Am 19. Oktober 2015 beginnt vor dem spanischen Sondergericht für Terorismus und Drogendelikte Audiencia Nacional in Madrid ein weiterer Massenprozess gegen baskische politische AktivistInnen. Schon wieder steht die Drohung im Raum, eine politische Organisationen zu verbieten und einige ihrer führenden Mitglieder als Terroristen zu kriminalisieren und auf Jahre hinter Gitter zu bringen.
Diesmal trifft es Askapena (Befreiung), eine linke internationalistische Gruppe, die seit 27 Jahren internationale Brigaden organisiert, um auf friedliche Weise Solidarität mit unterdrückten Völkern anderer Länder zu üben, um von ihren politischen und sozialen Kämpfen zu lernen und Solidarität mit dem Baskenland zu organisieren. Eine besonders enge Beziehung pflegen AktivistInnen von Askapena zu linken Organisationen Lateinamerikas. Dass in den letzten Jahren viel Unterstützung für eine friedliche Lösung des baskischen Konflikts aus Ländern wie Mexiko, Uruguay, Argentinien und Ecuador kam, ist auch dieser langjährigen Arbeit Askapenas zu verdanken.
Nein zur spanischen Gesinnungsjustiz!
Der Versuch, Askapena als von der ETA gesteuert zu verbieten und ihre friedliche, politische und widerständige Arbeit als „terroristisch“ zu diffamieren, reiht sich ein in eine Unmenge ähnlicher Verfahren im Baskenland: gegen PolitikerInnen, gegen JournalistInnen, gegen die baskische linke Jugendbewegung, gegen mehr als hundert linke politische Kneipen, gegen AnwältInnen, … . Das dahinterstehende politische Konzept heisst „alles ist ETA“. Wer für ein unabhängiges Baskenland eintritt, verfolgt dasselbe Ziel wie die bewaffnete baskische Guerillaorganisation ETA, ist deshalb von ihr gesteuert und wird in Spanien nach den Anti-Terror-Sondergesetzen verurteilt. Dabei hat der spanische Sondergerichtshof keine Scheu, auch Musik-CDs, Sticker oder T-Shirts mit politischen Slogans als Beweise für „terroristische Aktivitäten“ in seinen Anklageschriften und Urteilen aufzulisten.
Da ETA bereits 2011 den bewaffneten Kampf beendet hat und den von der baskischen Linken mit großer Unterstützung der baskischen Bevölkerung initiierten Friedens- und Konfliktlösungsprozess unterstützt, wirken diese Massenprozesse kafkaesk und unwirklich. Sie zerstören jedoch ganz real das Leben realer Menschen. Und sie sind eine Botschaft der spanischen Regierung, deren Innenminister die politische Verfolgung baskischer AktivistInnen durch das Sondergericht lenkt, an die ganze baskische Bevölkerung: wenn Ihr weiterhin eigene Gedanken, Wünsche und Vorstellung für die Zukunft habt, die uns nicht passen, seid Ihr und Eure politischen Projekte – egal wie demokratisch und friedlich sie sein mögen, für uns vogelfrei. Ein Skandal, zu dem die Regierungen in Europa, allen voran die französische und die deutsche, beharrlich schweigen.
Immer noch 450 baskische politische Gefangene
Eine Folge dieser Politik ist es, dass in den spanischen und französischen Gefängnissen auch im vierten Jahr nach dem Ende des bewaffneten Kampfes der ETA immer noch etwa 450 politische Gefangene sitzen und Spanien sich weigert, die während des Konflikts geschaffenen unmenschlichen Haftbedingungen zumindest wieder an geltendes Recht anzupassen. Der europäische Gerichtshof für Menschenrechte urteilte in letzter Zeit wiederholt gegen Spanien, es existieren unzählige Berichte von Menschenrechtsorganisationen über Folter, zuletzt der Vorwurf zweier Medizinerinnen der Weltgesundheitsorganisation, die im Mai 2015 den Ärzten des Sondergerichts wegen der Vertuschung von Folterfällen und Misshandlungen „ein ernstes Defizit an Ethik“ attestierten.
Auch die BRD macht sich zum Komplizen dieser spanischen Politik: Ende Oktober 2014 wurde Tomas Elgorriaga Kunze vom LKA in Mannheim verhaftet. Mitgewirkt hat bei der Verhaftung der nach Pressemeldungen auch der spanische Geheimdienst. Tomas floh vor vielen Jahren nach schwerer Folter, weil er von einem Prozess vor dem spanischen Sondergericht keine Gerechtigkeit erwartete. Er hat sich in Freiburg seit vielen Jahren ein neues Leben aufgebaut, hat an der Universität Freiburg studiert und gearbeitet. Seit zehn Monaten sitzt Tomas in Auslieferungshaft in der JVA Mannheim. Frankreich hat Tomas in Abwesenheit wegen ETA-Mitgliedschaft verurteilt, verlangt jetzt erneut seine Auslieferung, war jedoch nicht in der Lage innerhalb der geforderten Fristen zu belegen, warum sie den Mann in Freiburg überhaupt verfolgen. Anstatt den baskischen Friedensprozess zu unterstützen und in Spanien eine Lösung für die baskischen Flüchtlinge zu fordern, hat die BRD Ende 2014 ein eigenes 129 a- und 129 b-Verfahren eröffnet, trotz der Verifikation durch internationale Beobachter, dass die ETA seit 2011 nicht mehr aktiv ist.
Wir fordern das Ende aller politischen Verfahren im Baskenland und aktuell die Einstellung des Prozesses gegen Askapena und die fünf baskischen Internationalisten Walter Wendelin, Gabi Basañez, Unai Vázquez, David Soto und Aritz Ganboa!
Wir fordern die Freilassung von Tomas Elgorriaga Kunze!
Wir fordern die deutsche Bundesregierung auf, den systematischen Bruch demokratischer Rechte und die Menschenrechtsverletzungen in Spanien nicht länger zu tolerieren und dem von der baskischen Bevölkerung so breit unterstützten Friedensprozess nicht länger die Unterstützung zu verweigern!
Das Baskenland ist nicht allein!
Euskal Herriaren Lagunak – Freundinnen und Freunde des Baskenlands