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Ostwestlicher Diwan modern

Richtigstellungen zum „Globalen Marsch nach Jerusalem“ (GMJ)


4. April 2012
von Wilhelm Langthaler

Protest gegen die andauernde koloniale Landnahme Israels widerspricht dem westlichen Mainstream. Es gibt viele Keulen die Rechte der Palästinenser zu erschlagen. Hr. Croitoru bemüht das Ressentiment gegen die islamische Bewegung.


Zu diesem Behufe muss er den GMJ zwangsweise islamisch homogenisieren. Er räumt zwar ein, dass es sich beim Tag des Bodens um ein säkulares Symbol des palästinensischen Befreiungskampfes handelt. Den jüdischen und linken Unterstützern der Initiative unterstellt er, sie würden von den Islamisten benutzt werden oder gar sich benutzen lassen.

Denn vor Ort wäre alles unter der Kontrolle der Bärtigen. Dabei fällt unter den Tisch, dass der griechisch-orthodoxe Metropolit von Jerusalem, Hanna Atallah, quasi stellvertretend für die arabische Christenheit, die Mobilisierung unterstützt. Hat ein solcher Würdenträger es not, sich zum Hampelmann der Islamisten zu machen? Auch die palästinensische Linke und das kulturell westlich orientierte NGO-Milieu, symbolisiert von Mustafa Barghouti, sind mit von der Partie. Ganz zu schweigen vom Libanon, wo es ein maximal breites Bündnis von Linken, Schiiten und Sunniten unter dem Ehrenschutz des ehemaligen, arabisch-nationalistischen Premiers al-Hoss gibt. Nur am Nil funktioniert das derzeit nicht, denn da befinden sich die Moslembrüder in einem Block mit den Generälen, beide unter fortgesetzter Schirmherrschaft Washingtons.

Goethe hatte noch mit dem organischen Durchmarsch der Aufklärung unter Einbeziehung des islamischen Orients gerechnet. Doch der aufgeklärte Westen wandelte sich in einem Prozess der negativen Dialektik über den Kolonialismus zum heutigen Menschenrechtsimperialismus. Wie hohl der Anspruch ist, zeigt sich an der eisernen Unterstützung für nationale Säuberung der Palästinenser aus Palästina durch Israel. Dagegen wächst ein ostwestliches Bündnis unter Einbeziehung linker und islamischer Tradition – zur Verwirklichung der emanzipatorischen Ziele der Aufklärung, nämlich Demokratie für alle, gegen die herrschenden globalen Eliten.

Wilhelm Langthaler
Mitglied des europäischen Vorbereitungskomitees des GMJ
29.3.2012

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Nach Jerusalem
Eine islamische Aktion in säkularer Tarnfarbe
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.03.2012, Nr. 75, S. 27

Am kommenden Freitag jährt sich der palästinensische „Tag des Bodens“. Man erinnert an den ersten Protest gegen Bodenkonfiszierungen durch den israelischen Staat, der 1976 in Galiläa stattfand. Obgleich der Gedenktag wegen seines nichtreligiösen Charakters von Islamisten als fragwürdig angesehen wird, hat jetzt eine internationale Initiative, deren panislamischer Charakter nicht zu verkennen ist, ausgerechnet dieses Datum für einen „Globalen Marsch nach Jerusalem“ (GMJ) gewählt.

Unter den Organisatoren sind zwar auch nationalistische Palästinenser aus der Westbank und der Diaspora. Das Zentralkomitee dominieren jedoch solche, die islamistischen Kreisen nahestehen. Auf der englischsprachigen Internetseite von GMJ ist man indes bemüht, einen säkularen Eindruck zu erwecken. Mit dem angekündigten Marsch, den Palästinenser und Sympathisanten am Stichtag in den arabischen Nachbarländern in Richtung der israelischen Grenze antreten wollen, soll für die „Freiheit von Jerusalem“ – gemeint ist das arabische – ebenso demonstriert werden wie gegen „Apartheid“, „ethnische Säuberung“ und die „Judaisierungspolitik“. Einem internationalen Unterstützerkreis gehören vierundsechzig Intellektuelle und Aktivisten an – auch Christen und Juden aus westlichen Ländern und sogar einige Israelis. Aus Deutschland dabei ist einzig die für ihre Israel-Kritik bekannte Evelyn Hecht-Galinski. Man stößt auch auf illustre Namen wie Judith Butler und Cornel West, den schwarzen Princeton-Professor.

Ob sich alle Teilnehmer der Doppelzüngigkeit der Organisatoren bewusst sind, darf bezweifelt werden. Der Protestaufruf erhält nämlich auf der arabischen Website von GMJ eine religiöseFärbung. So findet der Marsch, an dem die arabische wie die islamische Umma gemeinsam teilnehmen sollen, mit „Gottes Hilfe“ statt. Zwar beruft man sich auch hier auf den Geist der arabischen Revolutionen, aber nur Gott allein sei die Vertreibung der arabischen Diktatoren zu verdanken. Insgesamt wird suggeriert, dass das Ziel des Marsches nicht nur die Befreiung des arabischen Jerusalem ist, sondern des gesamten „Palästina mit seiner Hauptstadt Al-Quds“. Einer der jüngsten Beiträge auf der GMJ-Startseite macht es deutlich: „Die arabischen Völker wollen die Befreiung Jerusalems“ aus den Händen des „zionistischen Staatswesens“ – so nennt die Hamas den Staat Israel. Auch rufen hier die „Rechtsgelehrten Palästinas“ zum Marsch auf. Allerdings handelt es sich dabei um eine Gruppe Religionsgelehrter aus Gaza, die der dortigen Hamas-Regierung zuarbeiten. Dieser Beitrag ist wohlgemerkt eine gekürzte Fassung ihrer ursprünglichen Erklärung, die die Rechtsgelehrten vor einigen Tagen auf einer eigenen Internetseite veröffentlichten. Die volle Version enthält eine eindeutige Aufforderung zum Dschihad, gestützt auf die üblichen Koranverse (etwa 9:41).

Angesichts solch militanter Aufrufe wundert es nicht, dass bei einer Unterstützer-Demonstration am vergangenen Sonntag vor der israelischen Botschaft im marokkanischen Rabat die Stimmung schnell kippte. Israelische Fahnen wurden verbrannt, und weil die zahlreichen Demonstranten das Gebäude belagerten, musste ein israelischer Diplomat durch den Hinterausgang hinausgeleitet werden. Es bleibt zu hoffen, dass die Aktion, wie die Organisatoren beteuern, auch tatsächlich friedlich verlaufen wird.

JOSEPH CROITORU

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