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Das Bundesheer, Anhängsel Sarkozys

13. Dezember 2007

Aufsatz zum österreichischen Kriegseinsatz im Tschad, Krieg in Afrika Teil 1

1) Bombeneinsätze mit französischer Assistenz.

Die Rebellen sind bereit, feindliche Flugzeuge abzuschießen, um sich zu
wehren. „Wir haben eine funktionierende Flugabwehr, mit der wir auf
Flugzeuge schießen können“ versichert Abakar Tollimi, Generalsekretär
der UFDD (Union des forces pour la dà©mocratie et le dà©veloppement,
Vereinigte Kräfte für Demokratie und Entwicklung) (1).

Seit Montag den 26. 11. finden heftige Kämpfe zwischen der Armà©e
Nationale Tchadienne (ANT, Nationale Armee des Tschad) und der UFDD
statt. Die Rebellen werfen den Franzosen vor, ihre Flugzeuge hätten
beim Überfliegen der Kampfzone Informationen für die Regierungskräfte
und deren militärisches Vorgehen gegen den Widerstand gesammelt.

Mahamat Nouri, Chef der UFDD, berichtet über die Vorkommnisse am
Donnerstag, den 29. 11.: „Gegen 12 Uhr 30 – die französischen Breguet
hatten ununterbrochen unsere Stellungen überflogen – haben uns
Helikopter (der Armee) des Tschad bombardiert und wir waren das erste
Mal gezwungen, uns … zurückzuziehen.“ (2) Dies sei, immer noch laut
UFDD, unmittelbar nach dem Einsatz des französischen Aufklärers
Breguet-Atlantique 2 geschehen (3).

UFDD-Sprecher Mahamat Hassane Boulmaye meint dazu: „Hier ist die
Grenze überschritten worden, denn Frankreich nimmt direkt an der Seite
des Gewaltherrschers Dà©by am Krieg teil.“ (4).

Christophe Prazuck, der Sprecher des französischen Generalstabs gibt
die Überflüge problemlos zu und erklärt, es handle sich um
Aufklärungsflüge mit drei verschiedenen Funktionen.

Die erste: „Man muß verhindern, dass sich die Kämpfe in ihrer
Brutalität bis nach N´Djamena ausbreiten.“ Eine weitere Aufgabe sei es,
sicherzustellen, dass die Flüchtlingslager von den Kämpfen nicht in
Mitleidenschaft gezogen werden. Und schließlich dient die Maßnahme zur
„Vorbereitung des Einsatzes der Eufor.“ (5)

Die Überflüge fanden in der Nähe des an der sudanesischen Grenze
gelegenen Hadjer-Marfain-Gebirges statt (6). Mit diesen
Erkundungsflügen und beim nachfolgenden Bombardement fanden die Kämpfe
einen vorläufigen Höhepunkt.

Begonnen hatten sie am Montag den 26. 11 in der Nähe der Ortschaften
Forchana und Hadjer Hadid mit stundenlangen Auseinandersetzungen
zwischen Regierungstruppen und Aufständischen (7).

Das ATN berichtet laut Reuters, es seien dabei hunderte Rebellen
getötet worden. Laut einem Kommuniquà© des Generalstabs, das auch vom
Fernsehen ausgestrahlt wurde, seien „50 Fahrzeuge beschlagnahmt und 40
zerstört worden, außerdem wurden mehrere Kriegsgefangene gemacht.“ (7)

„Nach dem Angriff auf den Gendarmerieposten von Hadjer Hadid wandten
sich die Rebellen Richtung Abà©chà©. Nachdem sie von den Verteidigungs-
und Sicherheitskräften heute morgen gestoppt wurden, fanden in der Nähe
von Abou Goulem, einem Ort etwa 80 km von Abà©chà©, Kämpfe von
außerordentlicher Intensität statt.“ (7) Die entsprechende Abteilung
sei restlos liquidiert worden. Soweit das Kommuniquà© des Generalstabs;
allerdings muß man bei dessen Äußerungen vorsichtig seien, es werden im
allgemeinen sehr kräftige Angaben gemacht, die denen der Rebellen meist
diametral entgegengesetzt sind.

Die UDFF steht zu dem Zeitpunkt nicht allein da. Am Samstag den 25. 11.
hatte bereits eine weitere Widerstandsorganisation, die RFC
(Rassemblement des forces pour le changement, Sammlungsbewegung für
Veränderung) das einen Monat zuvor in Libyen vereinbarte
Waffenstillstandsabkommen gekündigt (7).

