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Saudische Konterrevolution in Bahrain

Der Westen lässt Killer-Monarchen am Golf gewähren, während er sich in Libyen als Freund der Demokratie gebärdet


16. März 2011
Antiimperialistische Koordination

Nach einem Monat der Massenproteste in der alten linken Hochburg am Golf drohte der Repressionsapparat des selbsternannten Königs zusammenzubrechen. Mit dem Rücken zur Wand rief er das Kriegsrecht aus und „lud“ kurzerhand Saudiarabien ein, Truppen zu schicken. Dabei geht es nicht nur darum die demokratische Massenbewegung niederzuschlagen, sondern auch ein Übergreifen auf den Hort der arabischen Reaktion, das Königreich der Sauds, zu verhindern.


Am 14.3.11 marschierten rund 1.000 saudische Truppen sowie nochmals 500 Polizisten aus anderen Golf-Emiraten in die Hauptstadt Manama ein. Sie bezogen Stellung vor hoheitlichen Gebäuden und anderen Einrichtungen öffentlichen Interesses. Sie werden von der Mehrheit der Bevölkerung als Besatzer angesehen. Mit diesen im Rücken begann die gewaltsame Auflösung der Proteste mit bis dato einem halben Dutzend Toten. Das Signal ist deutlich: der Tyrann wird gehalten, wenn nötig auch mittels eines Blutbades.

Neben der offenen Gewalt spielt die Oligarchie – die regionale genauso wie die globale mit ihrem erdrückenden Medienapparat – eine zweite Karte, nämlich die konfessionelle. Während die Herrscher und die Privilegierten Sunniten sind, gehört die unterdrückte Mehrheit der schiitischen Richtung des Islams an. Saudiarabien gibt den Takt der sektiererische Linie gegen die Schiiten an. Sie werden als Unterwanderung, ja als Instrument ausländischer (persischer) Einmischung angefeindet. (Da tut nichts zur Sache, dass der Schiitismus am Golf entstand.). Der bahrainische König gebärdet sich gerne als der Verteidiger der Sunniten gegen die ausländische Bedrohung. Wie lächerlich das ist zeigt sich an der Tatsache, dass es er war der ausländische Truppen ins Land geholt hat.

Für die Massenbewegung, die von den Medien (al Jazira mit eingeschlossen) als schiitisch bezeichnet wird, stehen jedoch demokratische und soziale Forderungen im Vordergrund. Zwar ist die stärkste Oppositionspartei Al Wefaq schiitisch, doch es gibt wichtige säkulare und linke Kräfte wie die Waad. Bahrain verfügt über eine alte, überkonfessionelle Arbeiterbewegung. Ziel der Massenbewegung ist das Ende der absoluten Monarchie. Einige radikale Kräfte fordern überhaupt eine Republik, am Golf eine unerhörte Forderung. Zudem wird nicht nur von den linken, sondern auch von den schiitisch-islamischen Kräften der überkonfessionelle Charakter der Bewegung betont.

Die heftige saudische Reaktion weist darauf hin, dass es um mehr als nur Bahrain. Die gesamte arabische Halbinsel befindet sich in Aufruhr. Jemen, Oman und selbst in der vielleicht extremsten Diktatur der Erde, im Reich der Sauds, gärt es. Auf der einen Seite gibt es Proteste in den massiv unterdrückten schiitischen Gebieten am Golf, also in der Nähe von Bahrain, wo sich gleichzeitig die größten Ölvorkommen befinden. Auf der anderen Seite versucht eine latente Opposition im liberaleren Hedschas, dem westlichen Küstenstreifen am Roten Meer, ihren Kopf zu erheben. Jede demokratische Regung in der Region ist eine tödliche Gefahr für perversen Party-Prinzen von Amerikas Gnaden, die, während sie die Petrodollars verprassen, den einfachen Leuten die Religionspolizei an den Hals hetzen.

Gerade am Golf ist der westliche Doppelstandard besonders frappant. Bis zur medialen Verdrängung durch den japanischen Supergau, schwadronierte man von einer Militärintervention gegen den libyschen Bösewicht, mit dem man vor kurzem noch glänzend Geschäfte abwickelt hatten. Auf billige Weise will der Westen so sein Image als Beschützer der Diktatoren los werden. Völlig unbeachtet von der gesteuerten Öffentlichkeit bleibt indes die reale Militärintervention der Sauds gegen die Demokratiebewegung in Bahrain, immerhin ein wichtiger Stützpunkt der US-Marine. Die mit Abstand reaktionärste Diktatur der Region darf alles, denn sie ist der wichtigste Verbündete des Westens. Die Tatsache, dass der Golfkooperationsrat, der regionale Zusammenschluss unter Führung Riads, sich für ein Flugverbot über Libyen im Namen des Volkes stark machte, während er der Volksbewegung am Golf den Garaus zu machen versucht, schlägt dem Fass den Boden aus.

Wie reif der Golf für eine Revolution ist, wird sich zeigen. Denn die lokalen Revolten können nicht nur in Blut und Sektierertum, sondern teilweise auch in Petrodollars ertränkt werden – ein ebenfalls wirksames Mittel.

Wenn der historische Panarabismus mit seinem übertriebenen Anspruch auf Zentralisierung und Homogenität gescheitert ist, so bleibt doch ein wichtiger Kern von größter Bedeutung. Die gesamten Golf-Monarchien müssen in einer gemeinsamen Anstrengung der arabischen Völker (also von innen und von außen) gestürzt und der enorme Reichtum der Halbinsel für die Entwicklung der gesamten arabischen Welt in Dienst genommen werden.

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