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Reflexionen über den Widerstand

2. Mai 2008

Editorial, Intifada Nr. 25
Seit dem Jahr 2000, seit die zweite Intifada in Folge des provozierenden Auftritts des damaligen israelischen
Verteidigungsministers Ariel Sharon vor der Al-Aqsa-Moschee in Jerusalem ausbrach, erscheint die Zeitschrift Intifada mit Analysen, Berichten und Diskussionsbeiträgen zu den Widerstandsbewegungen
im arabischen Raum. Die Welt und auch der arabische Raum haben sich seit damals stark verändert. Mit dem 11. September 2001 wurde der Krieg des Westens gegen den Terrorismus ausgerufen, den das afghanische, das irakische, das palästinensische, das libanesische Volk als einen Terrorkrieg erleben. Im
Westen, auch im ruhigen Deutschland und im gemütlichen Österreich, wurde das Feinbild Islam über die
Jahre hinweg aufgebaut. Heute droht die Islamfeindlichkeit bis tief in alle Schichten der europäischen Bevölkerung vorzudringen. Der soziale Unmut angesichts der wachsenden Verarmung der europäischen Massen hat so ein neues Ventil gefunden, anstatt sich gegen die europäischen Eliten zu richten. So wird die Islamfeindlichkeit zum Baustoff eines neuen westlichen Gesellschaftsvertrags. Der in den Neunziger Jahren angekündigten Kampf der Kulturen droht wahr zu werden.

Die Welt hat sich für die unterdrückten Völker nicht zum Besseren gewendet. Umso mehr gilt es, deren Freiheitsbestrebungen zu unterstützen und alles Menschenmögliche zu tun, damit sich die europäischen Völker nicht krieglüstern ihren Regierungen im modernen Kreuzzug gegen den Islam anschließen.

Was hat das alles mit der Zeitschrift „Intifada“ zu tun? Es scheint uns an der Zeit, angesichts der sich ankündigenden bzw. bereits vor sich gehenden Veränderungen in den europäischen Gesellschaften selbst, angesichts des Erstarkens antiimperialistischer Pole in anderen Teilen der Welt, vor allem in Lateinamerika, diese Veränderungen in der Zeitschrift „Intifada“ widerzuspiegeln. Das bedeutet zum Einen, den Ereignissen außerhalb des arabischen Raumes, stärker als wir das bisher taten, Raum und Aufmerksamkeit zu schenken. Dies nicht, weil der arabische bzw. islamische Raum nicht mehr das Zentrum antiimperialistischer Widerstandsbewegungen wäre. Ganz im Gegenteil, der drohende Krieg gegen den Iran bestätigt, dass über lange Zeit hinweg das politische wie militärische Interesse des Westens auf den arabisch-islamischen Raum fokussiert bleiben wird. Vielmehr geht es darum, die kategorische Notwendigkeit der internationalen Solidarität zwischen den Völkern der Welt zu betonen und sich mit den Inhalten und Botschaften jeder einzelnen Bewegung auseinanderzusetzen. Zum Anderen gebieten es die Verschiebungen im politischen, kulturellen und rechtlichen Gefüge der europäischen Gesellschaften, sich der qualitativen Veränderung, die sie bedeuten, bewusst zu werden. Dazu ist es nötig, die Konzepte und Kategorien der vergangenen Jahrzehnte an der konkreten Realität zu überprüfen. Das verlangt nach Reflexion, Diskussion und Austausch. Aus diesem Grund will sich die Intifada stärker als bisher der Debatte von theoretischen und grundsätzlichen Fragestellungen der antiimperialistischen und antikapitalistischen
Bewegung öffnen. Denn wenn Solidarität andauern soll, muss sie international und re-
flektiert sein.

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