Wenn den Rebellen Glauben zu schenken ist, so hat die derzeitige
Kampfphase mit einer kriegerischen Provokation seitens des ANT gegen
ein legitimes ziviles Vorgehen begonnen. Am vorangegangenen Samstag den
24. habe sich die UFDD nach Hadjer Hadid begeben, um sich mit Wasser zu
versorgen, berichten die Rebellen. Dies sei der einzige Absicht
gewesen, mit der sie die Stadt betreten hätten. Sie seien sofort wieder
abgezogen, und von ihnen aus hätte es keinen Angriff gegeben. Daraufhin
sei, so berichtet Reuters, von Helikoptern des Tschad wie auch der
Franzosen Jagd auf die Rebellen eröffnet worden, ohne daß dies näher
erläutert wird (7).

Wenige Tage später wird eine weitere Bilanz gezogen: Seit Beginn der
Kampfhandlungen seien mehrere hundert Personen getötet worden, allein
die französische Armee habe 150 Personen, die bei Kampfhandlungen
verletzt wurden, nach Abà©chà© und N´Djamena ausgeflogen (8). Afp meldete
am 29. 11. noch höhere Zahlen: „Ärztlichen Quellen zufolge seien seit
Montag 250 bis 300 verletzte Regierungssoldaten evakuiert und nach
N´Djamena gebracht worden.“ (9)

Tollimi zufolge sei auch am Donnerstag den 29. 11. die militärische Initiative von den Regierungstruppen ausgegangen (9).

Reuters kommentiert am 26. November: „Diese Konflikte veranschaulichen,
auf was für ein Niveau die Sicherheitslage in dieser Region gesunken
ist, in der in den nächsten Wochen die ersten Kontingente der Eufor
eintreffen sollen …“ (7)

Die Situation ist klar: Es ist Krieg. „Von nun an sieht sich die UFDD
im Kriegszustand mit der französischen Armee und sämtlichen
ausländischen Kräften, die sich auf nationalem Territorium befinden“,
erklärte die UFDD in einem Kommuniquà©, das sie an das Reuters-Büro in
N´Djamena schickte (6).


2) Langfristige Kriegsplanung Frankreichs

Das französische Militär, das sich seit 1986, also seit mehr als 20
Jahren im Tschad festgesetzt hat, verfügt dort über eine feststehende
Zahl von 1.100 Mann und dazu über Kampf- und Transportflugzeuge sowie
Aufklärer (1). Unter anderem werden die Mirage-Kampfflugzeuge vom Typ
F1 eingesetzt. Die wichtigsten Basen und Kriegszentralen Frankreichs in
Zentralafrika befinden sich derzeit im Tschad und in Gabon. In
Libreville in Gabon ist das 6. Marineinfanteriebataillon stationiert,
das 800 Mann umfasst. Im Tschad sind die Kräfte zwischen der Hauptstadt
N´Djamena (950 Mann) und Abà©chà© (150 Mann) aufgeteilt, eine kleinere
Einheit befindet sich in Faya-Largeau im Norden des Landes (10). Neben
einem Aufklärer von Typ Breguet-Atlantique, einem C-135- Tankflugzeug,
drei Transportflugzeugen Transall C-160 und 6 Puma-Helikoptern befinden
sich im Tschad auch 6 Jagdbomber vom Typ Mirage F-1 (8)

Zwischen Frankreich und dem Tschad besteht ein militärischer
Kooperationsvertrag, der bereits aus dem Jahre 1976 stammt und
logistische und medizinische Unterstützung sowie Zusammenarbeit bei der
Aufklärung vorsieht. Vom französischen Generalstab verlautet in diesem
Zusammenhang, er befände sich „mit niemandem im Kriegszustand.“ (4)

Wie die enge militärische Zusammenarbeit mit einer bombardierenden,
also wohl kriegsführenden Partei nicht als militärische Aktivität
angesehen werden kann, bleibt das Geheimnis der französischen Militärs.

