Als Demokraten und Revolutionäre verurteilen wir die Militärherrschaft und deren gegenwärtiges Massaker an den Muslimbrüdern. Wir fordern alle demokratischen Rechte auch für die Muslimbrüder, obwohl sie ihrerseits jene nicht allen gewähren wollten. In Ägypten sind der strategische Hauptfeind der revolutionären Demokraten jenseits der politischen Konjunktur die um die Generäle gruppierten alten Eliten. Die Differenzen mit den diversen Islamisten einschließlich der Muslimbrüder dürfen nicht dazu führen, die alte Oligarchie und ihren Machtapparat aus den Augen zu verlieren.
Der Militärputsch und das diktatorische Roll-back bringen die demokratische Volksrevolte in ernsthafte Gefahr – die größte Bedrohung in der wechselvollen Geschichte der vergangenen zwei Jahre seit dem Sturz Mubaraks.
Politisch ermöglicht wurde die Rückkehr der Junta durch die tiefe Spaltung der Volksopposition gegen das alte Regime in Islamisten und Nichtreligiöse.
Auf der einen Seite tragen die Muslimbrüder eine schwere politische Verantwortung, insofern sie sich als unfähig erwiesen, Konsens zu schaffen. Wichtig dafür wäre gewesen, gegen die Militärs und die Reste des alten Regimes gegenüber dem Tahrir die Hände auszustrecken. Davon konnte aber keine Rede sein – im Gegenteil wurde der Tahrir zum Hauptfeind erklärt. Sie führten einen Kulturkampf gegen die Säkularisten und verfügen über kein Konzept für eine plurale Gesellschaft. Je weniger die Muslimbrüder sich als in der Lage erwiesen, die Grundideen der Revolte – Brot, Freiheit und soziale Gerechtigkeit – zu verwirklichen, je mehr sie an Zustimmung verloren, desto mehr klammerten sie sich an ihren alleinigen Machtanspruch. So stießen sie nur noch mehr Menschen, zum Schluss bis selbst tief in den islamischen Kulturbereich hin, ab. Sie provozierten regelrecht die Revolte gegen ihre Herrschaft.
Von der anderen Seite, der linken Volksopposition um den Tahrir, wurde der gleiche Fehler begangen. Statt ihrerseits die Hand auszustrecken – ohne dabei auf die Forderungen der Revolte zu verzichten –, wurde im Kulturkampf mit gleicher Münze zurückgezahlt und die Muslimbrüder zum Hauptfeind erklärt. Die politische Idee, einen Vorschlag für Zusammenarbeit zu machen und zu wiederholen, zwar ohne dass er die Chance hätte, unmittelbar auf Gehör zu stoßen, aber dennoch mittelfristig Wirkung zeitigen könnte, fand keine größere Anhängerschaft.
So gelangte die Massenbewegung gegen Mursi ins politische Schlepptau zuerst der Liberalen (Nationale Rettungsfront) und schließlich der Militärs und alten Eliten. Der Tahrir wurde von Tamarrud übernommen, die bis heute an der Seite der Generäle stehen, während sich selbst el-Baradei schon zurückgezogen hat. Viele forderten die Armee zum Eingreifen auf und hießen den Militärputsch willkommen – weil sie bis heute die Muslimbrüder als ihren Hauptfeind betrachten.
Diejenigen revolutionären Demokraten, die sich ernsthaft und ehrlich in der Tradition des Tahrir gegen die Generäle stellten, blieben auf der Strecke. Ihre Position muss in der Luft hängen bleiben, solange die Muslimbrüder und Islamisten als Feinde angesehen werden, die zumindest gleichwertig zu den Militärs sind. Daraus resultiert ein ungewinnbarer Zweifrontenkrieg.
Als revolutionäre Demokraten fordern wir:
Ein sofortiges Ende der Repression gegen die Muslimbrüder und die Wiederherstellung ihrer demokratischen Freiheiten.
Einen Kompromiss mit den Muslimbrüdern, der ehebaldige Neuwahlen ermöglicht.
Gegen die zivil getarnte blutige Militärjunta muss eine demokratische Volksregierung auf Basis der Forderungen der Revolte gegen Mubarak entwickelt werden.