Die heute 65-jährige Henny Srour ist eine der ersten Filmemacherinnen aus der Dritten Welt. Ihr Film „Stunde der Befreiung“, der 1974 zu einem der Klassiker des revolutionären Kinos wurde, behandelt die bewaffnete sozialistische Revolution in Dhofar (1965-1975 im Westen des heutigen Oman) gegen den feudalen Sultan und die westliche Dominanz im Golf.
Srour erzählte, wie sie auf ihrer Suche nach einer linken Guerilla-Bewegung mit klarer Position zur Frauenfrage auf Vertreter der „Volksfront zur Befreiung des Besetzten Arabischen Golfs“ stieß und die Idee des Filmes geboren wurde. In der einzigen Filmaufnahme aus der befreiten Zone dokumentiert Srour, wie in einem Gebiet, wo fast Steinzeitverhältnisse herrschen, auch Feminismus möglich ist. Sie präsentierte die Schule der Guerilla, die von der bahrainischen Freiheitskämpferin Leila Fakhro geführt wurde. In dieser Schule wurde „positive Diskriminierung“ ausgeübt, um die Anzahl der Mädchen jener der Jungs gleich zu halten. Dort lernten die Jugendlichen neben Lesen, Schreiben und Rechnen auch die Freiheitsgedanken.
Sie zeigte Ehemänner, die ihre Frauen ins Ausbildungslager bringen. „Wir können den Krieg gegen die Kolonisatoren und ihre Marionetten nicht mit einer Hälfte der Gesellschaft gewinnen. Wir brauchen beide Hälften“, betonte ein Kämpfer. Mit der Kalaschnikoff in der Hand erklärt seine Frau, dass die revolutionäre Bewegung für sie auch die Emanzipation von der Unterdrückung unterschiedlichen Sultans (der politische, wirtschaftliche und familiäre Sultan) bedeutet.
Einige Mädchen wurden von Familienangehörigen in die Schule gebracht. Andere flohen vor der Unterdrückung der Familie und schlossen sich der Guerilla an. Srour zeigt in ihrem Film und betonte in der Diskussion, dass unter der kolonialen Herrschaft Frauen eine doppelte Unterdrückung erleiden müssen und dass eine Niederlage der Befreiungsbewegung eine doppelte Niederlage für die Frauen ist.
Srour selbst legte bei den Aufnahmearbeiten 800 km zu Fuß in einem bergigen und verminten Gebiet unter Bombardierung zurück. In dieser befreiten Zone war die Bewegung im Begriffe, eine heute auf der Halbinsel unvorstellbare egalitäre Gesellschaft aufzubauen.
Die deutschen Untertitel für den Film wurden vom OKAZ erstellt. Im vergangenen Herbst war dies eine Idee, einen nostalgischen Beitrag zu präsentieren, der auf die Möglichkeit der Revolution und der Emanzipation auch in den zurückgebliebensten Ecken der Erde hinweisen soll. Die Ereignisse von Jänner und Februar im arabischen Raum stellen „Stunde der Befreiung“ in ein neues Licht: Die Menschen in Arabien waren schon vor der Erfindung von Internet und Facebook reif für Demokratie und Emanzipation. Es fehlte nur die Revolution, welche diese möglich macht.
Regisseurin Henny Srour ist 1945 in eine jüdische Familie im Libanon geboren. Sie schloss sich der libanesischen Linken und der palästinensischen Befreiungsbewegung an. Sie verbrachte mehrere Jahre im Rebellengebiet im Dhofar. Andere Filme von ihr zum Thema Frauen und Revolution sind „Leila und die Wölfe“ über Palästina und „Frauen von Vietnam“. Heute lebt sie in Paris. Auf Initiative des OKAZ besuchte sie Österreich und präsentierte ihren Film in Wien (5. März), Graz (7. März) und Innsbruck (14. März).