Kapitalistische Effizienz statt humanistische Bildung: Der jüngste Protest der Studenten hat eine alte Debatte wieder auf die Tagesordnung gesetzt.
Der Widerstand im Bildungsbereich ist keine Neuheit und auch seine Formen bewegen sich in gewohnten Bahnen. Dennoch äußert sich darin ein historischer Paradigmenwechsel, der die politischen Kräfte seit den achtziger Jahren bestimmt. Die ÖVP hat sich vom klassischen Konservatismus verabschiedet und im Windschatten des Neoliberalismus eine neue Form der konservativen Revolution voran getrieben. Während sie noch in den Siebziger Jahren innerhalb des Bildungssystems den elitären Charakter eines humanistischen Bildungsideals fortschreiben wollte, hat sie nun einen vollständigen Bruch damit vollzogen. Hahn liegt die Absolventenquote näher als die altgriechischen Fragmente der Vorsokratiker. In einem Interview mit der Presse äußerte er dazu: „Die Zeiten sind vorbei. Hauptforderung an die Uni ist eine ordentliche Berufsvorbereitung.“ Die Überlegungen zur ökonomischen Effizienz bestimmen auch die neuen Bacheloriats- und Master-Studien, die im Zentrum der Kritik von Seiten der ÖH stehen.
Neben dem Problem der Qualität und Festlegung von Bildungsinhalten stehen klassische Verteilungsfragen im Zentrum der Auseinandersetzung. So fordert die ÖH unter anderem mehr finanzielle Ressourcen für die Hochschulbildung, um damit den Platz- und Personalmangel zu beheben. Diese Forderung zeigt symptomatisch, welche Kämpfe die nächste Etappe in der innenpolitischen Arena bestimmen werden. Die Austeritätspolitik wird auf die Konjunkturprogrammen folgen, wie die Ebbe auf die Flut folgt. Der Kampf um die Verteilung nicht nur finanzieller Ressourcen wird somit zur dominanten Frage, um die sich die politischen Kämpfe gruppieren werden. Die jüngsten Studentenproteste könnten eine verheißungsvollen Blick auf zukünftige Kämpfe freigeben.
Sebastian Baryli