Die Verteidigungskräfte versuchen entsprechend nachzuziehen. Bereits im
Jahre 2006 verfügten die Rebellen über eine Luftabwehr. Damals wurde
eine Luft-Boden-Rakete, aller Wahrscheinlichkeit nach eine SA-7, eine
infrarotgelenkte, tragbare Luftabwehrrakete sowjetischer Produktion,
gegen ein Atlantique-Flugzeug eingesetzt. Im April 2006 wurde von der
Luftwaffe des Tschad das Feuer auf eine Marschkolonne der Rebellen
eröffnet, die eben auf dem Weg in die Hauptstadt war. Am 20. April 2006
war von einer weiteren Rebellenorganisation, der FUC (Front Uni pour le
Changement, siehe Kapitel 4) eine Blitzoffensive gegen die Hauptstadt
versucht worden, die aber fehlschlug.


3) Franzosen. Vorreiter des Afrikakriegs.

Die stärkste und treibende Kraft der EU-Mission ist Frankreich,
Frankreich stellt auch die meisten Soldaten. 3.700 Soldaten sollen
insgesamt im Rahmen der Eufor zum Einsatz kommen. Davon stellt allein
Frankreich 1.700 Soldaten, also beinahe die Hälfte. Das war der Stand
Ende November (11). Die Zahlen steigen inzwischen an, es wird bereits
von 4.300 Eufor-Soldaten geredet (12). Ob auch die Zahl der
französischen Soldaten, und auch ihrer Spezialeinheiten ansteigen wird?
Zahlreiche Soldaten der Elitetruppe Commandement des opà©rations
spà©ciales (COS) sind jedenfalls an verschiedenen Punkten im Osten des
Tschad wie auch im Norden Zentralafrikas, entlang der sudanesischen
Grenze aufgestellt (8).

Am 29. 11. fand in Nizza ein französisch-italienisches Gipfeltreffen
statt. Bei dieser Gelegenheit hielt Sarkozy mit seiner soldatischen
Mentalität nicht hinterm Berg.

Er plädierte da mit einer primitiven hemdsärmeligen Diktion offen für
den Zwei-Fronten-Krieg: „Wenn man sich entscheidet, von der einen Seite
europäische Kräfte ins Land zu schicken und von der anderen (vom Sudan)
ein gemischtes Kontingent aus UNO und Afrikanischer Union, dann wohl
weil´s hier Probleme gibt, weil´s Schwierigkeiten gibt. … Wenn´s keine
gäbe, dann hätten wir keine Soldaten hinuntergeschickt.“ (13) So eine
Sprache soll offenbar das „Argument“ abgeben für einen afrikanischen
Dauerkrieg. Die Sprache ist ähnlich rudimentär wie bei seinen Hetzen
gegen die banlieue.

Sarkozy ist ein umfassender Afrikakrieger. Er führt Krieg gegen die Afrikaner im eigenen Land, und in Afrika.

Das französische Außenministerium, das sich offenbar als europäisches
Kriegsministerium versteht, drängt, der Einsatz der Eufor solle
„schnellstmöglich“ erfolgen, berichtet der Figaro (1). Die Sarkozy´sche
Schnelligkeit, auch im Töten, will er ganz Europa aufdrängen.

Frankreich will wohl ganz seine Rolle als europäischer Kriegsstaat
spielen, und die kleinen europäischen Kriegsstaaten haben ihm zu folgen.

4) Auch ein zwischenstaatlicher Konflikt

Vom Tschad wird der Sudan, wie bereits in der Vergangenheit, offen
beschuldigt, die Rebellen „bewaffnet“ zu haben und es wird ihm eine
„Aggression“ vorgeworfen, die das Ziel habe, den Tschad zu
„destabilisieren“ (9).

Die Regierung in N´Djamena hat beim sudanesischen Botschafter eine
offizielle Protestnote eingelegt; der Botschafter wurde am Donnerstag
den 29. 11. bereits das zweite Mal innerhalb weniger Tage einberufen.
Der Regierung in Khartoum wurde damit gedroht, man werde sein Recht
geltend machen, die Rebellen auch auf sudanesischem Territorium zu
verfolgen. (9)

Mit anderen Worten: Der Tschad droht offen mit Grenzverletzungen und militärischen Operationen auf fremdem Territorium!

