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Willkommen Syriza!

Das griechische Volk setzt sich gegen die Erdrosselung durch die EU Wehr


9. Mai 2012
Antiimperialistische Koordination (AIK)

Kurzthesen unmittelbar nach den griechischen Wahlen vom 6. Mai 2012


1) Traditionelles politisches System gesunken

Endlich, endlich, endlich: Das griechische Volk hat die kapitalistischen Zentrumsparteien, die Exekutoren der Interessen der EU-Eliten, den Todesstoß versetzt. Das ist ein Ereignis und Erfolg von außerordentlicher Bedeutung, der in Europa in den letzten Jahrzehnten als denkunmöglich gegolten hat. Die Herrschenden sind bis auf weiteres unfähig in Athen eine Exekutive zu bilden. Das versetzt sie in Panik und sie haben keinen Plan der Reaktion. Der in der deutschen Presse lancierte Vorschlag eines Protektorats ist entlarvend – doch so schnell geht das jedenfalls nicht.

2) Erfolg der Linken – vorerst bei den Wahlen

Auch über den Wahlerfolg von Syriza kann man sich nur freuen und gratulieren. In den politisch gewichtigen Wahlbezirken in und um Athen sind sie mit 20-25% stärkste Kraft.

Wenn sie dem unmittelbaren Druck standhalten – was anzunehmen ist – und das EU-Verarmungsprogramm weiterhin ablehnen, wird wohl auch Syriza keine Regierungsbildung gelingen. Neuerliche Wahlen sind also möglich und sogar wahrscheinlich. Eine weitere Polarisierung ist unvermeidlich.

3) Der zu erwartende Gegenangriff der EU

Niemand sollte darauf hoffen, dass die Linke bei Neuwahlen ihren Erfolg einfach ausbauen, zur stärksten Kraft aufrücken und eine Linksregierung bilden wird können.

Dazwischen liegen zwei lange Monate, die die Herrschenden nutzen werden, denn trotz der gegenwärtigen Destabilisierung liegt die eigentliche Macht bei ihnen. Griechenland wird von der EU seit geraumer Zeit am Rand des Bankrotts gehalten – vor allem um sich selbst zu schützen. Das hatte aber zur Voraussetzung, dass in Athen ihre Handlanger saßen. Wenn nun das tatsächlich nicht mehr so sein sollte, dann stehen die Dinge anders.

4) Bankrott?

Wir wagen zu unterstellen, dass die Eliten selbst nicht wissen, was sie zu tun gedenken. Es gibt kein Szenario bei dem die Staatsschulden weiter bedient werden können. Ob mit oder ohne Zustimmung der Gläubiger, ein weitere Schuldenschnitt oder aber der Bankrott scheint unabwendbar. Bei beiden Varianten sind die politischen und ökonomischen Folgen unabsehbar (Domino-Effekt) und haben das Potential die Herrschaft der Eliten schwer zu erschüttern.

Die Drohung mit dem Bankrott steht zunehmend als Rute im Fenster gegen die Volksmassen. Doch auch die griechischen Besitzenden antizipiert diese Situation indem sie ihr Kapital ins Ausland transferiert. Doch auch für die EU-Eliten kann das schwere Verluste bedeuten. Dieses Damoklesschwert kann die politische Situation völlig verändern. In alle Richtungen.

Zudem: Der Schwerpunkt der Politik wird sich vom Parlament auf die Straße verschieben. Gleichzeitig mit dem Aufstieg der Linken machen sich auch die Faschisten bereit. Das Zentrum muss in der Mobilisierung und Organisierung des Volkes liegen und nicht bei Wahlen und im Parlament.

5) Gegen das EU-Programm, aber für den Euro?

Dass Syriza das Erdrosselungsprogramm der EU ablehnt, ist hervorragend. Aber der Verbleib in EU und Euro ist eine haltlose und kurzlebige Halbheit. Sie zeigt nicht nur die Unentschlossenheit des linken Bündnisses, sondern letztlich auch der Volksmassen.

Die Position geht davon aus, dass die EU-Elite zu substanziellen sozialen Zugeständnissen bereit sein wird und gleichzeitig den griechischen Staat zahlungsfähig hält. Gewisse Anpassungen wird Deutschland wohl akzeptieren müssen (wie es Berlin auch schon mehrfach tat), vor allem was die Geldpolitik und die Rettung von Banken und Staaten betrifft. (Da geht es aber um Solidarität in der Elite, denn diese wird vor dem Verlust ihrer Kapitalien bewahrt.) Dafür steht Hollande.

Doch Syriza und die griechischen Volksmassen erwarten sich etwas völlig anderes, nämlich dass die Umverteilung von unten nach oben gedämpft wird. Und das ist bei den (neo)liberalen Machthabern ein unantastbares Tabu.

6) Bruch mit der Oligarchie

Es gibt also nur zwei Richtungen: Entweder wohl oder übel unter den Fittichen des europäischen Kapitals zu bleiben oder den Bruch zu wagen mit den notwendigen radikalen sozio-ökonomischen Maßnahmen – das geht nur gegen EU und außerhalb des Euro.

Davon ist Syriza und Griechenland noch entfernt – wie weit ist eine andere Frage. Denn Tage zählen gegenwärtig wie Jahre und politische Prozesse können nun rasend von statten gehen.

Doch allein diese Frage aufzuwerfen ist eine titanische politische Leistung. Im kapitalistischen Europa gab es das seit der portugiesischen Nelkenrevolution oder der unmittelbaren Nachkriegsperiode nicht mehr.

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