Projekt zur Renovierung eines Gebäudes im Flüchtlingslager ‘Ein el-Hilweh, Libanon
Das nachfolgend beschriebene Projekt wird gemeinsam von zwei Organisationen geführt: Das italienische Sumud – Volontariato e Resistenza (Freiwilligenarbeit und Widerstand), und den libanesisch-palästinensischen Nashet-Aktivisten.
Der Name Sumud ist ein arabisches Wort für Standhaftigkeit, und erinnert an die Bedeutung von Widerstand und die Verbundenheit zu den eigenen Wurzeln. Das Ziel der Vereinigung ist es, Freiwilligenarbeit und internationale Solidarität mit konsequentem, anti-kolonialen Grundsatz zu ermöglichen. Das bedeutet auch die geistige Befreiung vom westlichen Missionieren, welches unglücklicherweise sehr oft mit Selbstlosigkeit verbunden wird. Eine unserer Parolen lautet daher „Wir haben ihnen nichts beizubringen“. Das heißt, auch wenn wir nicht notwendigerweise allen Vorstellungen anhängen, mit denen die Opfer des Neokolonialismus ihren Kampf um Befreiung führen, erkennen wir sie mit bedingungslosem Respekt an und unterstützen sie symbolisch und substanziell. Wir denken, dass wir ihnen diese Unterstützung schuldig sind, wo sie doch die härteste Seite desselben globalen Systems zu spüren kriegen, welches täglich größere Ungerechtigkeiten selbst im Westen hervorbringt, und zugleich sind sie die größte Kraft selbiges System abzulehnen. Vor diesem Hintergrund, aus politischen, symbolischen und humanistischen Gründen, haben wir ein Herz besonders für die Sache der Palästinenser.
Nashet, unser Partner im Libanon, ist eine palästinensisch-libanesische Gruppe mit dem Ziel, vor allem auf zwischenmenschlicher Ebene für die Palästinenser zu arbeiten. So können Palästinenser mit unterschiedlichen religiösen Hintergründen einander kennen lernen, um der Gefahr der Sektiererei entgegenzuwirken, Kontakte zu Libanesen sollen gepflegt und auch nach Europa ausgeweitet werden, um ein Solidaritätsnetzwerk zu schaffen.
Das ‘Ein el-Hilweh Flüchtlingslager
Offiziell leben schätzungsweise 400.000 registrierte palästinensische Flüchtlinge im Libanon – die tatsächliche Anzahl ist wesentlich größer. Die meisten leben in zwölf Flüchtlingslagern. Sie leiden unter Bedingungen, die noch schlimmer sind als die Situation für die Flüchtlinge in vielen anderen Ländern, viele von ihnen leben unter der Armutsgrenze, und die libanesische Regierung begrenzt ihre Rechte massiv (stets unter dem Vorwand, so eine Destabilisierung zu verhindern). So ist es zum Beispiel verboten, einer Vielzahl an Berufen nachzugehen, und es ist nicht erlaubt, eignen Besitz zu erlangen. Am schlimmsten steht es um die Bildung junger Palästinenser: Seit den Oslo-Abkommen ist die Hilfe durch UNRWA (die UN Einrichtung für die palästinensischen Flüchtlinge) stetig gefallen, es gibt immer weniger Lehrer, die Infrastruktur verfällt und der Universitätsbesuch wird für die meisten Menschen zu einem unerreichbaren Traum.
„Unser“ Flüchtlingscamp, ‚Ein el-Hilweh, liegt nahe Saida und ist das größte Lager im Libanon, sowohl in der Einwohnerzahl als auch seinem Gebiet. Offiziell leben hier 45.000 Flüchtlinge, das Volkskommittee des Lagers geht aber von 75.000 Einwohnern aus. Die libanesischen Autoritäten erzwingen eine wirtschaftliche, soziale und politische Blockade um das Lager, verbunden mit einer Politik der Entvölkerung (Geburten erschweren, Auswanderung fördern). Seine Einwohner leiden zusätzlich unter Konflikten, die von Zeit zu Zeit zwischen verschiedenen politischen und religiösen Gruppen des Lagers entstehen.
