Rezension, Filmvorführung: Termin
Hunger, der erste Film des britischen Regisseurs Steve McQueen, gewann beim europäischen Filmfestival von Cannes 2008 die Goldene Kamera. Es ist eine kraftvolle und nahe gehende Darstellung des Hungerstreiks von 1981, in dessen Verlauf Sands und neun weitere Männer starben.
Hunger zeigt das Leben im Gefangenenlager Long Kesh und die mit den 1981 stattgefundenen IRA/INLA Hungerstreik zusammenhängenden Ereignisse. Das Drama handelt hauptsächlich von den Erfahrungen im Gefängnis von Bobby Sands, einem 27jährigen Belfaster und Mitglied der IRA, angeklagt des Waffenbesitzes und zu 14 Jahren Haft verurteilt. Sands starb am 5. Mai im Alter von 27 Jahren nach 66 Tagen im Hungerstreik. Er war der erste von zehn irischen Gefangenen, die 1981 im Hungerstreik starben. Sie kämpften für die Wiedererlangung des politischen Status („Special Category Status“) für gefangene Mitglieder der IRA und INLA in britischen Gefängnissen. Der politische Status wurde letztendlich am 3. Oktober 1981 wiedereingeführt, aber erst, als Sands und neun weitere Männer im qualvollen Hungerstreik gestorben waren.
Die britische Regierung unter Margaret Thatcher versuchte diese Männer zu verteufeln, indem sie den Special Category Status wieder annullierte. Denn dieser war zuvor irischen Männern und Frauen, die politischer Verstößen angeklagt waren, zugestanden gewesen. Nach jahrelangen erfolglosen Kämpfe, darunter die abgebrochenen Hungerstreiks im Dezember 1980, meldeten sich diese Männer freiwillig zum Hungerstreik.
Dieser Film ist die bildliche Wiedergabe der letzten Monate von Sands. Obwohl ich viele Schilderungen der Hungerstreiks von 1981 gelesen habe, hat mich dieser Film tiefer als alles andere zuvor berührt. Es waren alles junge Männer. Männer, bereit für ihre Sache zu sterben. Genossen, die ihr Leben noch vor sich hatten.
In seinen knapp 90 Minuten schafft es dieser brillante und kraftvolle Film, die Brutalität, die diese Männer in Long Kesh erdulden mussten und die Ereignisse, die sie zwangen in Hungerstreik zu treten, anschaulich zu machen. Der Alltag „on the blanket“, die Realität des „schmutzigen Protestes“, das zwangsweise Waschen mit Schläuchen durch die Gefängniswärter, die Grausamkeit dieses „Spießrutenlaufes“, die Barbarei der Prügel, der Einsamkeit und der Isolation, die Faktoren, die zur Entscheidung für den Hungerstreik führten, und die schrecklichen physischen und psychischen Qualen, die sie erleiden mussten, während der körperliche Verfall dazu führte, dass sie erblindeten, taub wurden und schließlich starben. All das wird eindringlich dargestellt.
Überraschend angesichts des behandelten Themas, wurde Hunger von den Kritikerinnen und Kritikern objektiv angesehen. Der Film eröffnet mit einem Gefängniswärter, der seinen Arbeitstag damit beginnt, sein Auto auf Bomben zu untersuchen und auf dem Weg zur Arbeit nach Scharfschützen vor dem Haus Ausschau hält. In einer anderen Szene bricht ein Wärter in Tränen aus, unfähig seine Pflichten zu erfüllen – auf die Gefangenen einzuschlagen, als sie zum Laufen durch die Reihen der Wärter gezwungen werden. Früh im Film hört man die Kommentare von Margaret Thatchers berüchtigter Rede: „Es gibt keine politischen Verbrecher!“ Und in einer Szene in der Mitte des Films diskutieren Sands (brillant verkörpert von Michael Fassbender) und ein Priester (gespielt von Liam Cunningham) über die Moral von Hungerstreiks. Es ist diese Szene die Sands Zielstrebigkeit und Hingabe für den Kampf deutlich macht.
Diesen Film zu sehen ist geradezu quälend schmerzvoll. Es gab mehrere Szenen, die ich mir nicht ansehen konnte. Die Bilder und Töne der Misshandlungen, die diese jungen Männer ertragen mussten, sind Herz zerbrechend. Der Film erfüllte mich mit schmerzhaftem Mitgefühl und tiefem Respekt für diese tapferen jungen Männer. Und er machte mich wütend. Das Leben in Long Kesh war grausam. Nun, wo ich das gesagt habe, bin ich froh, diesen Film gesehen zu haben. Es hat den Hungerstreik für mich realer gemacht – Physischer. Wenn sie diesen Film sehen – und das sollten sie – werden sie wissen, was ich meine.
Zehn Männer starben 1981 um für Irlands Gefangene politischen Status zu erreichen. Wir sollten nicht vergessen, dass heute beinahe 100 irische politische Gefangene in britischen Gefängnissen gibt, die keinen politischen Status besitzen, weil Provisional Sinn Fà©in diese Rechte aufgegeben hat, als sie 1998 das Belfast- (bzw. das „Karfreitags“-) Abkommen unterzeichneten.
Jane Enright
Cumann na Saoirse Náisiúnta (USA), www.irishfreedom.net