Als einen „Akt des internationalen Terrorismus“ bezeichnete gestern der irische Abgeordnete zum Europaparlament Paul Murphy von der Sozialistischen Partei den Sabotageakt gegen die MV Saoirse, die sich im türkischen Hafen Gocek befand und hinter der eine paramilitärische Aktion des israelischen Geheimdiensts vermutet wird. Es war dies das Zweitemal innerhalb von drei Tagen, dass ein Schiff der Gaza Flotte auf die gleiche, hinterhältige Art und Weise beschädigt wurde, die – falls nicht rechtzeitig entdeckt – das Leben von an die hundert AktivistInnen und JournalistInnen aufs Spiel gesetzt hätte.
Ebenso wie auf der griechischen Juliani, wo der Vorfall am vergangenen Montag entdeckt wurde, war vermutlich durch Taucher einer Spezialeinheit die Transmissionsachse der Schiffsschraube angeknackst worden, ein Umstand, der das Schiff zwar am Auslaufen nicht gehindert hätte, auf hoher See jedoch die Schraube zum Absturz hätte bringen sollen, sodass sofort Wasser in den Maschinenraum eingedrungen wäre und das Schiff zum Sinken gebracht hätte.
Wie eine solche Sabotageaktion in der Praxis funktioniert konnte die österreichische Delegation, die vergangene Nacht eingeteilt war, die „Stefano Chiarini“ zu bewachen so zu sagen am eigenen Leib beobachten. „Um Punkt vier Uhr früh tauchte wie aus dem Nichts plötzlich ein laut tösendes Schnellboot auf; gleichzeitig wurden auf der linken Seite des Schiffs Luftblasen sichtbar,“ berichtete Gerald Oberansmayr aus Linz heute morgen vor der Versammlung einer Gruppe von Passagieren des so genannten Internationalen Schiffs. Erst das Erscheinen der sofort verständigten griechischen Küstenwache liess plötzlich wieder Ruhe einkehren. Taucher der griechischen Küstenwache stellten heute morgen keinerlei Beschädigungen am Boot fest.
Die Schlacht um die Medieninitiative
Gleichzeitig wurden in den letzten Tagen aus Israel stammende Informationen der internationalen Presse zugespielt, denen zu Folge sich zwei angebliche Mitglieder der von der EU und den USA als „terroristisch“ eingestufte Hamas an Bord des internationalen Schiffs Stefano Chiarini befinden würden: Amin Abu Rashad von dem Palestinian Refugee Center PRC mit Sitz in London und Mohammed Hamoun von der italienischen ABSPP-Stiftung.
Es stimmt zwar, dass diese beiden wie die meisten anderen palästinensischen Flüchtlingsorganisationen von Israel als Hamas nahe Nichtregierungsorganisationen eingestuft sind. Nachforschungen vor Ort haben jedoch ergeben, dass sich keine der beiden genannten Personen an Bord der Schiffe befinden und es sich daher nur um einen Ausbund des Propagandakriegs handeln kann, den Israel derzeit gegen die Gaza-Flotte führt.
Inzwischen haben sich auch die „chemischen Waffen“ in Form von schwefelhaltigen Säuren,welche auf einem der Schiffe laut israelischen Medienberichten geladen waren als harmlose Düngemittel herausgestellt, die den Bauern von Gaza zugute kommen sollen. Mit dieser Rictigstellung konfrontiert stellte die Mediensprecherin der israelischen Armee kleinlaut fest dass 2diese Substanzen an Bord noch zu gefährlichen Waffen umgearbeitet werde könnten.“
Überhaupt scheint es gewisse Widersprüche in bezug auf die Taktik des Propagandakriegs innerhalb der israelischen Regierung zu geben. Während ein Pressesprecher der Regierung vor Tagen erklärte die auf den Schiffen mitfahrenden Journalisten würden wie AktivistInnen behandelt und ihnen ihre Arbeitsgeräte weggenommen und mit einem Einreiseverbot nach Israel von 10 Jahren belegt werden, zog Premierminister Netanjahu nach einer Kabinettssitzung in Antwort auf die Proteste internationaler Journalistengremien (vor allem „Reporter ohne Grenzen“) diese Aussagen wieder zurück und sagte, die Regierung würde ihr Verhalten den JournalistInnen gegenüber nochmals „überdenken“.
Als ein Journalist daraufhin die Sprecherin der Armee fragte, wie denn dann die JournalistInnen an Bord der Gaza Flotille dann tatsächlich behandelt würden, antwortete diese lakonisch: „Das wird auf das Verhör ankommen.“
Drohender Boikott der griechischen Hafebehörden
Inzwischen sind alle Schiffe mit Ausnahme des irischen, des griechisch-norwegisch-schwedischen und des US-amerikanischen und kanadischen Schiffs, die noch die Antwort auf ihren Einspruch gegen von Privatanklägern eingebrachten Verfahrens wegen angeblicher „Seeuntüchtigkeit“ der Schiffe abwarten, zur Abfahrt nach Gaza bereit. Jedoch vezögern die griechischen Hafenbehörden die Ausstellung der Eraubnis die verschiedenen Häfen zu verlassen. Auch einem der französichen Schiffe, das vor über einer Woche von Korsika aufgebrochen war und derzeit in einem griechischen Hafen zum Auftanken vor Anker liegt, wird die Zufuhr von Treibstoff verweigert.
Alle diese Machenschaften, die auf eine bewusste Verzögerungstaktik der griechischen Regierung hindeutet hat bereits Anlass zu heftigen Protesten vor den griechischen Botschaften und konsularischen Vertretungen vor allem in Frankreich und Italien geführt. Es ist anzunehmen, dass sich diese Proteste in den nächsten Tagen noch häufen werden. Ob die Schiffe ab einem bestimmten Stichtag dann ohne Bewilligung der Hafenbehörden trotzdem auslaufen werden, wird zur Zeit von den TeilnehmerInnen an der Gaza-Flotte noch dikutiert.
Auf alle Fälle wird es morgen Samstag in Gaza selbst zu einer Massenmobilisierung unter der Devise: „Let them go!“ kommen.