Ghettomauern nieder, auf nach Gaza
Drei Wochen lang bombardierte Israel den Gazastreifen und hinterließ Blut, Zerstörung und Elend. Das Ungleichgewicht hätte nicht größer sein können: auf der einen Seite die höchstgerüstete Armee der Region mit der ganzen Übermacht der USA im Rücken, auf der anderen Seite ein im Ghetto eingesperrtes, ausgehungertes, geschundenes Volk, das gezwungen ist, sich gegen Kanonen mit Spatzen zu verteidigen.
Unter diesen Bedingungen bedeutet der nun erreichte Waffenstillstand einen klaren Sieg des palästinensischen Widerstands — geführt von der Hamas. Israel wollte deren Vernichtung oder zumindest ihre substantielle Zurückdrängung. Tatsache ist, dass Israel es zu der entscheidenden Auseinandersetzung am Schlachtfeld gar nicht kommen hat lassen. Genauso feig und terroristisch wie die amerikanische Kriegsführung, bombardierte man aus der Ferne. Militärisch bleibt der Widerstand ungeschlagen, politisch geht die Hamas sogar gestärkt aus dem Kampf hervor. David konnte sich gegen Goliath halten – und das heißt bereits Erfolg.
Das meinen übrigens nicht nur wir, sondern räumen auch jene Beobachter ein, die nicht nur die Propaganda Tel Avivs und Washingtons nachplappern. So findet sich in der „Süddeutschen“ vom 19.1.09 ein Artikel mit der Überschrift „Olmerts angeblicher Sieg ist eine Niederlage“ in dem der Autor fragt, was der „Gaza-Krieg eigentlich gebracht hat, außer mehr als 1300 Tote und mehr als 5300 Verletzte“. Er spricht deutlich aus, dass es „auch ein Krieg gegen die Zivilbevölkerung war“.
Sicher, der Waffenstillstand ist höchst fragil. Zudem stellt er auf den ersten Blick den status quo ante wieder her, nämlich das mörderische Embargo. Israel wird weiterhin alles versuchen, den bewaffneten Widerstand auszutrocknen und einzuschnüren. Das bedeutet auch die substanzielle Fortsetzung der Blockade für lebenswichtige Güter, obwohl in der ersten Phase angesichts der humanitären Katastrophe eine gewisse Lockerung selbst für Israel politisch opportun scheint.
Das Neue jedoch ist der steigende politische Preis, den Israel für diesen politischen Völkermord zu zahlen hat. Den arabischen US-Verbündeten fällt es immer schwerer die Isolierung der Hamas durchzuhalten. Und vor allem die ägyptische Diktatur, die für die Zionisten die Drecksarbeit leistet, schürt den Zorn des eigenen Volkes. Selbst im Westen wurde der Bann gebrochen. In Rom, London und Paris marschierten Hunderttausende für Gaza und in Berlin, Düsseldorf und Wien waren es noch immer Zehntausende. Das antiislamische Ressentiment bleibt, aber es kann die Solidarität nicht mehr ganz ersticken. Früher oder später wird Israel die Erdrosselung Gazas lockern müssen.
Gazas erfolgreicher Widerstand zeigt eine globale Richtung an, nämlich die Festigung und schrittweise Anerkennung des Widerstands. Das bedeutet aber keineswegs, dass die Teilniederlagen der USA, Israels und seiner Verbündeten wie im Irak, im Libanon, in Afghanistan oder jetzt in Gaza sie dazu bewegen werden, den Rückzug anzutreten. Im Gegenteil, ihre angekratzte Hegemonie wird sie dazu bewegen, neue, größere Kriege anzuzetteln, wie sie beispielsweise gegen den Iran in Vorbereitung waren oder auch noch sind.
Für uns in Europa und im Westen sollte Gaza als Signal genügen, einen Schritt vorwärts zu machen. Wir können und müssen weiterhin unsere Regierungen dazu auffordern, die Unterwerfung unter die kriegstreiberische amerikanisch-israelische Außenpolitik einzustellen. Doch es ist zu vermuten, dass sie angesichts des Widerstands und der multipolaren Tendenzen sich noch enger an Washington binden werden. Dafür steht jedenfalls Obama.
Wenn unsere Regierungen weiter mit Israel kooperieren als wäre nichts geschehen, dann müssen wir selbst Sanktionen setzen. Als Vorbild dazu kann die Kampagne gegen die Apartheid in Südafrika dienen.
Und wir brauchen die direkte, menschliche Solidarität. Sobald sich die Türen des Ghettos in Gaza nur einen Spalt öffnen, sollten wir zu Hunderten, ja zu Tausenden nach Gaza strömen, um beim Wiederaufbau zu helfen, dem palästinensischen Volk persönlich zu versichern, dass nicht alle die israelische Vernichtungspolitik unterstützen und auch die Motive des Widerstands und der Selbstbestimmung kennen lernen.
Wir brauchen Dialog und Solidarität mit den Palästinensern und zwar zu aller erst von unten!
Antiimperialistische Koordination (AIK)
Initiativ e.V.
19.1.2009