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Ausländische Intervention zerstört die Revolution

Warum die USA stattdessen einen geschwächten Assad bevorzugen würden


15. März 2012
Von Abdel-Halim Qandil

Eine ausländische Intervention zu fordern dient dem Assad-Regime, verrät die revolutionäre Sache und bedroht Syrien mit Desintegration. Es ist nicht notwendig Syrien, sondern das Regime zu zerstören. Syrien soll sich danach gemäß den Vorstellungen seines Volkes, welches sich nach einer arabischen Heimat sehnt, erneut aus seiner Asche erheben.


Geht die Krise in Syrien den Pfad eines Libyschen Szenarios? Und bis zu welchem Grad bereiten die Sturheit und Gewalttätigkeit des Regimes ein offenes Tor für eine bewaffnete ausländische Intervention, welche die syrische Revolution in eine Tragödie verwandeln und das Überleben des syrischen Staates selbst gefährden würde?

Die Gefahr ist gegenwärtig, wenn auch unwahrscheinlich, da Syrien das Öl fehlt – die Beute, welche die westliche Gier im Falle von Libyien und zuvor im Irak angezogen hatte.

Amerika und seine Satelliten agieren sehr pragmatisch. Die zehntausenden Verwundeten und Märtyrer kümmern sie nicht. Sie würden die Situation so wie sie jetzt ist sogar noch begrüßen: Die arabische syrische Armee reibt sich in einem blutigen Krieg gegen das Volk auf. Und das syrische Regime wird herausgefordert und unterhöhlt, aber nicht gestürzt, denn der Westen weiß nicht genau wo Syrien nach Bashar stehen würde. Sie trauen Burhan Ghalioun’s Zusicherung Frieden mit Israel zu halten nicht, was erklärt warum Washington und andere westliche Regime zögern Ghalioun’s oppositionellen Syrischen Nationalrat anzuerkennen.

Der Rat schließt einerseits die Muslimische Bruderschaft, einen der Hauptsektoren der Opposition, ein, auf der anderen Seite sind die meisten seiner anderen Mitglieder von zweifelhafter politischer Ausrichtung und fragwürdigem Hintergrund – teils nahe von Geheimdienstkreisen – inklusive den syrischen – teils einfach Opportunisten, illegitime Glücksritter die auf das aus den Golfstaaten hereinfließende Geld aus sind.

Es gibt wenige andere, welche für die Damaskus Erklärung stehen und nicht in Versuchung geraten mit Washington zu kollaborieren. Und dann gibt es noch ein ständiges Kommen und Gehen syrischer Gruppen, welche für sich in Anspruch nehmen die Revolution zu vertreten, und syrisches Blut wie Händler, die Waren welche nicht die ihren sind, verkaufen, und bereitwillig Vorauszahlungen akzeptieren.

Dies sind jene Leute, welche um eine ausländische Militärintervention betteln, um die Einrichtung einer Flugverbotszone, damit vorgeblich Zivilisten geschützt und dem Blutvergießen ein Ende bereitet werden soll, obgleich tatsächlich jedwede ausländische militärische Intervention noch mehr Blutvergießen und die Zerstörung Syriens, des Landes und des Volkes, bedeuten würde, sowie die Transformation der Revolution in einen offenen Bürgerkrieg. Syrien könnte – Gott bewahre – zersplittert werden. Eine ausländische Intervention ist nicht das Heilmittel für die Krankheit, sondern gleichbedeutend damit, von einer Bratpfanne ins offene Feuer zu springen.

Das Erreichen der nationalen Souveränität und die Befreiung vom Personenkult jeglicher Art sind essentielle Ziele jeder großen nationalen Revolution, inklusive der Syrischen, welche noch nicht zu Ende ist, jedoch in marginalen Regionen stecken geblieben zu sein scheint, ohne Zugang zum Herz von Syrien – Damaskus und Aleppo – wo die Hälft der Bevölkerung lebt und wo das Regime sich verbarrikadiert hat mit seinem grausamen Apparat.

Nur einige wenige Wochen zuvor gab das Koordinationskomitee und Ghalioun’s Nationalrat eine gemeinsame Erklärung ab. Das Koordinationskomitee schließt die grundlegenden oppositionellen Gruppen, die innerhalb Syriens aktiv sind, ein, und beinahe jede einflussreiche Gruppe nimmt an ihm teil, außer der Muslimischen Bruderschaft. Das Koordinationskomitee und der Nationalrat kamen überein, eine ausländische Intervention jedweder Form und unter jeglichem Deckmantel abzulehnen. Sie vereinbarten auch, eine Intervention anderer arabischer Kräfte nicht als ausländische Intervention zu betrachten, aber eine arabische Intervention scheint nicht plausibel. Die Mission der arabischen Beobachter ist ins Stocken geraten, und das Blutvergießen in Syrien geht weiter. Die herrschende Familie, der Klan des Diktators, scheint nicht bereit für irgendeine Form des Kompromisses, wodurch ein psychologisches Milieu geschaffen wurde, eine ausländische Intervention zu fordern, und den Boden für die größte Sünde zu bereiten, nämlich nicht nur Bashar’s Regime zu zerstören, sondern Syrien selbst.

