Interview mit Dr. Djimadoum LEY-NGARDIGAL, Generalsekretär der
„Tschadischen Aktion für die Einheit und den Sozialismus“ (ACTUS), einer
der zahlreichen Oppositionsparteien
Frage: Was hält die tschadische Opposition von der europäischen Militärmission?
Ley: Die aus vielen verschiedenen Kräften zusammengesetzte Opposition ist fast in ihrer Gesamtheit gegen die Entsendung der EUFOR-Truppen. Die Präsenz von französischen Militärbasen unter dem Vorwand der Verteidigung der territorialen Integrität eines „unabhängigen“ Staates seit Beginn der Kolonialzeit bis heute, kann nur einen bitteren Beigeschmack hinterlassen. Tatsächlich verteidigen die Truppen nichts anderes als die ökonomischen Interessen der multinationalen Konzerne und die geostrategischen Interessen des Imperialismus auf dem afrikanischen Kontinent. Sie sind nichts anderes als Besatzungstruppen.
Mehrere Volksaufstände gegen die verschiedenen Diktaturen, die uns von Frankreich aufgezwungen wurden, sind im Blut ertränkt worden – unter direkter Beteiligung französischer Truppen, die ihrer Marionettenregierung zur Hand gingen.
Die von der der EUFOR behauptete humanitäre Hilfe ist nichts als der Baum, der den Wald verdecken soll. Die Kosten der Militäroperation – 300 Millionen Euro pro Jahr – wären viel besser in wirkliche humanitäre Hilfe investiert.
F: Die EU behauptet, es handle sich genau um eine solche humanitäre Hilfe an die Flüchtlinge aus dem Sudan.
Ley: Dass die EUFOR an die Grenze zum Sudan (Darfur) entsendet wird, lässt keinen Zweifel an ihrem wahren Charakter: sie soll die bereits vorhandenen französischen Truppen stärken, die den Diktator Präsident-General Idriss Dà©by seit 17 Jahren an der Macht halten.
Die vier wichtigsten Kräfte des nationalen bewaffneten Widerstands im Osten des Tschad (UFFDD, RFC, UFDD-Fondamentale, CNT), die gegen die Regierung kämpfen, müssen sich darauf gefasst machen, auch von der EUFOR angegriffen zu werden, denn diese befindet sich nun einmal in Koalition mit den Regierungstruppen. Sie kann gar nicht anders als in den internen Konflikt hineingezogen zu werden – auf der Seite der Diktatur.
F: Was halten Sie vom Konflikt im benachbarten Sudan?
Ley: Dieser wurde von Präsident Dà©by angestachelt, der zum Beispiel die Rebellenbewegung MJE von Dr. Ibrahim Khalil finanziert und bewaffnet, der zwischen Paris und N’Djamà©na posiert und sich präsentiert. Es ist kein Zufall, dass die sudanesischen Rebellen auf der Seite der tschadischen Armee gegen den Widerstand im Osten kämpfen.
Der Imperialismus versucht jene Länder in die Knie zu zwingen, die sich ihre Unabhängigkeit zu bewahren versuchen. Der Sudan steht auf der Liste der Schurkenstaaten der USA. Zudem werden in Darfur große Erdölreserven vermutet. Da werden die Anstrengungen, die Hand auf Darfur zu legen, verständlich. Die Allianz EUFOR-Dà©by-Sudan-Rebellen steht für die Balkanisierung des Sudan.
F: Wer ist die Opposition im Tschad?
Die tschadische Opposition seit sich aus mehreren Dutzend Organisationen zusammen, deren Ziele teilweise sehr unterschiedlich sind. Ihr Minimalkonsens ist es, der Diktatur Dà©bys ein Ende zu setzen, der laut verschiedener Menschenrechtsgruppen für den Tod von rd. 25.000 Menschen verantwortlich ist.
F: Gibt es auch Kräfte, die für die EUFOR sind?
Ley: Leider ja. Aber sie repräsentieren nur eine winzige Minderheit, die von den neokolonialen Kräften um Dà©by infiltriert werden konnten. Es handelt sich aber mehr um Einzelpersonen als um wirkliche Parteien.