Schon zu Beginn der Kämpfe erhob die Regierung des Tschad schwere
Vorwürfe gegen die Rebellen und den benachbarten Sudan. Die Rebellen
hätten am Samstag (den 24. 11. AuO) von ihren Rückzugsbasen im Sudan
aus operiert, „um die Gendarmen anzugreifen, deren Aufgabe der Schutz
der Flüchtlingslager sei, die sich in einigen kleinen Grenzsiedlungen
befinden, darunter Hadjer Hadid.“ (14)

Der zwischenstaatliche Konflikt wird auch noch durch
Kommunikationsminister Hourmadji Moussa Dounagor angeheizt: „Der Tschad
macht den Sudan verantwortlich, er ist schließlich verpflichtet,
sämtliche Aktionen aller bewaffneten Kräfte der Unterzeichner des
Vertrags von Sirte (in Libyen, AuO) militärisch zu verhindern, bis die
zentrale Klausel des genannten Vertrags, nämlich die Entwaffnung (der
Rebellen, AuO), umgesetzt ist.“ (14) Die bisher drei von insgesamt vier
Unterzeichner-Organisationen, die vom Waffenstillstandsvertrag wieder
zurückgetreten sind, argumentieren damit, daß die Regierung wesentliche
Punkte des Vertrags nicht eingehalten hat.

Umso gefährlicher der Einsatz einer großen europäischen Streitmacht, wo
es sich doch schon eindeutig nicht mehr bloß um einen innerstaatlichen
Konflikt, sondern um einen zwischen zwei Nationen handelt. Der Eufor
wird man vorwerfen müssen, daß sie zusätzlich auch noch afrikanische
Nationen aufeinander hetzt.

Die Polemik läuft auf niedrigem Niveau ab, wie man an den Äußerungen
des Premierministers des Tschad, Nouraddine Delwa Kassire Coumakoye,
ablesen kann: „Der sudanesische Präsident Omar Hassan al Baschir
verbringt wohl schlaflose Nächte, wenn er an das Eintreffen der
Kampftruppen der UNO und der Europäischen Union denkt. Er will
verhindern, daß sie zum Einsatz kommen, weil er denkt, daß diese
Kräfte, die an der Grenze des Tschad stationiert sein werden, für ihn
eine Gefahr darstellen.“(11) Das erklärte der Präsident vor
versammelten Journalisten.

Nicht nur ein militärischer Bürgerkrieg, auch ein Bruderkrieg unter Afrikanern – um es etwas panafrikanisch auszudrücken.

5) Was sind die wichtigsten Kräfte des bewaffneten Widerstands?

Wenn in diesem Beitrag, meist in Anlehnung an den französischen
Sprachgebrauch, die Bezeichnung „Rebellen“ verwendet wird, oder
manchmal auch „Widerstand“, so ist damit nicht notwendigerweise eine
politische Wertung im Sinne eines antagonistischen Subjekts gemeint,
mit der sich etwa europäische AntiimperialistInnen identifizieren
könnten wie mit der Ujamaa-Bewegung des Julius Nyerere. Ausdrücke wie
„Rebellen“ u. ä. sind hier neutral verstanden.

In der Mehrzahl handelt es sich um bewaffnete Formationen, die bloß
unterschiedliche Fraktionen der Bourgeoisie, ja des
politisch-militärischen Machtapparates vertreten. In zwei Fällen stehen
ehemalige Verteidigungsminister des Dà©by-Regimes an der Spitze solcher
Guerillas, eine bewaffnete Formation wird gar von einem Neffen des
Staatschefs angeführt.

Der Kampf um Erdöl und Bodenschätze spiegelt sich nicht nur auf der
Ebene der Widersprüche zwischen den Interessen der internationalen
Ölkonzerne, der Weltbank und nationalen Interessen ab, sondern es ist
auch ein innerstaatlicher Kampf um die Beute, d. h. die Teilhabe an der
Macht, zwischen unterschiedlichen bürgerlichen
Interessensgruppierungen, der in einen wilden Kampf aller gegen alle
mündet – wobei es auch innerstaatliche Machtfraktionen gibt, die von
„außen“, etwa Libyen, Rückendeckung haben.

Die Warenanarchie findet ihren Ausdruck im blutig zerfleischenden Kampf
um die Führung. Man kann sich vorstellen, was aus dem Ganzen wird, wenn
auch noch die europäische Kriegsmaschinerie der Eufor hinzutritt: das
Beispiel Jugoslawien hat uns gelehrt, daß Fremdsteuerung aus den
Nachbarstaaten, aus Brüssel und den Vereinigten Staaten zusätzlich zum
inneren Verfall eine ganze Region endgültig an den Rand des Chaos und
der Verwesung bringen kann, wie man etwa am Beispiel der
Kosovo-Problematik überdeutlich sieht.

