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Paragraph 278b StGB

4. März 2008

Damoklesschwert für den Widerstand

Der Übergang von Demokratien zu Diktaturen vollzieht sich oftmals kontinuierlich. Doch meistens gibt es ein Element, das sinnbildlich für den gesamten Transformationsprozess steht. Für den Austrofaschismus war dies das Kriegswirtschaftliche Ermächtigungsgesetz, für den Nationalsozialismus das Ermächtigungsgesetz von 1933. Österreich steht heute keine neue Diktatur bevor. Dennoch haben wir schon etwas wie ein unscheinbares Kriegswirtschaftliches Ermächtigungsgesetz: den Paragraph 278 StGB.
Mit diesem Paragraphen wird die terroristische Vereinigung unter Strafe gestellt. 2002 ist das Gesetz in Kraft getreten. Zwar gab es anfangs einen sanften Aufschrei, doch seither führte der Paragraph ein beschauliches Dasein. In keinem Prozess ist er bisher zur Anwendung gekommen und somit nahm auch kaum jemand Notiz von ihm. Mit dem Verfahren gegen Mohammed Mahmoud und seine Frau Mona Ahmed Salem änderte sich das schlagartig.
In Absatz b des Paragraphen 278 StGB wird die terroristische Vereinigung definiert. Der Gesetzgeber hat dafür eine einfache Formel gewählt: ein auf längere Zeit angelegter Zusammenschluss, der terroristische Straftaten begeht. Dies mag einleuchtend erscheinen. Doch damit wurde das Problem der Terrorismusdefinition zunächst nur auf die Straftaten abgewälzt.
Nachdem in Paragraph 278b die terroristische Vereinigung auf terroristische Straftaten zurückgeführt wird, folgt in Absatz c eine mehr oder weniger taxative Aufzählung von Straftaten, die den Tatbestand einer terroristischen Vereinigung erfüllen können, wie etwa Mord, Körperverletzung usw. Doch diese Straftaten an sich bilden noch keine terroristischen Straftaten. Erst wenn zwei allgemeine Bedingung erfüllt sind, können sie als terroristisch bezeichnet werden: eine terroristische Eignung der Straftat und ein bestimmter Vorsatz.
Diese allgemeinen Bedingungen wiederum sind so allgemein, dass sie auf vielerlei Dinge zutreffen kann. Bei der terroristischen Eignung muss eine Störung des öffentlichen Lebens herbei geführt worden sein. Als letztes Element entscheidet ein bestimmter Vorsatz, ob eine Straftat terroristisch zu bewerten ist. Die Tat muss begangen werden, um die Bevölkerung einzuschüchtern, öffentliche Stellen zu einer Handlung zu nötigen oder um die Grundstrukturen eines Staates zu erschüttern oder zu zerstören.
Insbesondere mit der letzten Bedingung wird die terroristische Vereinigung zu einem Gesinnungsparagraphen. Jede Politik, die darauf ausgerichtet ist, die „Grundstrukturen des Staates“ zu erschüttern, wird kriminalisiert. Nun kann man natürlich einwenden, dass für eine terroristische Straftat alle drei Elemente vorhanden sein müssen (Straftat, Eignung und Vorsatz). Wie der Fall Mahmoud zeigt, sind diese schnell gefunden. Ein bisschen im Internet gechattet, auf ein paar einschlägigen Seiten gesurft und schon ist man Mitglied der Al Kaida. Problematisch dabei ist, dass nicht mehr die Personen die Straftaten begehen müssen. Es reicht, wenn andere Personen diese Straftaten begehen und man selbst diesem Personenkreis als Mitglied einer Vereinigung zugerechnet wird. Außerdem wird dieser Paragraph in Zusammenhang mit der präventiven Verbrechensbekämpfung zu einem Damoklesschwert.
Mit dem Paragraphen der terroristischen Vereinigung findet eine Entdemokratisierung statt. Dieser Paragraph ist unser neues Kriegswirtschaftliches Ermächtigungsgesetz. Natürlich wird die Regierung damit nicht am Parlament vorbei regieren können. Und höchst wahrscheinlich wird dies auch nicht zur Aushebelung der parlamentarischen Demokratie führen. Doch dieses Gesetz gibt der Exekutive ein gefährliches Instrument in die Hand. Ein Instrument, das den politischen Gegner vernichten soll.

Sebastian Baryli

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