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Stellungnahme der israelischen “StörerInnen” der Veranstaltung der Jüdischen Gemeinde zu Berlin am 27.4.2010

Es ist Zeit Tacheles zu reden!


7. Mai 2010
Von Israelis gegen die Besatzung

Nachdem in vielen Berichten zu dem Geschehnis letzten Dienstag im Zentrum der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, bestimmte Tatsachen bewusst verschwiegen wurden, fühlen wir uns dazu veranlasst diese Stellungnahme zu veröffentlichen.


Nachdem in vielen Berichten zu dem Geschehnis letzten Dienstag im Zentrum der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, bestimmte Tatsachen bewusst verschwiegen wurden, fühlen wir uns dazu veranlasst diese Stellungnahme zu veröffentlichen. Letzten Dienstag wollten RepräsentantInnen der Jüdischen Gemeinde zu Berlin eine Veranstaltung mit dem Namen “Pilgerfahrt nach Auschwitz – Zum Umgang deutscher Medien mit Erinnerungskultur, Israelkritik und Antisemitismus” durchführen. Obwohl der Anlass zu dieser Veranstaltung ein Artikel der israelischen Autorin Iris Hefets war, der vor einigen Wochen in der taz veröffentlicht worden war, wurde sie nicht eingeladen.

Der Einladungstext und die Aussagen von MitarbeiterInnen der Jüdischen Gemeinde ließen von vornherein keinen Zweifel daran, dass es in dieser Veranstaltung um ein Tribunal gegen Iris Hefets und ähnliche kritische Stimmen aus Israel oder der jüdischen Gemeinden gehen sollte. Daher war es uns wichtig, klarzustellen, dass Iris Hefets nicht allein steht und die Thesen ihres Artikels ein Teil einer legitimen und notwendigen Diskussion nicht nur innerhalb Israels sind. Deswegen hielten wir Papierschilder hoch, auf denen stand „Wir sind alle Iris Hefets“ und versuchten, ihre Teilnahme auf dem Podium einzufordern.

Die hassgeladene Einführungsrede der Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Lala Süsskind übertraf in ihren persönlichen Diffamierungen gegen Hefets sogar unsere Befürchtungen und zeigte, dass es kein wirkliches Interesse an einer inhaltlichen Auseinandersetzung gab. Die Reaktion der VeranstalterInnen auf unseren friedlichen Protest machte uns darüber hinaus klar, dass die Anwesendheit von Israelis, die das von der Jüdischen Gemeinde gepflegte Bild von Israel in Frage stellen, von dieser nicht tolerieren wird. Mehr noch, nachdem die von den VeranstalterInnen angeforderten Polizeikräfte eintrafen, fühlten wir uns gezwungen, als Menschen, die keine europäische Staatsbürgerschaft besitzen, den Saal zu verlassen.

In der Presseerklärung der Jüdischen Gemeinde und auch in anderen Medienberichten wurde die Tatsache, dass die „StörerInnen“ der Veranstaltung alle Israelis waren, merkwürdigerweise weggelassen. Dies überrascht uns noch mehr, da vergangene Presseerklärungen der Jüdischen Gemeinde und die allgemeine Berichterstattung in Deutschland immer gerne den Migrationshintergrund von Personen betont, denen eine nicht-deutsche ethnische Zugehörigkeit unterstellt wird. Da wir selbst lautstark unseren Migrationshintergrund kundtaten, es ist umso verwunderlicher, dass dieser Fakt in so vielen Berichten unter den Tisch fiel. Es wirkt noch befremdlicher, dass der Titel der Presseerklärung der Jüdischen Gemeinde über die Geschehnisse lautet „Kein innerjüdisches Problem“. Sollte damit gemeint sein, dass israelische oder deutsche Juden, die eine andere Sichtweise über die Politik des Staates Israel haben, keine Juden seien? Oder dass wir kein Teil der jüdischen Gemeinschaft sind?

In Israel wird längst reflektiert und zu Recht kritisiert, wie die staatliche Erinnerung an den Holocaust zu einem politisches Instrument werden kann, welches Nationalismus und Militarismus rechtfertigt. Dutzende Filme, Theaterstücke, akademische Forschung und Diskussionen in der Zivilgesellschaft thematisieren diese Instrumentalisierung und setzen sich damit kritisch auseinander. Der Versuch der OrganisatorInnen der Veranstaltung, diese wichtige und notwendige Diskussion in Deutschland durch Antisemitismusvorwürfe zum Schweigen zu bringen ist unerträglich. Er hinterlässt den Eindruck, dass sie eher daran interessiert sind, die Politik der israelischen Regierung zu decken, als den realen Antisemitismus und Rassismus in Deutschland zu bekämpfen.

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