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Wer oder was ist die KDP?

1. September 2014
von Initiativ e.V.

Zur Geschichte der Kurdischen Demokratischen Partei – oder: diesmal liefert die BRD Waffen an die „andere“ Seite .


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Der fortschreitende Zerfall derjenigen Staaten, die aus einem Abkommen nach dem Zweiten Weltkrieg hervorgegangen sind, haben eine in Europa sehr lange wenig beachtete Volksgruppe ins Gespräch gebracht: die Kurden.

In Europa und im Besonderen in der BRD erlangte in den 1990er Jahren eine der drei großen kurdischen Parteien traurige Berühmtheit: die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Die PKK hatte es gewagt, gegen die Unterdrückung der kurdischen Volksgruppe in der Türkei einen breiten Volkswiderstand zu organisieren der von der 1982 in der Türkei an die Macht gekommenen Militär-Junta blutig unterdrückt wurde. Höhepunkt dieses Krieges gegen das kurdische Volk war die Zerstörung und Entvölkerung ganzer Landstriche in Nord-Kurdistan (Ost-Türkei). Über dreitausend Dörfer wurden verbrannt, entvölkert, die Felder der dort lebenden Bauern vermint, und über zwei Millionen Menschen vertrieben.

Nicht nur, dass die damalige deutsche Bundesregierung 1982 den Putsch der Militär-Junta unterstützte, sie unterstützte auch die Politik des türkischen Staates gegen die kurdische Volksbewegung. Die Waffen, welche die BRD Anfang der 1990er Jahre aus den Beständen der ehemaligen NVA der DDR an den NATO-Partner Türkei lieferte, wurden sogleich zur Unterdrückung im Osten der Türkei gegen die Bevölkerung eingesetzt. Auch wenn der damalige Außenminister Klaus Kinkel (FDP) das vehement abstritt, musste selbst er diese Lügen eingestehen, nachdem ein Bild um die Welt ging, das zeigte, wie ein kurdischer Jugendlicher von türkischen Militärangehörigen mit einem BTR-60-Radpanzer aus NVA-Beständen zu Tode geschleift wurde.

In der BRD machte man sich die türkische Position zu Eigen, dass es in der Türkei gar kein „Kurden-Problem“ gäbe, sondern nur ein Problem mit „Terroristen“. Vor diesem Hintergrund wurde die kurdische Volksbewegung hier in der BRD kriminalisiert, ihre Demonstrationen verboten oder gewaltsam aufgelöst und kurdische Aktivistinnen und Aktivisten verhaftet. Trauriger Höhepunkt war 1993 die Erschießung von Halim Dener, der beim Ankleben von Plakaten der in der BRD verbotenen Kurdischen Volksbefreiungsfront (ERNK) nachts in den Straßen von Hannover von einem Sondereinsatzkommando in den Rücken geschossen wurde. Jegliche Kritik an der Komplizenschaft der BRD im Krieg gegen das kurdische Volk wurde mit dem Hinweis auf das PKK-Verbot unterdrückt und kriminalisiert.

Ganz anders sieht das Verhältnis zu den politischen Formationen der kurdischen Bevölkerung im Irak aus. Die älteste Formation, die bis heute als Kurdische Demokratische Partei (KDP) firmiert, hat ihre Wurzeln in den Anfängen der kurdischen Nationalbewegung, die mit Unterstützung der Sowjetunion zur Zeit des Zweiten Weltkrieges entstand. Diese Bewegung wurde später von den Briten und den Iranern zerstört, und die Reste unter Mustafa Barzani zogen sich in den Norden des heutigen Irak zurück. Im Zuge des Aufbaus einer stabilen Neuordnung im Sinne der US-amerikanischen Weltordnung wurde die KDP nach dem Putsch der fortschrittlich-patriotischen Kräfte unter Abd al-Karim Qasim (Kassem) 1958 im Irak benutzt, um das Revolutionsregime in Bagdad zu schwächen.

In der Frage zum Verhältnis der kurdischen Bewegung im Irak zum neuen Regime, trennten sich die südöstlichen Teile der Bewegung von der KDP und gründeten eine eigene politische Formation, die Partei der Einheit Kurdistans (PUK).

