA versucht, sich sowohl auf die kurdische Regionalregierung im Irak, als auch auf die rabiat antikurdischen türkischen Generäle zu stützen. Tatsächlich wissen aber beide – Barzani/Talabani und die Kemalisten, dass sie ohne amerikanische Unterstützung verloren sind. (Das sei übrigens auch jenen gesagt, die möglicherweise hoffen mit Hilfe einer türkischen Intervention die kurdische Regionalregierung auszuschalten und somit den irakischen Widerstand zu stärken. Ein anderer geopolitischer Trick, der genauso wenig funktioniert.)

Wir können dem Flirt der PKK mit einer amerikanischen Intervention naturgemäß wenig abgewinnen und den US-Marionetten in Erbil noch weniger. Und wir glauben nicht an geopolitische Tricks. Der Weg Vorwärts ist die antiimperialistische Volksbewegung entlag der sozialen Interessen der Unterschicht, der sozialen, nationalen und religiösen Rechte. Dazu gehört auch die Verteidigung des Selbstbestimmungsrechts des kurdischen Volkes. Die Aufgabe heute ist die klare Stellung gegen die Welle des antikurdischen Chauvinismus in der Türkei.

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