Die einzelnen Kapitalfraktionen und ihre Guerillas machen aber auch
Anleihen beim Panafrikanismus und Antiimperialismus, die
unterschiedlichen bürgerlichen Formationen, bzw. deren Communiquà©s
nehmen auch unterschiedliche Grade von Aufklärung und Kritik auf.
Manche antiimperialistische Philippika ist recht interessant zu lesen.
Diese Communiquà©s sind nützlich, wenn sie Informationen sei’s über das
Kampfgeschehen, sei’s über politische Prozesse sozusagen aus
Insiderkreisen bekanntgeben, oder auch wenn sie politische Korrekturen
am starren Staatsapparat formulieren. Da diese bewaffneten Flügel
bürgerlicher, linksbürgerlicher oder auch linkerer Fraktionen zum Teil
eine recht große bewaffnete Gefolgschaft und auch entsprechende
zivilgesellschaftliche Partnerorganisationen haben, sind die
Voraussetzungen gegeben, daß, angesichts des allgemeinen Unbehagens,
linkere und kritische Abspaltungen von den großen bekannteren
bewaffneten Formationen stattfinden, und das ist ja immer eine
erfrischende Neuigkeit. Das heißt: Es gibt auch Übergänge vom
bürgerlichen zum nicht-bürgerlichen Widerstand.

Eine tiefergehende Analyse des progressiven Lagers muß auf einen
weiteren Artikel verschoben werden, zunächst soll einmal hier der
interessante Mummenschanz – die Analyse, die wir hier in unserem
letzten Kapitel zusammenfassen (15), nennt ihn sogar eine „faune
rebelle tchadienne“, also eine wilde Fauna, einen Wildwuchs, mit
afrikanischer Selbstironie, die natürlich dabei mit dem
eurozentristischen Klischee spielt – beschrieben werden, der sich in
den letzten Monaten und Jahren entfaltet hat.

4 bewaffnete Organisationen haben am 25. Oktober 1996 in Libyen eine
Waffenstillstandsvertrag abgeschlossen: die UFDD (Union des forces pour
la dà©mocratie et le dà©veloppement, Vereinigte Kräfte für Demokratie und
Entwicklung), die UFDD Fondamentale, eine Abspaltung der UFDD, die RFC
(Rassemblement pour le Changement, Sammlung für einen Wechsel) und die
CNT (Convention Nationale Tchadienne). Bis auf letztere haben alle hier
genannten bewaffneten Organisationen in der Zwischenzeit den
Waffenstillstand wieder aufgekündigt; die CNT dürfte, zum Zeitpunkt der
Abfassung dieses Berichts, auf dem Weg dazu sein.

Die UFDD ist vorangeprescht. In einem Communiquà© vom 6. 11. aus den Bergen von Hadjer Marfaine wird Folgendes festgestellt:

1. Die Franzosen helfen dem Tschad bei der Aufklärung, dies sei nicht Bestand des Kooperationsvertrags

2. Die Aufklärungstätigkeit der Franzosen habe 1989 /90 begonnen,
während des ganzen Jahres 1990 angedauert „und eine wesentliche Rolle
bei der Machtergreifung am 1. Dezember 1990“ gespielt.

3. Die „Frankreichfeindliche Stimmung“ steige „tagtäglich in allen Provinzen des Tschad“.

4. Es wird die Erklärung des französischen Staatssekretärs für
Kooperation und Frankophonie kritisiert, die „weder einen Beitrag zur
Entspannung darstelle, „noch auch Kritik gegenüber der bisherigen
Haltung erkennen“ lasse, „sondern vielmehr eine Tendenz in Richtung
Kontinuität was das militärische Engagement betrifft“.

5. Die Unterstützung Frankreichs für Dà©by stelle „eine Verletzung sämtlicher Vereinbarungen“ dar.

Angesichts dieser Tatsachen – und der Schlußsatz ist besonders
bedeutsam – „bleibt das Exekutivbüro der UFDD bei seiner Position und
wird die künftige Entwicklung danach beurteilen, inwieweit das
französische Heer oder jede andere militärische Kraft des Auslands, die
sich auf nationalem Territorium befindet, sich militärisch engagiert
oder eine neutrale Position einnimmt.“ (16)

Bereits am 23. 11.berichtete afp, daß es mit dem Waffenstillstand jetzt
wohl zuende ginge. Mahamat Nouri von der UFDD erklärte: „Ich glaube,
N´Djamena hat die Vereinbarung vergessen!“ Und er kündigte an: „Ab 25.
November sind die Vereinbarungen von Tripolis null und nichtig, und der
Waffenstillstand ist nicht mehr in Kraft!“ Dem schloß sich Timane
Erdimi von der RFC an. Der Regierung wurde im besonderen vorgeworfen,
sie hätte sich geweigert, an einer in Khartoum angesetzten
Nachverhandlung, auf der die Modalitäten der Umsetzung des Vertrages
auf der Tagesordnung standen, teilzunehmen (17).