Die Widersprüche zwischen der Regierung in Bagdad und des kurdischen Nordens eskalierten 1971 in einem offenen Krieg, indem die KDP von den USA und vom Iran unterstützt wurde. Vor allem mit Hilfe schwerer Waffen, die die KDP aus dem Iran bekam, konnte die Organisation bis 1975 gegen die irakische Armee bestehen. Wie so oft in der Geschichte der kurdischen Bewegung wurde die kurdische Volksbewegung zum Spielball regionaler Übereinkünfte. Nachdem sich das irakische Regime 1975 unter Saddam Hussein von der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit der Sowjetunion verabschiedete und zusagte, dem Bagdad-Pakt beizutreten, erlosch jeder Grund für die USA und den Iran, die KDP weiter zu unterstützen. Die KDP musste sich fast vollständig aus dem Irak zurückziehen. In seinem letzten Interview, das Mustafa Barzani kurz vor seiner Flucht nach Moskau gab, sagte er noch, dass es der größte Fehler seines Lebens gewesen sei, den USA je vertraut zu haben.

Mit dem Beginn des Krieges zwischen dem Irak und dem Iran war die kurdische Frage im Irak selbst marginalisiert. Während ein großer Teil des Nordens von den Öl-Milliarden eingekauft wurde, kämpfte ein nicht geringer Teil der PUK auf Seiten des Iran gegen den Irak. In diesem Zusammenhang ist auch der Angriff der irakischen Armee gegen Halabscha zu verstehen, der ungeachtet seiner barbarischen Folgen kein Angriff gegen Kurdistan war, sondern im Zuge der so genannten Anfal-Offensive die bereits auf irakischen Territorium stehende iranische Armee zurückschlagen sollte.

Mit der militärischen Besetzung der strategischen Ölfelder im Mittleren Osten 1991 ist die kurdische Frage wieder auf die Tagesordnung gekommen: zum Einen durch die militärischen Erfolge der PKK gegen den türkischen Staat, zum Anderen der Volksaufstand der Kurden im Norden und der Schiiten im Süden gegen die Herrschaft der Baath-Partei. Im Zuge der „Befreiung“ Kuwaits durch die USA hatte man die Unterdrückten im Irak aufgerufen, sich gegen die Zentralregierung zu erheben. Doch war man in Washington noch nicht gewillt, den Sturz der Baath-Partei durch schiitische Kräfte (die Dawa-Partei) zu unterstützen und damit den iranischen Einfluss im Irak zu stärken. Noch sah man in den Kurden eine wirkliche Alternative. Die Aufstände mussten vor diesem Hintergrund kläglich scheitern.

So wurde im Norden des Iraks einmal mehr sehr tief in die Mottenkiste der Geschichte gegriffen und mit viel Geld eine Bewegung wiederbelebt die sich aus einer Mischung alter „Dorfschützerschaft“ und Stammesformationen um den Barzan-Stamm zur KDP neuformierte. Unter dem Schutz einer völkerrechtswidrigen „Flugverbotszone“, eingerichtet 1991 von den USA und Großbritannien, wurde der Irak faktisch zerteilt.

Während die USA und Großbritannien „zum Schutz der Kurden“ fast täglich Ziele der irakischen Armee um Mossul angriffen – im Süden fand Ähnliches statt – eskalierten die Widersprüche zwischen KDP und PUK sofort an der Frage der Verteilung der Zolleinnahmen zur Türkei, denn großer Teil des Schwarzhandels vor allem mit Öl wurde via „Kurdistan“ in die Türkei abgewickelt – ein riesiges Geschäft für alle Beteiligten. Der kurdische Norden – nun selbst in ein Gebiet der PUK mit der Hauptstadt Sulaimaniyya (Silêmanî) und der KDP mit der Hauptstadt Erbil (Hewlêr) geteilt – führte wiederholt Kriege untereinander, um Zolleinnahmen, Gebietsansprüche und um die Sitzverteilung im kurdischen Parlament in Erbil. 1998 gipfelte dies in einer Invasion der KDP auf das Gebiet der PUK. Die KDP wurde dabei von der irakischen Armee unterstützt, die ihrerseits erst durch US-amerikanische Bombardierungen daran gehindert wurde, mit schweren Panzereinheiten in die Flugverbotszone einzudringen.