Der erste Gewinner der Forderung nach ausländischer Intervention ist das Regime von Bashar selbst. Eine Intervention schadet der Sache der Revolution und befleckt den Ruf ihrer Unterstützer.

* Eine Intervention zu fordern erleichtert dem Regime den Plan sie des Verrats zu bezichtigen und sie als Agenten ausländischer Mächte zu bezeichnen.

* Eine Intervention zu fordern erleichtert dem Regime ein betrügerisches Bild der Ereignisse in Syrien zu zeichnen und wirft dunkle Schatten über den überwältigenden Wunsch des Volkes ein unterdrückerisches Regime, welches das eigene Volk ausgeraubt hat, zu beenden.

* Eine Intervention zu fordern erleichtert dem Regime die Revolution so darzustellen, als ob sie eine koloniale Verschwörung gegen das patriotische Regime wäre.

* Eine Intervention zu fordern stellt das Regime zufrieden und hilft ihm Unterstützer zu mobilisieren, welche ursprünglich zögerten sich dem revolutionären Marsch anzuschließen.

Das Regime ist sich dessen bewusst, wie schwierig es für die Amerikaner ist, sich bezüglich einer militärischen Intervention zu entscheiden. Die USA sind zufrieden ihre Kommunikationskanäle mit dem Regime zu pflegen, und gleichzeitig öffentlich feurige Erklärungen gegen Bashar abzugeben, jedoch ohne den Willen ein weiteres Minenfeld im Nahen Osten zu überqueren, das voll ist mit Hass gegen die Amerikaner, den Wächtern Israels.

Die Vereinigten Staaten zögern sich komplett gegen Russland zu stellen, das Syrien als seinen verlässlichsten Verbündeten in der Region betrachtet, und für das Russland sein Veto im Sicherheitsrat eingelegt hat. Russland versucht Syriens Verderben zu stoppen, und bietet sich als Vermittler zwischen dem Regime und der Opposition innerhalb und außerhalb Syriens zu fungieren.

Alles in allem eskaliert die Krise in Syrien bis jetzt, und das Blutvergießen hört keinen einzigen Tag auf. Die revolutionäre Sache steckt in einem Dilemma und wird sich aus diesem kein bisschen dadurch befreien, eine ausländische Intervention zu fordern; im Gegenteil, sie könnte sich dadurch noch tiefer darin verstricken. Die ausländische Intervention zu fordern ist der sichere Weg zur Desorientierung und absolutem Verrat an der revolutionären Sache. Die Lösung liegt in Syrien selbst. Die Lösung ist wahre Loyalität zu dem Blut der tausenden Märtyrer und Verwundeten der Revolution. Die Lösung liegt darin, den Funken der Revolution von den Aufständen in der Peripherie in das Herz Syriens zu tragen. Mit dem Durchhaltevermögen und Heldentum von Dar‛a, Idlib, Homs, Hama und Abu-Kamal, wo die revolutionären Unruhen begannen, den Funken in die Vorstädte von Aleppo und Damaskus überspringen zu lassen. Das Bewusstsein unter den Truppen führt in immer höherem Maße zu einer Aufsplitterung der Armee und spielt eine größere Rolle als wir glauben würden. Der nach außen vermittelte Zusammenhalt des Regimes und das scheinbare Fehlen größerer Brüche innerhalb seiner geschlossenen Strukturen werden nicht viel länger andauern. Der unterdrückerische Sicherheitsapparat des Regimes wird immer erschöpfter in dem blutgetränkten Terrain. Jedes Massaker, welches das Regime begeht, führt zu größerer Feindschaft der es sich gegenüber sieht, zu weiteren Rissen in der Wand der Angst und zu einem größeren Impuls in Richtung interner Brüche – vorausgesetzt, dass die Verwirrung durch Rufe nach ausländischer Intervention abgewendet werden kann. Solche Forderungen helfen dem Regime seinen Militär-, und Sicherheitsapparat zu mobilisieren, seinen Agenten zu suggerieren einen patriotischen Kampf zu führen und die Wahrheit des unterdrückerischen Krieges zu verbergen.

Zusammengefasst: Eine ausländische Intervention zu fordern dient dem Assad-Regime, verrät die revolutionäre Sache und bedroht Syrien mit Desintegration. Es ist nicht notwendig Syrien, sondern das Regime zu zerstören. Syrien soll sich danach gemäß den Vorstellungen seines Volkes, welches sich nach einer arabischen Heimat sehnt, erneut aus seiner Asche erheben.

Übersetzung arabisch-englisch: Qais Abdalla, Wien, Österreich
Übersetzung englisch-deutsch: AIK

* Abdel-Halim Kandil (Abdulhaleem Qandil) ist ein altgedienter ägyptischer Journalist und politischer Führer der Opposition. Er war einer der prominentesten Kritiker des Regimes von Mubarak. 2004 wurde er von Schlägern entführt, verprügelt und nackt in der Wüste am Stadtrand von Kairo zurückgelassen. Seine mutige Reaktion entzündete die Oppositionsbewegung Kifaya (“Es reicht”) ab 2005, von welcher er eine führende Persönlichkeit war. Nach dem Fall Mubaraks ist die links nationalistische Nachrichtenagentur, bei der er mitarbeitet, erneut das Ziel der Zensur.

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