Unsere Freunde von Nashet berichten, dass die Jugend des Lagers sich isoliert, kriminalisiert und jeder Möglichkeit, ihre Zukunft zu entscheiden, beraubt sieht: Ihre Hoffnung auf eine gerechte Lösung der Flüchtlingsfrage (das Recht auf Rückkehr) schwindet mehr und mehr.
Das Projekt
Das konkrete Projekt von Sumud und Nashet umfasst die Bildung eines Zentrums, welches ebenfalls „Sumud“ genannt werden wird, und ein gemeinsamer Sitz und eine Basis für die Zusammenarbeit der zwei Vereinigungen sein wird. Hauptsächlich soll das Zentrum dem Schulausfall und seinen Folgen entgegenwirken, Kurse sollen angeboten werden und Freiwillige, die das Lager besuchen, können hier aufgenommen werden. So kann auch ein kultureller Austausch zwischen jungen Europäern und Palästinensern stattfinden, aus der ein besseres Verständnis für die Palästinensische Sache gewonnen werden kann mit dem Ergebnis menschlicher und politischer Solidarität.
1. Der erste Teil des Projekts, der im August diesen Jahres von der ersten Arbeitsbrigade umgesetzt wird, beinhaltet die Renovierung eines Gebäudes welches das oben beschriebene Zentrum beherbergen wird. Es liegt nahe des Eingangs zum Zentrum und ist ein früherer Sitz der PFLP, welcher von der zionistischen Armee bombardiert wurde.
Zuerst muss das Dach für schätzungsweise 4.000 $ wiederaufgebaut werden; dann die Wände (2.000 $), der Boden (1.000 $), neue Türen und Fenster (1.000 $) und die Bemalung der Wände (1.000 $).
2. Im zweiten Teil des Projekts, im September 2009, muss das Zentrum mit den notwendigen Materialien ausgestattet werden um die geplanten Aktivitäten zu ermöglichen. Vor allem benötigt wird:
– Ein Unterrichtsraum mit Tischen, Stühlen, Lehrertisch und Tafel (insgesamt 3.000 $)
– Eine Bücherei mit Tischen, Stühlen, Bücherregalen, Büchern, fünf Computern und einem Drucker (7.000 $)
– Ein Verwaltungsraum mit zwei Tischen und Stühlen, zwei Toiletten, zwei Computern und einem Drucker (3.000 $)
– Ein Raum für weitere Tätigkeiten mit fünf Tischen, Stühlen und weiterem Material (2.000 $)
3. Der dritte Teil des Projektes (ab Oktober 2009 geplant) umfasst die Durchführung diverser Kurse. Jeder Kurs soll neun Monate gehen und maximal 40 Teilnehmer haben; es wird Grundkurse (11-14 Jahre alte Schüler), dazwischen solche für 15-18jährige und professionelle Kurse für dieselbe Altersklasse geben.
Im Sommer wird es verschiedene soziale und kulturelle Veranstaltungen geben, unter anderem Arabischkurse für europäischen Helfer; Englisch- und Computerkurse werden für die erwachsene Bevölkerung des Lagers angeboten. Wir planen außerdem eine Multimedia Webseite (in arabischer, englischer und italienischer Sprache) um von unseren Aktivitäten, dem Geist des Projekts und seinen Ergebnissen zu berichten – nicht nur, um Freiwillige im Westen zu begeistern, sondern auch um ein Beispiel für ähnliche Situationen zu geben.
Um all dies umsetzen zu können, benötigen wir Bildungsmaterial aller Art (Bücher, Büromaterial, Lehrmaterial) für schätzungsweise 2.000 $ jährlich.
Auch brauchen wir Gelder um lokale Lehrkräfte (7.000 $ jährlich) und anderes Personal (3.000 $ jährlich) sowie freiwillige Lehrer aus Europa (3.000 $) zu bezahlen.