Nouri sprach zum damaligen Zeitpunkt schon davon, dass die
Wiederaufnahme des Bewaffneten Kampfes nicht mehr auszuschließen sei,
Timane Erdimi war noch vorsichtig, und er forderte die Regierung auf,
noch einmal „eine Probe ihres guten Willens“ zu zeigen, es könnten
sudanesische oder libysche Vermittler eingeschaltet werden. Zum
Staatschef meint er aber: „Idriss Dà©by ist an Frieden nicht
interessiert.“ (17). In der Folge eine kurze Charakterisierung der
bewaffneten Oppositionskräfte.

Die UFDD ist die größte Organisation, sie wird von General Mahamat
Nouri angeführt. Nouri war bis vor 4 Jahren Verteidigungsminister in
der Regierung Dà©by, wurde zum Botschafter in Saudiarabien ernannt,
demissionierte dann von diesem Posten und schloß sich daraufhin dem
Widerstand an. Seine Truppe dürfte 3000 bis 6000 Kämpfer umfassen, wie
von mehreren Quellen bestätigt wird (15).

Die zweitwichtigste Kraft ist das RFC (Rassemblement pour le
Changement, Sammlungsbewegung für einen Wechsel). Dieses Gebilde
besteht aus ehemaligen Elementen der Präsidentschaftsgarde, die für den
16. Mai 2005 einen Umsturz planten, der aber mißlang. Dem damaligen
Generalsekretär der Präsidentschaftskanzlei, Timane Erdimi, der auch
die Graue Eminenz des Regimes genannt wurde, oder der Rasputin des
Präsidentenpalastes, war es gelungen, den Großteil der Soldaten der
Leibgarde gegen den Herrscher zu mobilisieren und dessen Projekt, mit
Hilfe einer Verfassungsänderung seinen Weiterverbleib an der Macht zu
sichern. Timane Erdimi ist der Neffe des Präsidenten Dà©by und arbeitet
eng mit seinem Zwillingsbruder Tom Erdimi zusammen. Beide sollen die
Fäden für den Putsch gezogen haben.

Gegen den Putschversuch wurde von der französischen Militärbasis aus
erfolgreich interveniert, und das war ausschlaggebend. Im Ostteil des
Landes sammelte Erdimi dann den Großteil der Verwandten Dà©bys, die sich
am Putschversuch beteiligt hatten.

15 Jahre lang hatte Timane Erdimi seine Finger im Spiel gehabt, wenn es
darum ging, Posten zu besetzen. Wer etwas im „politischen Dschungel des
Tschad“ (15) werden wollte, der hing von ihm ab, wenn wer zu
verschwinden hatte, dann entschied er das.

Derzeit umfasst die RFC des Dà©by-Neffen zwischen 500 und 1000 Mann,
aber die Zahlen können sich rasch ändern, denn es werden zahlreiche
neue Leute aufgenommen.

Die drittgrößte im Osten des Landes aktive Organisation ist die CNT
(Convention Nationale Tchadienne). Sie steht unter der Führung des
Hassane Saleh Al Gadam Al Jinedi, der seine Ausbildung an der
Militärakademie in Tripolis genossen hat. Derzeit steht die Formation
vor einer Zerreißprobe: Al Jinedi soll abgesetzt werden, die Hardliner
unter Hauptmann Hamid Abdelkader drängen an die Macht. Al Jinedi wird
vorgeworfen, er sei gegenüber Dà©by zu nachgiebig. Zum Zeitpunkt der
Abfassung dieses Berichts stand die CNT unter der Führung eines
Direktoriums und umfasst etwa 1000 Mann.

Viertwichtigste Kraft ist die UFDD-Abspaltung UFDD-Fondamentale unter
Abdelwahid Abous Mackaye, sie umfasst etwa 500 Mann und hat die Stadt
Addà© im Südosten eingenommen (15).