Auch an einer anderen Front machte sich die KDP mit ihrem Söldnerheer nützlich. Durch die systematische Entvölkerung der kurdischen Gebiete in der Türkei ab 1991 war die PKK vermehrt gezwungen, auf irakisches Territorium auszuweichen. Da sowohl die KDP als auch die PUK befürchten mussten, durch die fortschrittlich-patriotischen Kräfte der PKK politisch marginalisiert zu werden, gingen sie 1991 gemeinsam mit der türkischen Armee zum Angriff gegen die Volksbefreiungsbewegung über. Dabei richtete die türkische Armee, das Vokabular der israelischen Aggression gegen Libanon übernehmend, im Bündnis mit der KDP eine so genannte „Sicherheitszone“ auf irakischem Territorium ein. Die Folge dieser Auseinandersetzungen waren Tausende Vertriebene aus der Grenzregion. Menschen, die sich „verdächtig“ machten, mit der PKK zu sympathisieren, wurden vertrieben oder ermordet. Selbst ein Flüchtlingslager von aus der Türkei Geflohenen bei Atrush wurde wiederholt durch Kräfte der KDP angegriffen und die Menschen am Schluss ein weiteres Mal vertrieben.

Unter den heute im Irak herrschenden kurdischen Parteien (KDP und PUK) hat sich erneut ein auf Vetternwirtschaft und Stammesidentitäten basierendes politisches System etabliert, auf dem schon die Baath-Partei ihre Basis hatte. Die heutigen politischen Kräfte, die durch KDP und PUK repräsentiert werden, haben nur am Rande etwas mit den historischen Formationen zu tun, die aus dem antikolonialen Widerstand gegen das Osmanische Reich und die europäischen Großmächte entstanden waren. Dieses Erbe hat alleine die PKK angetreten.

Die KDP ist heute keine demokratische oder fortschrittliche Kraft mehr. Ihr Nationalismus ist heute kein demokratischer mehr. Zuletzt zeigt sich dies an dem Umgang mit denjenigen Kräften in Erbil, die im Zuge des „Arabischen Frühlings“ gegen die politischen Verhältnisse auf die Straße gingen und durch bewaffnete Peschmerga-Einheiten auseinandergetrieben wurden. 38 Menschen bezahlten dies mit ihrem Leben, und viele wurden verhaftet. Doch selbst in Glaubensfragen ist die KDP von den wahhabitischen Glaubenskriegern des „Islamischen Staates“ nicht weit entfernt. Auch unter ihrer Herrschaft kam es immer wieder zu Übergriffen gegen Yeziden als „Ungläubige“ oder „Teufelsanbeter“. Wie 1998 als 12 Yeziden in Dohuk als vermeintliche „Ungläubige“ am helllichten Tag auf offener Straße ermordet wurden.

Dass eine Lösung der kurdischen Frage im Sinne der KDP keine wirkliche sein kann, hat nicht zuletzt Abdullah Öcalan bereits 1993 festgestellt, indem er betonte, dass ein unabhängiges Kurdistan unter den jetzigen Verhältnissen weitere hundert Jahre Krieg bedeuten würde. Die KDP gab 2003 einmal mehr einen Vorgeschmack dessen, was unter ihrer Herrschaft zu erwarten ist. Nachdem die KDP mit Unterstützung der USA Mossul erobert hatte, begann sie, die unter der Baath-Partei begonnene „Arabisierung“ wieder rückgängig zu machen – durch die Vertreibung eines Teils der arabischen Bevölkerung. Ähnliches wurde aus der Umgebung von Kirkuk und Erbil berichtet.

Die Diskussion in der BRD baut in erster Linie auf Unwissenheit und ideologischen Scheuklappen auf. Wer also meint, ob Herr Gabriel oder Frau Merkel, heute zum Schutz der Yeziden Waffen in eine Region zu schicken, die bereits die höchste Waffendichte weltweit aufweist, in der bereits seit fünfzig Jahren Krieg herrscht, der sollte bedenken, dass man damit dabei ist, politische Kräfte zu stärken, die sich im Umgang mit politisch oder religiös Andersdenkenden in keiner Weise von dem abheben, was in der medialen Wahrnehmung als die Verbrechen des „Islamischen Staates“ durch den Äther geistern.

Wie schon in anderen Situationen vorher und in vielen anderen Fragen nachher:

Nein zu Waffenlieferungen an die Fußtruppen des Westens, die KDP!

Initiativ – Verein für Demokratie und Kultur von unten e.V.

28. August 2014

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