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Kosovo: mit Volldampf gegen das Völkerrecht

19. Februar 2008

Selbstbestimmung muss nicht Abspaltung heißen

Kundgebung Sonntag,
24. Februar 2008, 13h, Heldenplatz, Wien

Organisiert vom Koordinationskomitee der serbischen Vereine

Das Selbstbestimmungsrecht der Völker ist ein elementares demokratisches Prinzip, das wir eisern verteidigen. Doch Abspaltung kann manchmal der Selbstbestimmung entgegenwirken. Das ist der Fall, wenn diese anderen verweigert und annexionistisch wird. Aber auch, wenn man Selbständigkeit sozial versteht und sie die regionale, föderative Integration erfordert.

Wie wenig es dem Westen beim Kosovo um die Durchsetzung von Menschenrechten geht, zeigt ein einfacher Blick auf den internationalen Kontext. Warum wird für die türkischen Kurden, die Palästinenser oder die Basken kein eigener Staat durchgesetzt und ihr Kampf – der sich der Form nach nicht wesentlich von jenen genannten unterscheidet – sogar als terroristisch verfemt? Die Antwort ist klar: Es geht um geostrategische Interessen. Am Balkan ging es darum, ein Regime und eine Nation in die Knie zu zwingen, die sich dem westlichen Diktat nicht unterzuordnen bereit war.

Es gibt viele Gründe, warum man als Demokrat gegen die Abspaltung des Kosovos sein muss:

Die Anerkennung des Kosovo ist ein klarer Verstoß gegen das Völkerrecht, dessen Grundprinzip die nationale Souveränität ist. Die Abspaltung des Kosovos wird zum Präzedenzfall für die Zerstückelung von dem Westen nicht genehmen Staaten. Dem Westen und vor allem den USA ist das Völkerrecht schon länger ein Dorn, denn legt dem permanenten Präventivkrieg gegen alle „Schurken“ Steine in den Weg. Souveränität steht einzig den USA und ihren Verbündeten zu. Wie sehr da mit zweierlei Maß gemessen wird, zeigt die Ablehnung der südossetischen und abchasischen Unabhängigkeit, denn diese ginge auf die Mühlen Russlands.

Das Argument des Selbstbestimmungsrechtes wurde historisch von den USA immer wieder als Mittel eingesetzt, um die alten Kolonialmächte England und Frankreich zu schwächen. Dort wo sie selbst als Besatzungsmacht auftreten, wie etwa in Korea, Vietnam, Afghanistan und Irak wird dies durchaus ignoriert.

Ein prima vista einleuchtendes Argument ist, dass über 90 Prozent der Kosovaren Albaner sind und nur mehr der klägliche Rest Serben und andere Minderheiten. Damit scheint die Legitimität des albanischen Alleinanspruchs klar. Doch es drängt sich die Frage auf, wie diese Proportionen in einem Gebiet zustande kamen, das die Serben als die Wiege ihrer Staatlichkeit betrachten? Es ist auch klar, dass aus mutmaßlichen demografischen Verhältnissen von vor 500, 1000 oder mehr Jahren sich heute kein legitimer Anspruch ableiten lässt. Tatsache bleibt aber, dass die Serben ihre Selbstbestimmung gegen Imperien – zuerst gegen die Osmanen, dann gegen die Habsburger und die Nazis und heute gegen das euroamerikanische Zentrum verteidigten. Diesem legitimen Kampf diente das Amselfeld als Symbol, von dem sie über die Jahrhunderte Schritt für Schritt vertrieben wurden oder auch flüchteten. Dieser Sachverhalt legitimiert den serbischen Anspruch auf den Kosovo in einem demokratischen Sinn.

Die Albaner haben im Gegensatz dazu die Nato, die USA und die EU zur Hilfe geholt, haben ihre formalstaatliche Unanhängigkeit mit der sklavischen Abhängigkeit vom euroamerikanischen Machtzentrum erkauft. Sie sind zum leicht kontrollierbaren Ministaat von Washingtons Gnaden geworden.

Und sie haben dabei den einzigen historischen Versuch mitzerstört, der ein friedliches Zusammenleben und eine wirkliche Unabhängigkeit zumindest über mehrere Jahrzehnte ermöglich hat, nämlich Jugoslawien. Wenn verschiedene Völker, Nationalitäten und Religionen stark durchmischt in einer einzigen Region leben, dann kann Selbstbestimmung für alle nur föderativ erreicht werden. Das war der Kern der jugoslawischen Idee. Sicher, Jugoslawien hatte seine Schwächen, aber vorher und nachher gab es nur Gemetzel. Die EU hat mit ihrer Intervention einen Konflikt vertieft, der zwar historische Wurzeln hat, dessen Lösung heute aber weiter denn je entfernt ist. Der vom Westen gebrachte Friede ist nicht demokratisch und freiwillig, er ist nur mit Waffengewalt erzwungen und erfordert die militärische Präsenz von Nato und EU für Jahrzehnte. Es sind diese De-facto-Protektorate, die der Westen will: Den Balkan durch Spaltung in neokoloniale Ministaaten unter seiner Kontrolle zu halten. Sollte einmal die monopolare Weltordnung zu Ende gehen, wird der Balkan wieder im Krieg versinken.

Eine autonome, selbstbestimmte Balkanföderation, die die Rechte von Serben und Albanern gleichermaßen berücksichtigt, ist in weiter Ferne. Unter den heutigen Kräfteverhältnissen heißt das, sich der EU-Integration, der Eingliederung ins Herrschaftssystem der westeuropäisch-amerikanischen Eliten, entgegen zu setzen, auch wenn es keine unmittelbare Alternative gibt. Für eine demokratische und selbstbestimmte Zukunft des Balkans einzutreten, heißt alle jene zu unterstützen, die gegen die Westintegration, also gegen Nato, EU usw. kämpfen.

Diese Kräfte werden hierzulande gerne als ultranationalistisch diffamiert. Wir sehen nichts Ultranationalistisches daran, wenn man in Verteidigung seiner Selbstständigkeit als Gegengewicht zur erdrückenden Macht des Westens versucht, sich unter den Schutzmantel Russlands zu stellen – so sehr Moskau Serbien immer nur als Schachfigur benutzt hat.

Es geht dabei nicht darum, den antiwestlichen Kräften in Serbien eine Generalabsolution zu erteilen. Die verbreitete Argumentation, als Vorposten des christlichen Abendlandes gegen den Islam zu dienen, macht viele Serben anfällig für den gegenwärtig grassierenden antiislamischen Kreuzzug. Hier gehen sie in die Falle des westlichen Kulturkampfes – eine Falle, die die schlimmsten Chauvinisten wie die FPÖ Straches nun für sich zu nutzen versuchen. Die osmanische Expansion mag islamisch legitimiert worden sein. Doch heute sind die islamischen Völker in ihrem Kernbereich die Hauptopfer des euroamerikanischen Reiches und sie leisten auch den heftigsten Widerstand. Genauso wie Serbien und Jugoslawien Opfer des unbändigen Herrschaftsanspruchs des Westens war und ist. Daher ist das Gebot, sich dem Spiel des Teile-und-Herrsche zu widersetzen und die kulturübergreifende antiimperialistische Solidarität gegen den Westen zu entwickeln.

Antiimperialistische Koordination (AIK)

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