Zu diesen Kräften, die das Abkommen unterzeichnet haben, kommt eine Reihe von weiteren Gruppierungen unterschiedlichster Art.

Etwa die FUC (Front Uni pour le Changement, Vereinigte Front für einen
Wechsel) unter der Führung des Generals Mahamat Nour – nicht zu
verwechseln mit Mahamat Nouri, dem UFDD-Führer. Auch Nour war übrigens,
wie Nouri, Verteidigungsminister der Regierung Dà©by, bis vor kurzer
Zeit. Seine Karriere verlief folgendermaßen: Im April des vergangenen
Jahres wollte er mit der FUC die Hauptstadt stürmen. Er wurde
zurückgeschlagen, und dies wiederum mit Hilfe der im Land stationierten
Franzosen. Auf Betreiben Gaddafis kam es zu einem Abkommen zwischen
Dà©by und Nour, und in der Folge wird Nour Verteidigungsminister (15).
Die FUC aber ließ sich nicht entwaffnen, begann wieder zu kämpfen, nach
Auseinandersetzungen, die eine Woche lang dauerten, floh Nour in die
libysche Botschaft und wurde kurz darauf, am 1. Dezember, abgesetzt
(18).

Die UFC (Union des Forces pour le Changement, Vereinigte Kräfte für
einen Wechsel), nicht zu verwechseln mit dem FUC oder gar dem RFC,
umfasst wiederum drei kleinere Rebellenorganisationen: das MUR
(Mouvement pour l´Unità© et la Rà©publique, Bewegung für die Einheit und
die Republik), die FPRN (Front Populaire pour la Renaissance Nationale,
Volksfront für eine Nationale Wiedergeburt) und die FDP (Front
Dà©mocratique Populaire, Demokratische Volksfront).

In den Niellim-Bergen im Süden operiert außerdem ein Mouvement
Populaire pour la Renaissance et le Dà©veloppement (MPRD, Volksbewegung
für Neubeginn und Entwicklung) unter der Führung von Djibrine Dassert,
einem ehemaligen Weggefährten von Dà©by. Im November 2005 hat er einen
Blitzangriff auf die Nomadengarde unternommen, die sich in
unmittelbarer Nähe des Präsidentenpalastes befindet, und dabei
zahlreiche Waffen erbeutet. Damit zog er sich in den Süden zurück, wo
ihn die Armee noch nicht hat aufreiben können. Seit einiger Zeit soll
er auch im Osten aktiv sein. Und schließlich sei noch die
Telsswi-Renaissance von Michel Mbaïllemel erwähnt, die an der Grenze zu
Zentralafrika operiert. Diese Gruppierung hat an allen Rebellionen im
Süden des Tschad seit den 80er Jahren teilgenommen (15).

Darabos´provinzielle Söldner dürften somit heillos überfordert sein!


6) Kriegspartei Österreich

Die Entsendung europäischer Soldaten eine rein “ humanitäre “ Angelegenheit ?

Es besteht eine Zusammenarbeit zwischen Frankreich und dem Tschad im
Erkunden und darauffolgenden Bombardieren. Spionieren und Bombardieren
dienen unter anderem auch als Vorbereitung für den europäischen
Kriegseinsatz .

Teilnahme am Eufor-Einsatz ist daher eine eindeutige Positionierung im afrikanischen Krieg.

Zu Beginn eine militärische Provokation seitens des Tschad und Frankreichs – dann wieder zum Höhepunkt der Kämpfe.

Österreich linkt sich also in einen Bombenkrieg ein.

Wenn der Tschad seine Einsätze gegen seine eigenen Bevölkerung mit
Frankreich koordiniert, Frankreich wesentliches Know-How einbringt und
noch dazu die gesamteuropäische Invasionstruppe anführt, dann ist ein
jedes Element dieses komplexen und umfassenden Einsatzes, in was für
einer unterschiedlichen Funktion auch immer, Teil eines Krieges gegen
die afrikanische Bevölkerung.

Österreichs Truppen würden sich also bei einem noch so humanitären
Einsatz – an den ohnehin niemand glaubt; die Soldaten und Soldatinnen
haben ja, wie man aus den Interviews mit österreichischen Soldaten und
Soldatinnen ersieht, nicht gerade viel Grütze, um den jeweiligen
politischen und Kontext zu beurteilen; was wissen sie schon von Afrika?
– nolens volens und automatisch auf einer Seite der Kriegsfront
befinden, auf der europäischen.

