Als die arabische Volksrevolte die vom Westen unterstützten Tyrannen in Tunesien und Ägypten zu Fall brachte, die unterdrückten Massen der arabischen Welt elektrisierte und schließlich auch Syrien erreichte, hofften wir alle auf einen schnellen Sieg der demokratischen Bewegung.
Rasch stellte sich jedoch heraus, dass das Asad-Regime dazu unwillig und unfähig ist, den legitimen Forderungen des syrischen Volkes nach Freiheit und soziale Gerechtigkeit entgegenzukommen. Alle Versprechen nach mehr politischen Rechten erwiesen sich als leer. Die einzige Antwort war bisher blutige Repression zur Erstickung der demokratischen Bewegung. Tausende sind bisher getötet, Zehntausende verletzt worden oder in den Gefängnissen verschwunden.
Trotz des eklatanten Ungleichgewichts der Kräfte setzte sich die Bewegung auf der Straße monatelang friedlich den Gewehren des Regimes entgegen.
Doch früher oder später regten sich Kräfte, die bewaffneten Widerstand leisteten. Während Selbstverteidigung gegen die skrupellose Unterdrückung nur gerecht sein kann, drängten einige Tendenzen darüber hinaus und setzten so eine gefährliche Eskalation in Gang. Es handelt sich nicht nur um eine Spirale der Gewalt, sondern auch des Konfessionalismus gepaart mit dem Ruf nach ausländischer Intervention – eine Forderung, die am Anfang der Bewegung mit einem Tabu belegt war. Obwohl die Hauptschuld für diese Degeneration bei der Weigerung des Regimes, die Forderungen der Massen zu erfüllen, liegt, hat der zur Militarisierung tendierende Teil der Opposition natürlich Mitschuld am gewaltsamen Konflikt.
Diese Situation wurde von verschiedenen ausländischen Kräften vor allem vom Golf, aber auch von der Türkei und vom Westen befeuert und für ihre Zwecke benutzt. Sie haben so das Land an den Rand des konfessionellen Bürgerkriegs getrieben. Die vom Ausland unterstützte Opposition ist damit objektiv zum Zwilling des Asad-Regimes geworden.
Die im Land selbst verankerte demokratische Opposition ist indes nicht von den Straßen verschwunden und ihren ursprünglichen Prinzipien treu geblieben, die sie in den drei Nein zusammenfasst:
· Nein zur Gewalt und zum Bürgerkrieg
· Nein zum Konfessionalismus
· Nein zur ausländischen Intervention
Weil wir die nationale Souveränität des syrischen Volkes, über seine Zukunft selbst zu entscheiden, respektieren und befürworten, unterstützen wir mit ganzem Herzen die Volksbewegung für demokratische Veränderung. Es ist die einzige Kraft, die eine demokratische, friedvolle und antiimperialistische Lösung erzielen kann.
Angesichts der zunehmenden internationalen Einmischung von verschiedenen Seiten, die zu Richtung konfessionellem Bürgerkrieg drängen, ruft die demokratische Opposition, die dem entgegenhält, zur internationalen Solidarität. Wir unterstützen daher die verschiedenen Aufrufe zu Verhandlungen und Dialog, die jedoch sofortige substanzielle Zugeständnisse durch das Asad-Regime erfordern:
· Schluss mit dem Töten und der Repression
· Freilassung der politischen Gefangenen
· Friedliche Demonstrationen, freie Meinungsäußerung und die Bildung von Parteien müssen erlaubt werden.
Entweder macht das Regime angesichts des Drucks der Volksbewegung zumindest Teilzugeständnisse. Oder die demokratischen Kräfte zeigen mit dem Angebot des Dialogs, dass nicht sie an der Eskalation schuld sind. Sie vertiefen damit ihren Konsens im Volk (selbst wenn der Dialog Scheitern sollte), den sie zur Entfaltung der Revolution brauchen. In beiden Szenarien machen die demokratischen Kräfte Punkte. Entweder vergrößert sich ihr Bewegungsspielraum oder sie haben dazu beigetragen Assad weiter politisch zu isolieren. Indes hilft die kategorische Ablehnung von Verhandlungen einerseits Asad, der behaupten kann die Opposition wäre nicht zum Dialog bereit, andererseits den Antreibern des konfessionellen Bürgerkriegs, die die Legitimation für ihr Treiben suchen, und natürlich auch dem Imperialismus und Zionismus.
Großes Ziel ist eine demokratische konstituierende Versammlung, wie sie bereits von der “Damaszener Erklärung” 2005, der intellektuellen Wegbereiterin der heutigen Massenbewegung als Forderung erhoben wurde. Auch die Revolutionen in Ägypten und Tunesien sind von dieser Idee inspiriert worden. All jene, die über Demokratie schwadronieren, aber eine verfassungsgebende Versammlung verweigern, werden früher oder später bloßgestellt werden.
Ein friedlicher Fortschritt Richtung demokratischer Veränderung wird die Fähigkeit des
syrischen Volks, seine nationale Souveränität zu verteidigen, enorm stärken. Nur das mobilisierte Volk kann dem zionistischen und imperialistischen Feind entgegentreten – etwas wozu die despotischen arabischen Regime trotz ihrer vollmundigen Worte niemals fähig waren.
Gleichzeitig würden revolutionäre demokratische Veränderungen der arabischen Volksrevolte massiven Antrieb geben, um weitere vom Westen gestützte Diktaturen wie in Bahrain, im Jemen oder in Marokko zu Fall zu bringen. Erfolgreiche Aufstände wie in Tunesien und Ägypten könnten in Richtung der notwendigen sozialen Veränderungen gegen die lokalen und globalen Unterdrücker im Sinne der nach sozialer Gerechtigkeit und Gleichheit strebenden Massen vertieft werden.
Gelingt es der syrischen Revolution, den Missbrauch durch ausländische Kräfte und den konfessionellen Bürgerkrieg abzuwenden und abzuwehren, leistet sie einen massiven Beitrag zur Schwächung der imperialistischen Vorherrschaft in der Region und letztlich auf der ganzen Welt. All jene, die gegen die globale Oligarchie kämpfen, stehen auf der Seite der syrischen demokratischen und friedvollen Revolution – auch aus ihrem eigenen Interesse.
Wir planen daher, eine internationale Solidaritätsdelegation für das syrische Volk zusammenzustellen. Wir wollen so unserer Unterstützung für demokratische Reformen von innen einschließlich Dialog und Verhandlungen Ausdruck verleihen. Es ist uns wichtig, gegenüber dem syrischen Volk zu zeigen, dass da nicht nur die sogenannte internationale Gemeinschaft ist, geführt von den neokolonialen Kräften und ihren arabischen Handlangern, die an einem unabhängigen Syrien kein Interesse haben, es wieder unter ihre Kontrolle zu bekommen versuchen und dafür auch einen schrecklichen konfessionellen Bürgerkrieg riskieren. Sie wollen Israel helfen, während wir den globalen Kampf gegen den Zionismus vertiefen und verbreitern wollen. Gleichzeitig versuchen wir das Bewusstsein der globalen öffentlichen Meinung darüber zu schärfen, dass die syrische Volksbewegung kein Anhängsel des Westens nach dem Typus der samtenen Revolutionen ist, sondern dass es einen kräftigen unabhängigen, überkonfessionellen and antiimperialistischen Flügel gibt, dessen Stimme wir auch durch unseren Besuch hörbar machen wollen.