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Banken kaputt – Anmerkung zum Zustand der österreichischen Finanzwirtschaft

17. Februar 2009

Kommentar zur Krise in Österreich

Nachdem in den letzten Tagen hektische Reiseaktivitäten der österreichischen Bundesregierung stattgefunden haben um ein „Osteuropa-Hilfspaket“ (lies: „die Anderen sollen die österreichischen Banken bitte, bitte jetzt heraushauen-Hilfspaket“) zusammenzustellen, gab es einen Beruhigungs-Parcours in der Zeit im Bild. Raiffeisen und Erste Bank durften erklären, dass es ihnen bestens geht.

Grund genug, einen kleinen Blick in die Bücher der Ersten zu werfen, als Beispiel für das österreichische Banksystem, und weil Vorstandsvorsitzender Treichl (der eine knappe halbe Million pro Monat nach Hause nimmt) gar so sympathisch ist. Der Blick in die Bücher beschränkt sich auf die Veröffentlichungen der Ersten, wie sauber diese bilanziert wissen wir nicht. Aber etwa eine halbe Stunde reicht für die Fragestellung: Ist die Erste eigentlich Pleite, oder tatsächlich bei bester Gesundheit? Wie wahrscheinlich ist es, dass die Finanzkrise das österreichische Bankensystem liquidiert?

Im Zwischenbericht des 3. Quartals 2008 finden wir: Forderungen an Kunden: 125 Mrd., davon 21 Mrd. gegenüber anderen Banken. Forderungen an ausländische Kunden: 66 Mrd. Ausländische Kunden befinden sich natürlich in Osteuropa. Verhältnismäßig sichere Ausleihungen an Privathaushalte in Osteuropa sind dabei mit 27 Mrd. gegenüber riskanteren Unternehmenskrediten in der Minderheit. Der öffentliche Sektor spielt als Kreditnehmer fast keine Rolle. Wie viel in Osteuropa als Fremdwährungskredit vergeben wurde (Euro, Dollar, Franken oder Yen, die auf Grund der Währungsabwertungen in Osteuropa um bis zu 50 Prozent jetzt die Schuldner erdrücken) wissen wir nicht. Angeblich etwa 50 Prozent.

Für diese 125 Mrd. wurde im 3. Quartal 3,6 Mrd. als Risikovorsorge in der Bilanz auf die Seite gelegt, im 4. Quartal wurde diese Risikovorsorge gemäß Pressemitteilung erhöht, allerdings wissen wir nicht um wie viel. Um Verluste abzudecken gibt es neben der Risikovorsorge natürlich noch das Eigenkapital – die Eigenmittel der Bank, die sie sich nicht von Kunden oder anderen Banken ausgeborgt hat und die grundsätzlich den Aktionären gehören. Ohne jetzt zu tief in den Bankjargon zu gehen, gibt es etwa 10 Mrd. an Eigenkapital. Das kann man durchbrennen, bevor die Bank tatsächlich insolvent ist (mehr Schulden hat, als Vermögen).
Auf der anderen Seite finden wir im Vermögen der Bank auch sagenhafte 5 Mrd. „immaterielle Vermögenswerte“. Diese Bewertung beruht auf den Preisen, die man bei der Übernahme osteuropäischer Banken für diese Firmen bezahlt hat, und verkörpert Dinge wie den Kundenstock. Sieht gut aus, in der Bilanz, ist natürlich lächerlich. Man müsste nur versuchen die rumänische Tochter der Ersten zu verkaufen, samt dem Kundenstock und den aushaftenden Krediten, um festzustellen, dass die niemand haben will. Die „immateriellen Vermögenswerte“ wären realistisch also mit null anzusetzen, nicht mit 5 Mrd.

Milchmädchenrechnung: 4 Mrd. Risikovorsorge + 10 Mrd. Eigenkapital – (zumindest) 5 Mrd. kreative Bilanzierung = 9 Mrd. Der Spielraum für Kreditverluste liegt also bei 9 Mrd.
Keine zehn Prozent der vergebenen Kredite. In der schwersten Wirtschaftskrise seit den 30er Jahren, wäre das auch für Österreich nicht besonders viel. Aber Osteuropa steckt in einer massiven Zahlungsbilanzkrise. Lateinamerikanische Schulden sind Ende der 80er Jahre mit 30 Cent für den Dollar gehandelt worden – wir wollen hier keinen solchen Wert vorhersagen, aber das ist durchaus im Rahmen des möglichen.

Schlussfolgerung: aller Wahrscheinlichkeit nach, ist die Erste Pleite. Und mit der Ersten wohl das gesamte österreichische Bankensystem. Weil die anderen Banken ähnliche Bilanzen aufweisen und sie sich alle gegenseitig Geld geborgt haben. Falls kein gigantisches Osteuropapaket von IWF und EU kommt, bleiben die Schulden im österreichischen Budget hängen. Dafür sorgt das Bankenhilfspaket.

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