Das Leid der Palästinenser lindern darf nicht kriminalisiert werden
Adel Doghman ist den meisten Österreichern heute bekannt. Sein Händedruck mit Bundespräsident Heinz Fischer hat eine diffamierende Medienkampagne ausgelöst. Im vorauseilenden Gehorsam wurde die amerikanischen Anti-Terrorpolitik medial aufbereitet. In einem Interview spricht Adel Doghman mit der Antiimperialistischen Koordination (AIK) über den politischen Hintergrund dieser Hetzkampagne.
AIK: Worin besteht die Aktivität ihres Vereins Palästinensische Vereinigung in Österreich (P.V.Ö.)?
Adel Doghman: Die Hauptaufgabe der P.V.Ö. besteht darin palästinensische Flüchtlinge im Gazastreifen, der Westbank und im Libanon zu unterstützen. Das Flüchtlingsproblem ist zentral für die Palästinenser. Daher investieren wir in diesem Bereich viel Arbeit. Ich selbst wurde in einem palästinensischen Flüchtlingslager im Libanon geboren. Ich kenne daher sehr genau das Leid dieser Menschen. Es herrscht eine unerträgliche Situation in diesen Lagern. Es muss die Aufgabe aller Palästinenser sein, die weltweit verstreut in der Diaspora leben, die Palästinenser in den Flüchtlingslagern zu unterstützen, um ihnen ein Leben in Würde zu ermöglichen.
Die P.V.Ö. wurde 1993 als Verein gegründet. Wir haben uns nach dem österreichischen Vereinsgesetz gegründet und haben uns immer an die gesetzlichen Vorschriften gehalten.
AIK: Worin besteht der Vorwurf gegen ihren Verein?
Adel Doghmann: Der Vorwurf besteht darin, dass die P.V.Ö. Gelder für die Hamas sammeln würde. Das entspricht nicht den Tatsachen. Wir sammeln Geld für Kinder in den palästinensischen Flüchtlingslagern, das auf transparente Art und Weise anerkannten Organisationen überwiesen wird. Wir haben der österreichischen Regierung vorgeschlagen, dass sie uns problematische Organisationen nennen solle und wir die Überweisungen für sie stoppen werden. Darauf haben die österreichischen Behörden aber nicht reagiert.
Der politische Kern der jüngsten Medienkampagne besteht darin, dass die Leute immer eine eindeutige politische Identität festlegen wollen. Sie wollen von einem hören, dass man entweder zur Fatah stehe oder der Hamas nahe stehe. Doch dies ist im Falle der P.V.Ö. nicht möglich.
AIK: Wie wird die Transparenz der Spendenüberweisung gewährleitstet?
Adel Doghman: Alle Spendengelder, die wir als P.V.Ö. erhalten haben, wurden über Bankkonten transparent an anerkannte Organisationen und Verein transferiert. Die Vereine, die von uns Geldmittel erhalten haben, sind anerkannte und registrierte Organisationen. Sie sind nicht nur von der Palästinensischen Autonomieverwaltung anerkannt, sondern selbst von den israelischen Behörden. Der Vorwurf, es handle sich dabei um Organisationen der Hamas, ist absurd. Teilweise gehen diese Vereine sogar auf das Jahr 1963 zurück, also jene Zeit vor dem Krieg von 1967.
AIK: Die Medien haben sich nun auf Ihren Besuch bei Bundespräsident Heinz Fischer gestürzt. Wie sehen sie die Rolle der Medien in den aktuellen Ereignissen?
Adel Doghman: Die jüngste Medienkampagne ist die Fortsetzung der alten Vorwürfe von 2003. Schon damals hatte sich Stefan Beige von der Wiener Zeitung als besonders gewissenlos erwiesen. Er veröffentlicht falsche und ungenaue Informationen, anscheinend ohne sie genau geprüft zu haben. Er verletzt damit seine Sorgfaltspflicht als Journalist. Die Vorwürfe, die in den Medien gegen mich vorgebracht werden, sind vollkommen aus der Luft gegriffen.
AIK: Worin bestehen die Vorwürfe von 2003?
Adel Doghman: Der Vorwurf der Spendensammlung zur Finanzierung der Hamas hat schon einer längere Geschichte. Schon 2003 wurden diese Vorwürfe erhoben. Damals tauchte unsere Organisation und mein Name auf einer Liste des FBI auf. Auf einer Liste, die insgesamt 778.000 Namen auflistete. Daran sieht man schon die Beliebigkeit dieser Anschuldigungen.
Die österreichischen Behörden sind den Vorwürfen nachgegangen. Sie sind jedoch zur Einsicht gekommen, dass diese Vorwürfe unhaltbar sind. So wird im Verfassungsschutzbericht von 2004 festgehalten: „Dabei nannte Präsident Bush auch den in Wien ansässigen Verein ‚Palästinensische Vereinigung in Österreich‘. Eine über Gerichtsauftrag durchgeführte Ermittlung zu diesem Vorwurf erbrachte jedoch keine Bestätigung.“ In diesem Jahr wurden die Ermittlungen wieder aufgenommen. Ich habe jedoch keine Ahnung warum und von wem eine neuerliche Anzeige bei den Behörden gemacht wurde.
AIK: Wie stehen Sie zur Hamas und der Regierung im Gazastreifen?
Adel Doghman: Ich sage es mit aller Deutlichkeit: Wir sind nicht die Hamas. Wir sind kein Ableger von deren Organisation hier in Österreich. Wir sind auch keine Organisation, die für die Hamas Spenden sammelt. Dennoch treten wir dafür ein, dass die demokratischen Wahlen in Palästina von 2006, in denen die Hamas als Sieger hervorgegangen ist, akzeptiert werden müssen. Die Blockadepolitik richtet sich gegen die demokratische Entscheidung des palästinensischen Volkes.
Die Blockadepolitik gegen den Gazastreifen ist Verbrechen gegen das palästinensische Volk. Denn durch diese Politik ist vor allem die Bevölkerung betroffen. Gerade durch diese Politik hat sich das Bedürfnis nach Hilfslieferungen gesteigert. Es sind aber zur Zeit überhaupt keine Hilfslieferungen in den Gazastreifen möglich. Daher haben auch wir die Aktivitäten für den Gaza einstellen müssen.
Die Spaltung des palästinensischen Volkes, der Kampf zwischen Hamas und Fatah hat unseren Bestrebungen sehr geschadet. Wir treten für die Einheit unseres Volkes ein. Die zerstrittenen Organisationen sollten sich alle an einen Tisch setzen und an einer gemeinsamen Lösung arbeiten. Wir müssen an dieser gemeinsamen Lösung ohne fremde Einmischungsversuche arbeiten.
5.12.2007
Sebastian Baryli