Außerdem gibt es wohl kaum jemanden, der in der Lage ist, die Politik
der unterschiedlichen bewaffneten Formationen zu beurteilen und
einzuschätzen, und am allerwenigsten Herr Darabos, der der Problematik
weder sprachlich noch gedanklich gewachsen ist.

Wenn aber die Voraussetzungen für einen politische Analyse der
Situation fehlen, und davon zeugt ja tagtäglich das Niveau der
Tschadbezogenen Artikel in der österreichischen Presse – dann sollte
man so schnell wie möglich seinen Rückzug von diesem Abenteuer
erklären, denn es würde auch für die österreichischen Soldaten blutig
enden.

Was Frankreich betrifft, so braucht nur auf seine Rolle in Algerien, in
der Cà´te d´Ivoire und jetzt im Tschad hingewiesen werden. Seine Politik
in Afrika ist blutigster und brutalster Neokolonialismus. Österreich
reiht sich daher mit der Kriegsteilnahme unter die ärgsten Kriegshetzer
(und künftigen Kriegsverbrecher) ein.

Österreichs Afrikapolitik ist Dummheit mal Verbrechen.

Die Distanzlosigkeit des Herrn Darabos und der Frau Plassnik gegenüber
dem Gewaltmenschen Sarkozy, dem Dà©by Europas, ist fabelhaft.

Österreich, dessen Polizei reihenweise Schwarze umbringt, sollte in Afrika nicht SO viel zu reden haben!

Eine Positionierung der österreichischen Soldaten und Soldatinnen in
diesem Kontext ist mit der österreichischen Neutralität und einer
gewissen gewachsenen Tradition des diplomatischen österreichischen
Ausgleichens nicht vereinbar.

++++



(1) Tchad : les avions franà§ais menacà©s par les rebelles, Le Figaro/afp, 30. 11. 2007


(2) Tchad: les rebelles en „à©tat de belligà©rance“ avec l’armà©e franà§aise, afp, 30. 11. 2007

(3) Des rebelles trà¨s offensifs, RFI/afp/Reuters, 30. 11. 2009. Sperrung im Zitat von AuO.

(4) La France dà©fià©e par les rebelles tchadiens ; Le Figaro, 30. 11. 2007

(5) Tchad: l’armà©e franà§aise a à©vacuà© 150 combattants blessà©s aprà¨s les affrontements, Le Monde/afp, 30. 11. 2007

(6) Tchad: les rebelles s’en prennent à  la France, France 2, 30. 11.

(7) Stephanie Hancock : L´armà©e tchadienne annonce la mort de centaines de rebelles, Reuters, 26. 11. 2007


(8) Jean-Dominique Merchet: Violents combats dans l’Est du Tchad, où
sont dà©jà  les forces spà©ciales franà§aises, in einem Blog der
Libà©ration, 30. 11. 2007


(9) „Au Tchad, des combats d´une rare violence depuis lundi“, afp, 29. 11. 2007

(10) Tchad : Les forces franà§aises positionnà©es au Tchad, Angola Press, 30. 11. 2007

(11) Le Tchad accuse le Soudan d´instrumentaliser les rebelles, Le Monde/Reuters, 29. 11.

(12) Tchad : retard dans l´envoi du contingent d´Eufor (porte-parole Eufor), afp, 28. 11. 07

(13) L´Eufor se dà©ploiera comme prà©vu dans l´Est du Tchad, selon Sarkozy, afp, 30. 11. 2007

(14) L´armà©e tchadienne annonce la mort de centaines de rebelles, Reuters/Le Monde, 26. 11. 2007


(15) Les mouvements rebelles qui menacent le pouvoir du Prà©sident
Idriss Dà©by Itno, apanews, 6. 12. 2007, zitiert nach jeuneafrique.com


http://www.jeuneafrique.com

(16) Communiquà© de presse N°024: Union des Forces pour la Dà©mocratie et le Dà©veloppement ( UFDD) (TchadVision 07/12/2007)

http://www.africatime.com


(17) Tchad : rien n ´a à©tà© fait pour appliquer l´accord de paix (rebelles), afp/Le Monde, 23. 11. 2007

(18) Le prà©sident tchadien limoge son ministre de la Dà©fense, Reuters/Le Monde, 1. 12.

von Aug und Ohr, Gegeninformationsinitiative, 11. Dezember 2007

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